
Streuner auf Samtpfoten Leid Tausender Katzen verhindern: Tierschützer verlangen Schutzverordnung für Sachsen
Hauptinhalt
01. März 2025, 05:00 Uhr
Seit vielen Jahren kämpfen Tierschützer und Tierschutzverbände dafür, dass auch Sachsen eine Katzenschutzverordnung einführt. Damit soll das Leid von streunenden Katzen vermieden werden. Der Freistaat ist das einizige Bundesland ohne solch eine Verordnung. Nun gibt es wieder einen Vorstoß der Tierschutzorganisation Peta. Doch die Landesregierung und Tierschutzvertreter bemängeln die Verordnung als zu bürokratisch.
- In Delitzsch fordern Tierschützer und Tierschutzverbände eine Katzenschutzverordnung in Sachsen.
- Der Landestierschutzverband hält eine Verordnung nach bundesweitem Muster für nicht praktikabel.
- Das Sozialministerium in Sachsen spricht sich für eine bundeseinheitliche Regelung aus.
In Delitzsch diskutieren Tierschützer und Vertreter der Kommunen über eine Katzenschutzverordnung für Sachsen. Mehr als 50 Tierschutzvereine sowie Vertreter von Veterinär- und Ordnungsämtern kommen hier am Samstag nach Angaben Tierschutzorganisation Peta zusammen. Peta, die das Treffen organisiert hat, fordert die sächsisches Landesregierung dazu auf, eine landesweite Katzenschutzverordnung einzuführen.
Die Katzenschutzverordnung ist in Paragraf 13b des Deutschen Tierschutzgesetzes verankert. Ein entscheidender Punkt ist dabei, die Anzahl freilaufender Katzen durch Kastration zu verringern. Freigänger- und heimatlose Katzen müssen in dem Gebiet verpflichtend kastriert werden, in denen die Verordnung gilt. Damit soll das Leid von wild lebenden Katzen vermieden werden, um die sich keiner kümmert.
Was steht Paragraf 13b des Deutschen Tierschutzgesetzes?
- Paragraf 13b des Tierschutzgesetzes ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnungen Maßnahmen zum Schutz freilebender Katzen zu erlassen. Dabei können Gebiete festgelegt werden, in denen einerseits erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden bei freilebenden Katzen durch eine hohe Anzahl der Tiere verursacht werden.
- Zudem können Maßnahmen zur Populationskontrolle, sprich Kastration, erlassen werden, um diese Leiden zu verringern.
- In solchen Verordnungen können etwa der unkontrollierte Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen verboten oder eingeschränkt werden. Zudem können Kennzeichnungs- und Registrierungspflichten eingeführt werden.
Peta: Positive Effekte durch Verordnung
Sachsen sei das einzige Bundesland, das noch keine derartige Verordnung erlassen hat, erklärt die Tierpsychologin bei Peta, Jana Hoger. Dabei zeigt die Verordnung laut Hoger positive Effekte in den anderen Bundesländern. "Wir sehen, dass die Zahl heimatloser Katzen sinkt, wenn mehr Katzen kastriert sind."
Mit einer Schutzverordnung könne unnötiges Leid vermieden werden, meint Hoger: "Katzen vermehren sich ohne Kastration massenhaft. Eine Katze kann mit ihren Nachkommen innerhalb von sieben Jahren rund 370.000 weitere Katzen zeugen." Dabei gebe es jetzt schon zwei Millionen heimatlose Katzen in Deutschland.
Ein großer Teil von diesen lebe ohne medizinische Versorgung, sagt Hoger. Die Tiere hungerten und litten teilweise an vielen Krankheiten. Nach eigenen Schätzungen geht Peta in Sachsen von bis zu 100.000 frei lebenden Katzen aus. 150.000 Freigänger-Katzen, die ein zu Hause haben, seien nicht kastriert.
Viele Menschen bekommen es gar nicht mit, dass Katzen völlig unversorgt auf Straßen leben. Die Katzen tragen Monate oder Jahre massives Leid mit sich.
Landestierschutzverband: Schutzverordnung nicht praktikabel
Die Forderung für eine landesweite Katzenschutzverordnung sei nicht neu, sagt der zweite Vorsitzende des Landestierschutzverbandes Sachsen sowie Mitglied im Tierschutzbeirat, Michael Sperlich. Seit 2016 kämpfe er nach eigener Aussage zusammen mit verschiedenen Tierschutzverbänden für eine solche Verordnung.
Auch er sei für deren Einführung, aber nicht in der Form von Paragraf 13b. Denn: Der bürokratische Aufwand sei zu groß. Tierschutzverbände und Kommunen müssten zu lange darüber verhandeln, ob ein Gebiet ausgewiesen werden kann, in dem die Katzenschutzverordnung gilt, findet Sperlich.
Dazu erklärt Sperlich: "Die durchschnittliche Verhandlungsdauer wird vom Deutschen Tierschutzbund mit drei Jahren angegeben." Es sei mit einem riesigen Aufwand verbunden, Gebiete abzugrenzen. Denn es müsse nachgewiesen werden, dass die Katzen bereits in einem gesundheitlich schlechten Zustand seien und dass das auf den Zuwachs zurückzuführen sei.
Problem-Gebiete nur schwer festzustellen
Das konkrete Problem dabei: "Wild lebende Katzen sind im Schwerpunkt unsichtbar." Ob also in einem Gebiet viele heimatlose, kranke Katzen leben, sei nicht so einfach und schnell festzustellen. "13b ist keine Erfolgsgeschichte, sondern ein typischer deutscher Papiertiger."
13b ist keine Erfolgsgeschichte, sondern ein typischer deutscher Papiertiger.
Sperlich zufolge haben nur 13 Prozent der Kommunen den Paragraf 13b überhaupt angewendet, Er bezieht sich dabei auf Zahlen des Deutschen Tierschutzbundes. Er plädiere nicht nur für eine landesweite, sondern bestenfalls für eine bundesweite Regelung.
Land Sachsen spricht sich für bundeseinheitliche Regelung aus
Das Land Sachsen verwehrt sich nicht komplett einer Katzenschutzverordnung. Das teilte das Sozialministerium auf Nachfrage von MDR SACHSEN mit. Doch auch das Ministerium sieht die Verordnung nach Paragraf 13b kritisch, weil der die Umsetzung vor Ort eher behindere.
Dazu heißt es: "Gemeinden können nur unter bestimmten, sehr engen Voraussetzungen Maßnahmen bis hin zur angeordneten Kastration treffen." Die Datenlage über kranke Katze reiche oft nicht aus, um einen Bereich als Problemgebiet auszuweisen, so das Ministerium. Sachsen spreche sich für eine bundesweit geltende Kastrationspflicht aus. Die müsste der Bund festlegen.
Fördermittel für Kastrationen gestiegen
Das Sozialministerium verweist auf Erfolge durch die mit Fördermitteln unterstützten landesweiten Kastrationsprogramme. So habe die Anzahl wild lebender Katzen etwa in Leipzig auf niedrig gehalten werden können. Meldungen von regionalen "Katzenplagen" aus den Landkreisen und kreisfreien Städten seien dem Ministerium nicht bekannt. Die Anzahl wild lebender Katzen könne man nicht angeben.
Jahr | Fördermittel |
---|---|
2022 | ~ 282.000 Euro |
2023 | ~ 362.000 Euro |
2024 | ~ 447.000 Euro |
Tierheim Bautzen: Förderprogramme "reichen nicht aus"
Die Gelder für Kastrationen hält der Leiter des Tierheimes Bautzen, Uwe Bär, für keinesfalls ausreichend. Dabei sei die Notlage immer wieder hoch. Zurzeit lebten 24 Katzen in seinem Tierheim. In den Monaten, in denen Katzen saisonal ihren Nachwuchs haben, sei die Zahl schon auf bis zu 150 gewachsen, erklärt Bär.
Deswegen appelliert er: "Es wäre zwingend nötig, dass alle Kommunen mit eingebunden werden und endlich Verantwortung auch für herrenlose Katzen übernehmen." Tierheime und Tierschutzvereine müssten mehr unterstützt und nicht die Verantwortung auf diese abwälzt werden.
Tierheim: Schnell handeln, statt debattieren
Auch Peta hält die Förderprogramme in Sachsen für nicht ausreichend, erklärt Jana Hoger. Die Zahl der Katzen, die mit diesen Mitteln kastriert werden könnten, sei mit Blick auf die Masse an frei lebenden Katzen minimal.
Hoger kennt die bürokratischen Hemmnisse der Katzenschutzverordnung nach Paragraf 13b. Aber: "Wir müssen mit den Möglichkeiten leben, die wir haben und uns an die gesetzlichen Regelungen halten." Es müsse gerade mit Blick auf die Tierheime endlich gehandelt werden.
MDR (kk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 01. März 2025 | 07:00 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/45dd6044-46bf-46d1-bd65-6deb10538848 was not found on this server.