Der Redakteur | 22.03.2024 Wie entschärft man eine Weltkriegsbombe?
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22. März 2024, 17:55 Uhr
Auch fast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bleiben die Hinterlassenschaften gefährlich. Kleinere Granaten genauso wie größere Fliegerbomben. Letztere sorgen regelmäßig für Evakuierungen und damit für Aufsehen. Bei der Entschärfung hat längst moderne Technik die Zange abgelöst.
Seit mehr als 60 Jahren sind die Kampfmittelräumer der Firma Tauber im Einsatz. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Michael Heinze ist seit 1985 als Bombenentschärfer im Einsatz und schätzt, dass er und seine Kollegen pro Jahr 200 Kampfmittelfunde beseitigen müssen. Die Fliegerbombe ist da eher selten dabei, meistens sind das kleinere Granaten, die aber trotzdem nicht minder gefährlich sind für Menschen in unmittelbarer Nähe.
Jedes Stück Kampfmittel, was gefunden wird, ist mehr als 70 Jahre im Erdreich und hat an seiner Gefahr und Explosivkraft nichts verloren, im Gegenteil.
Dank der Kenntnisse über die Geschehnisse des Krieges und Luftbildaufnahmen aus der Zeit haben wir heute relativ genaue Kenntnisse darüber, wo Blindgänger liegen könnten. Also Granaten, die vielleicht in einem alten Schützengraben zurückgeblieben waren oder eben Fliegerbomben, die aus irgendwelchen Gründen nicht detoniert sind.
Entsprechend müssen vor vielen Baumaßnahmen zuerst die Kampfmittelräumer ran, die zunächst schauen, ob sich der Verdacht erhärten lässt.
Am Anfang wird "sondiert"
Um mögliche Kampfmittel im Boden zu lokalisieren, wird entweder großflächig mit an einem Fahrzeug befestigten Sonden gesucht oder auch per Hand und zu Fuß. Am Ende entsteht quasi eine Karte des Geländes mit den Verdachtsfällen.
Fallen sie etwas größer aus, muss dann auch noch etwas genauer geschaut werden, dafür wird bis in sechs Meter Tiefe gebohrt, in die Bohrlöcher werden zunächst Plastikrohre und dann Sonden eingeführt, die mit einem Rechner verbunden sind.
So werden Gegenstände wie eben Fliegerbomben genauer lokalisiert, auch in der Tiefe. Dabei kann es auch vorkommen, dass die Kampfmittelräumer am Ende nur auf alte Stahlbetonbauwerke, Kanalsysteme oder einen verfüllten Bombentrichter stoßen. Oder eben auf einen verfüllten Schützengraben.
Wir hatten schon Fälle, da haben wir aus einem verfüllten Schützengraben mehrere hundert Granaten rausgeholt.
Diese Granaten sind nicht minder gefährlich. Sie wurden konstruiert, um im unmittelbaren Umfeld Menschen zu töten, und das tun sie auch nach 80 Jahren noch.
Das Entschärfen aus sicherer Entfernung
Schon das Reinigen der Bombe um Typ und Zünder genauer zu bestimmen gehört zu den Entschärfungsarbeiten. Das bedeutet: Wenn klar ist, dass es eine Bombe ist, greifen die Evakuierungspläne.
Im Umkreis von mehreren hundert Metern darf sich dann niemand mehr befinden, die in der Regel zwei Kampfmittelräumer sind dann auf sich selbst gestellt. Ist die Bombe identifiziert, wird entschieden, wie der Zünder am besten entfernt werden kann, denn darum geht es am Ende.
Die Vielfalt ist hier groß. Es gibt mechanische Aufschlagzünder, piezoelektrische Zündsysteme und chemische Langzeitzünder. Erschütterungen können hier lebensgefährlich werden, auch mit Verzögerung. Manche Zünder befinden sich am Bombenkopf, andere am Heck und Ausbausperren gibt es auch noch.
Fundiertes Fachwissen ist hier überlebenswichtig, Irrtümer sind tödlich. Das eigentliche Entfernen des Zünders kann dank moderner Technik heute aus einiger Entfernung geschehen. Das heißt: Da wird dann der Zünder nicht mehr rausgedreht mit Zangen und anderen herkömmlichen Werkzeugen, sondern ein Wasserschneidgerät eingesetzt. Ferngesteuert und kameraüberwacht.
Dafür wird das Gerät an der Bombe arretiert und dann fährt eine Düse circa einen Zentimeter entfernt vom Zünder einmal um die Bombe herum. 2.500 bar und ein Gemisch aus Wasser und Granulat sind dafür nötig, um das Metall der Bombe zu zerschneiden.
Mit diesem Wasserschneidgerät kann ich aus einer Entfernung von 300-400 Metern die Bombe fernentschärfen.
Am Ende wird der Zünder vorsichtig von der Bombe entfernt und in einem sicheren Abstand in einem Erdloch noch vor Ort gesprengt. Die Bombe selbst ist dann - ohne Zünder - bei einem sachgemäßen Transport ungefährlich.
MDR (dgr/dvs)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 23. März 2024 | 16:40 Uhr
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