
Dialekt als Kunstform Sächsischer Humor – damals und heute
Hauptinhalt
01. März 2025, 06:00 Uhr
Im Laufe der Jahrzehnte hat sich der sächsische Humor gewandelt. Steht früher oft die politische Lage oder das Leben in der DDR im Vordergrund, widmet sich die moderne Comedy einer breiteren Palette von Themen. Der Einfluss von Digitalisierung und sozialen Medien hat neue Plattformen für Humor geschaffen, wodurch jüngere Künstlerinnen wie Anna Mateur und Tina Goldschmidt eine ganz neue Reichweite erzielen können.
Inhalt des Artikels:
Der sächsische Humor ist legendär – wahrscheinlich, weil für Nichtsachsen schon der Dialekt allein komisch klingt. So sagt der Dialektologe Professor Peter Porsch: "Das Sächsische ist ein gut verständliches Schriftdeutsch, komisch ausgesprochen." Und komisch ist dem Wortsinn nach nun einmal nicht seltsam, sondern "zur Komödie gehörend".
Helle, heeflich und heemdiggsch
Sächsischer Humor kommt in den meisten Fällen nicht laut und poltrig daher. Er gilt als feinsinnig und leise. Helle, heeflich un heemdiggsch, auf hochdeutsch: "gescheit, höflich und heimtückisch" - mit dieser originellen Definition beschreiben die Sachsen sich selbst. Und kann man nicht allein schon daran ihren Humor erkennen?
Zwischen Dialekt und politischem Kabarett
Facettenreich und mitunter unterschätzt, ist der Humor tief in der Kultur und Geschichte Sachsens verwurzelt. Vom scharfsinnigen Wortspiel über den schlichten Witz bis hin zur tiefgründigen Satire hat die sächsische Komik Generationen von Menschen zum Lachen gebracht. Zu DDR-Zeiten fand dieser auch häufig zwischen den Zeilen statt, was dem ostdeutschen Publikum insgesamt und dem sächsischen Publikum im besonderen bis heute den Ruf einbringt, in Veranstaltungen eine erhöhte Aufmerksamkeit zu haben. Dieter Hildebrandt soll nach seinem ersten DDR-Gastspiel in Leipzig gesagt haben: "Die Ostdeutschen sitzen vorn auf der Stuhlkante", denn sie waren es gewöhnt, auf die Aussagen zwischen den Zeilen zu warten.
Dieser Artikel soll einen Einblick in die Entwicklung des sächsischen Humors ermöglichen, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Besondere Aufmerksamkeit bekommen dabei die Werke und Stile wichtiger Protagonisten wie Lene Voigt, Eberhard Cohrs, Anna Mateur, Bernd-Lutz Lange und Tina Goldschmidt.
Lene Voigt: Geliebt, geschmäht und wieder entdeckt
Lene Voigt ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten des sächsischen Humors. Ihre Werke sind durch eine unverkennbare Mischung aus Ironie, Wortwitz und einem tiefen Verständnis für das Menschliche geprägt. Bekannt wurde Lene Voigt mit den "Säk'schen Balladen" und den "Säk‘schen Glassigern" (beide 1925), in denen sie Werke der deutschen Klassik auf humorvolle Weise in sächsischem Dialekt nachdichtete.
Die 1891 in Leipzig geborene Voigt erlebte jedoch mit der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten ungeahnte Schmähungen. Unter anderem wurde ihr die "Verschandelung" von deutschen Klassiker vorgeworfen. Ab 1936 durften ihre Werke nicht mehr publiziert werden. Gauleiter Martin Mutschmann stufte Sächsisch als unheldisch und Lene Voigt wegen ihrer Veröffentlichungen auch in linken Zeitschriften politisch als Linke ein. Trotzdem schrieb Voigt hin und wieder für verschiedene Arbeiterzeitschriften.
Als echte Sächsin hat Lene Voigt unter anderem dem Kaffee ein literarisches Denkmal gesetzt, denn den Sachsen wird ja zu dem Getränk eine besondere Liebe zum Kaffee nachgesagt. Nicht von ungefähr kommt die Bezeichnung "Kaffesachse". Seit dem 18. Jahrhundert ist die Vorliebe der Sachsen für Kaffeekonsum belegt. Und Lene Voigt beschreibt das so:
'Dr Gaffee is fier alles gut', belehrte mich Frau Grassen, 's gibbt nicht, wo där nich hälfen dut, se genn sich druff verlassen. Bei galten Fiesen, Liewesweh, bei Gobbschmärz und bei Reißen, da is ä Schlickchen Bohngaffee nich hoch genug zu breißen. Im Lähm gibbt’s geene Laache, wo dr Gaffee dät verfählt sin, de ältsten Leite machtr froh, wie lang se ooch schon off dr Welt sin. Un steht dr Mänsch vor ä Entschluß un gann sich schwär entscheiden, ä richtcher Gaffee-Iwerguß wärd sei Gehärne leiten. Solange noch mei Gaffeebodd steht in dr Ofenrähre, find ich de ganze Wält dibbdobb, da schert mich gee Gemähre.
Auch in der DDR war Lene Voigts Kunst unerwünscht. Erst nach ihrem Tod wurde die Dichterin wiederentdeckt. Heute werden Lene Voigts Gedichte in sächsischer Mundart besonders in ihrer Heimatstadt Leipzig gerne gelesen und vorgetragen. Schauspieler und Kabarettist Tom Pauls hat ihr sogar ein Buch gewidmet und setzt ihr regelmäßig ein Denkmal in seinen Vorträgen ihrer Kunst.
Der letzte Lebensabschnitt der populären sächsischen Mundartdichterin Lene Voigt ist eng mit ihren Aufenthalten in der Psychiatrie verbunden. Von 1946 bis zu ihrem Tod 1962 war sie überwiegend in Kliniken untergebracht. Dabei lässt sich nicht genau sagen, ob ihr der frühe Tod ihres Kindes oder die Schmähungen, die ihr in den beiden Diktaturen, in denen sie lebte, angetan wurden, für ihre seelischen Probleme verantwortlich waren. Ihre künstlerische Schaffenskraft soll sie jedoch nicht einmal in der Psychiatrie verloren haben.
Eberhard Cohrs: Der Kleene mit der großen Gusche
Eberhard Cohrs (1921-1999) ist bis heute "Kleene mit der großen Gusche" und ein weiterer herausragender Vertreter des sächsischen Humors. Als gebürtiger Dresdner hat Cohrs seine Zuschauer mit seinem ihm eigenen Humor in sächsischer Mundart unterhalten und avanciert schnell zum Publikumsliebling. Immer etwas frech, zuweilen naiv, behält er stets die großen und kleinen Probleme des Alltags im Blick. Sein Humor ist ohne den Dialekt nicht denkbar und zeichnet sich durch eine Mischung aus Slapstick und subtilem Wortwitz aus.
Seine Programme sind durchzogen von Beobachtungen über die sächsische Identität, lokale Eigenheiten und die Herausforderungen des Lebens in der DDR. Unvergessen sind solche Aussagen wie:
Uns’re Zigaretten? Schicken ’se nach de gabidalisdsche Länder? Na vielleicht wolln ’se denen eens auswischen!
Die doppeldeutige Kritik begriff sein ostdeutsches Publikum natürlich nur zu gut. Cohrs hat verstanden, den Humor aus der Tragik des Lebens zu schöpfen und so zu einem Spiegelbild der gesellschaftlichen Realität seiner Zeit zu werden. Mit seiner unnachahmlichen Kunst schafft er es, politische und gesellschaftliche Themen anzusprechen, zunächst ohne den Ärger der DDR-Führung auf sich zu ziehen. Cohrs geht auf Tourneen, produziert Schallplatten, dreht Filme und spielt im Theater. 1977 jedoch droht dem "Kleenen" plötzlich ein Berufsverbot, weil seine Witze über den Alltag in der DDR der Zensur plötzlich nicht mehr gefallen.
So nutzt er einen Auftritt in Westberlin und bleibt im Westen. Doch dort kann er nicht an seine alten Erfolge anknüpfen. Als Grund nennt er später seinen sächsischen Dialekt. Beschäftigt bleibt er trotzdem: Als Gagschreiber für die Größen des westlichen Humors, u.a. Rudi Carell, Diether Krebs oder Harald Juhnke.
Bernd-Lutz Lange: Mitbegründer der Leipziger Academixer
Bernd-Lutz Lange ist ein Kabarettist, der für seine scharfe Zunge ebenso wie für seine klugen Analysen bekannt ist. 1966 gründet er zusammen mit Gunter Böhnke, Christian Becher und Jürgen Hart das Studentenkabarett "academixer". In den folgenden Jahren entwickelt er sich zu einem anerkannten Künstler des Kabaretts. Lange versteht es, seiner sächsischen Identität Ausdruck zu verleihen, während er gleichzeitig gesellschaftskritische Themen aufgreift. Sein Stil ist geprägt von einem lustvollen Benutzen seines Dialekts, der es ihm mitunter erleichtert, ernsthafte Themen humorvoll zu verpacken.
Seine Programme sind durchzogen von bloßen Anspielungen und scharfen politischen Kommentaren. Lange ist ein Meister darin, Sprache knapp und präzise so zu einzusetzen, dass sie beim Publikum sowohl Lachen als auch Nachdenken auszulösen vermag. Oft hilft der sächsische sprachökonomische Dialekt dabei. Seine Erfahrung und sein Verständnis für die sächsische Kultur machen ihn zu einem unverzichtbaren Bestandteil des sächsischen Humors und zu einem der prägendsten Persönlichkeiten Leipzigs.
1988 verlässt Lange die academixer und macht sich mit Gunter Böhnke selbständig. Von 1988 bis 2004 treten die beiden auf verschiedenen Kabarettbühnen in ganz Deutschland auf.
Unvergleichlich sind auch Langes Auftritte und Programme mit der vielseitigen Sängerin und Kabarettistin Katrin Weber und dem sächsischen Urgestein Tom Pauls. 2014 verabschiedet sich Bernd-Lutz Lange von der Kabarettbühne. Doch auch abseits der Bühne ist Lange bis heute aktiv. Er ist als Autor tätig und engagiert sich politisch. Reflektiert und humorvoll verbindet er aktuelles Geschehen mit auch ganz persönlichen Erlebnissen aus DDR-Zeiten. Außerdem ist er einer der Sechs von Leipzig, deren gemeinsamer Aufruf am 9. Oktober 1989 in Leipzig von großer Bedeutung war und wesentlich dazu beitrug, dass die Montagsdemonstration mit über 70.000 Teilnehmern friedlich verlief.
Anna Mateur: Der neue Blick auf sächsischen Humor
Anna Mateur (geb. 1977) bringt seit mittlerweile über 20 Jahren frischen Wind in die Welt des sächsischen Humors. Sie gilt als eine der neuen Stimmen in der sächsischen Kabarettszene und begeistert Publikum und Kritiker gleichermaßen. Der Mateurstil ist experimentell, grenzüberschreitend und wesentlich lauter, als sächsischer Humor gewöhnlich daher kommt.
Darum fällt es schwer, sie als Kabarettistin oder Comedienne einzuordnen. Man könnte sich auf Naturgewalt der sächsischen Komik einigen. Die studierte Jazzmusikerin kombiniert Musik mit Theater und intelligentem Humor und haut gleichzeitig immer wieder gezielt unter die Gürtellinie und prangert die Stimmung im Land mit erfrischender politischer Unkorrektheit an. Ihr Programm ist oft autobiografisch gefärbt. Sie erzählt von ihren eigenen Erlebnissen im sächsischen Alltag. Dabei nimmt sie Bezug auf aktuelle gesellschaftliche Themen und gibt dem Publikum einen Einblick in ihre mitunter bizarre Gedankenwelt, die von einer Mischung aus Ironie und Tiefe geprägt ist. Unvergessen ihre Ausführungen über das "bodenschatzgeile Bergvolk" - die Erzgebirger:
Damals, als es noch schön beschaulich war in unserem schönen Dresden, und dann kam 'se aus ihren Schächten! Man kann heute sagen, dass jeder Dritte aus dem Erzgebirge ist. So isses doch! Dieses bodenschatzgeile Bergvolk! Das versucht uns zu unterwandern. Seit Jahren mischen die sich hier unter uns. An jeder Ecke wird geklöppelt! Wir haben doch früher auch nicht geklöppelt!
Durch die Verbindung von Musik und Comedy schafft Mateur eine neue Form des sächsischen Humors:
Tina Goldschmidt: die sächsische Influencerin
Trotz Soziologie-Master in Oxford und Promotion in Stockholm hängt Tina Goldschmidt ihre wissenschaftliche Karriere an den Nagel. Seit 2022 ist die 1988 geborene Goldschmidt eine bedeutende Stimme im heutigen sächsischen Humor, die oft die Perspektive der Frau in den Mittelpunkt stellt. Mit ihrem sächsischen Dialekt thematisiert sie humorvoll alltägliche Herausforderungen und deren Bewältigung. So ist die sächsische Standesbeamtin, die den Bräutigam Marc zurechtweist, die Braut Jenny noch nicht anzufassen, weil sie, die Standesbeamtin noch gar nicht so weit ist, mittlerweile Kult:
Also Marg, mir dalfern de Tschenny jetze noch nich an! Ich bin noch gar nich so weit!
Ihre Clips beginnen oft leise und freundlich und münden dann direkt in das, was sie im Interview auch als "die Hutschnur platzt an der unmöglichsten Stelle" bezeichnet. Trotzdem ist es ihr wichtig, feinfühlig und nicht verletzend zu bleiben. Sie will mit ihrem Humor vor allem unterhalten und den sächsischen Alltag liebevoll auf den Arm nehmen. Mit ihrem Schnappatmig genannten Podcast beginnt eine beeindruckende Karriere in der Welt der sozialen Medien, wo der sächsische Humor dank Tina Goldschmidt gar nicht mehr wegzudenken ist.
Interview mit Tina Goldschmidt
MDR GESCHICHTE: Was ist für Sie sächsischer Humor?
Mein Humor ist sächsisch, weil ich aus Sachsen komme und mit sächsischem Wortwitz aufgewachsen bin. Mein Papa hat am Frühstückstisch Wortwitze gemacht – so was wie: "An un für sich is dr Pfirsich lieber für sich". Auch das Sinnlos-Telefon mit Steffen Lukas begleitete mich in meiner Kindheit. Ebenso wie meine Großeltern aus Chemnitz mich mit ihrem Wortwitz geprägt haben. Wie klingt ein Wort im Dialekt – wie ist das Pendant im Hochdeutschen. Bekannte aus Bayern haben sich zum Beispiel über "der hat was gemaust" kaputtgelacht, weil mausen da etwas komplett anderes ist. Das ist so ähnlich wie "Ich bin den ganzen Tag rumgerammelt". Das Spiel mit der Unklarheit und dem Augenzwinkern dabei – das ist für mich sächsischer Humor. Außerdem kann sächsischer Humor aufbrausend sein, wir reden uns schnell in Rage, ohne dabei böse zu werden.
Gibt es für Sie Unterschiede zwischen dem Humor der Dialekte, wie z.B. dem im Rheinland und dem dortigen Karneval?
Der sächsische Humor ist weniger sichtbar. Er passiert nicht so offensichtlich wie eine Büttenrede. Es passiert ganz viel zwischen den Zeilen. Außerdem ist für mich der sächsische Dialekt eine Einladung ins Private. Wir sind jetzt mal unter uns und reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist.
Haben Sie jemals bereut, Ihre akademische Laufbahn für das Humorfach aufgegeben zu haben?
Nein. Weder habe ich bereut, in der Wissenschaft gewesen zu sein, noch habe ich bereut, diese verlassen zu haben. Es war für mich zu dem Zeitpunkt definitiv der richtige Schritt. Außerdem empfinde ich meine Arbeit jetzt als gar nicht so viel anders. Ich schreibe jeden Tag und ich überlege auch jeden Tag, wie ich die Leute erreichen kann. Jedoch ist der Zyklus zwischen dem Schreiben und 'es kommt etwas zurück' sehr sehr kurz und das ist in der Wissenschaft komplett anders, da kann das zuweilen Jahre dauern. Dass das jetzt schneller geht, ich die Menschen schneller erreiche und ihnen Freude machen kann, ist für mich ganz toll. Das gibt mir viel Energie.
Haben Sie jemals versucht, sich Ihren Heimatdialekt abzutrainieren, zum Beispiel bei der Arbeit?
Da ich hauptsächlich auf Englisch gearbeitet habe, hat das für mich gar keine Rolle gespielt. Selbst, als ich in Berlin gearbeitet habe, war das so ein internationaler Arbeitsplatz, dass ich selten Deutsch, sondern meistens Angelsächsisch gesprochen habe.
Als Kind wurde ich mitunter ermahnt, ordentlich zu sprechen, obwohl wir in der Familie sächsisch gesprochen haben. Ordentlich bedeutete Hochdeutsch. Als ich für mein Grundstudium nach Bremen ging, bin ich zum ersten Mal damit konfrontiert worden, dass mit Dialekt auch eine Wertung einhergeht. Da wurde sächseln direkt als Witz wahrgenommen, ohne dass ich aktiv einen gemacht hätte. Als ich dann mit meiner Hörserie anfing, sollten die Charaktere sächsisch klingen, aber es hat sich für mich zunächst ganz komisch angefühlt, das auch so aufzunehmen und rauszutragen. Ich habe angefangen zu reflektieren und mich nach dem Warum zu fragen. Dabei habe ich gemerkt, dass ich eine Erwartungshaltung hatte, die Reaktion könnte negativ sein. Dann durfte ich aber im Gegenteil die Erfahrung machen, dass die Reaktionen durchweg positiv waren. Negative Reaktionen sind tatsächlich kaum nennenswert gewesen. Das war für mich sehr heilsam. So konnte ich Aussagen aus der Vergangenheit, wie 'Ich hätte gar nicht gedacht, dass Du aus Sachsen/dem Osten kommst.' als unreflektiert ad acta legen. Es ist doch viel schöner, die sprachliche Vielfalt zu genießen.
Haben Sie ein sächsisches Lieblingswort?
Ja, das ist 'Herzel'. Bei meiner Omi sind alle 'Herzeln' und bei mir auch. Außerdem steht 'egal' im Sinne von 'immer' ziemlich weit oben im Ranking. Dazu habe ich auch mal ein Video gemacht.
Auch 'euja' im Sinne von 'ja doch' sagt meine Omi oft. Oder 'so ä Platsch!“' jemand ist platschig. (ein bisschen ungelenk, ungeschickt.)
Würde Ihre Kunst überhaupt komplett ohne Dialekt funktionieren?
Ich hoffe immer, dass es beides ist, dass die Witze an sich lustig sind und der Wortwitz sein Übriges tut. Aber ich versuche schon so zu schreiben, dass die Texte an sich lustig sind. Aber es ist wohl auch die Figur, die ich spiele, die alle sächsischen Persönlichkeiten in meinem Leben, die mich geprägt haben, widerspiegelt, die ganz lieb daherkommt und der dann die Hutschnur im unmöglichsten Zeitpunkt platzt. Die überspitzte Pointe braucht womöglich den Dialekt, auch wenn der Aufbau des Witzes ohne klarkommt.
Was war für Sie die wichtigste Reaktion auf Ihre Videos?
Das waren Reaktionen wie: 'Oh so hat meine Omi geredet' oder 'ach, klingt das nett'. Wenn Leute schreiben, dass meine Videos sie nach einem stressigen Tag froh machen, freut mich das total. Wenn ich dazu beitragen kann, das Leben leichter zu nehmen, ist schon viel erreicht. Außerdem habe ich gesehen, dass man eben doch reden kann, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Wenn der Inhalt stimmt, ist das für die Leute schön. Die oft zitierte negative Wahrnehmung erlebe ich ausdrücklich nicht und das macht mich froh.
Wie reagiert das Publikum außerhalb Sachsens auf Ihren Dialekt, Ihr Sächsisch?
Auftritte außerhalb Sachsens hatte ich noch nicht viele. Einmal habe ich in Hamburg gespielt. Davor war ich wahnsinnig aufgeregt. Aber das lief super, worüber ich mich sehr gefreut habe. Generell kann ich zum Beispiel auf Instagram sehen, wo ich Publikum habe. Da habe ich viel Zuspruch aus dem Münchner Raum und Hamburg scheint eben auch so ein Ballungszentrum zu sein. Die Rückmeldungen sind sehr positiv, was sehr schön ist.
Haben Sie Vorbilder in Sachen sächsischer Humor?
Das sind Vorbilder aus meinem persönlichen Umfeld. Meine sächsische Inspiration ist meine Omi. In der Schule haben wir natürlich Lene Voigt gelesen. Herricht und Preil – diese Schallplatten liefen bei uns hoch und runter. Aber die waren ja nicht sächsisch, sondern eher DDR-Humor.
Literatur
- Schramm, Manuel: Konsum und regionale Identität in Sachsen 1880-2000 die Regionalisierung von Konsumgütern im Spannungsfeld von Nationalisierung und Globalisierung. Franz Steiner Verlag, 2002, S. 98
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | artour | 08. Juli 2021 | 22:05 Uhr