Landtagswahl Sachsen 100 Prozent: Matthias Berger Spitzenkandidat der Freien Wähler
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03. Februar 2024, 19:35 Uhr
In Brandenburg und Rheinland-Pfalz sind die Freien Wähler im Landtag vertreten, in Bayern sind sie sogar an der Regierung beteiligt. So etwas ist den Freien Wählern in Sachsen noch nicht gelungen. Bisher sind sie immer deutlich an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. Bei der Landtagswahl in diesem Jahr wollen die Freien Wähler es mit neuem Personal nun endlich ins Landesparlament schaffen und haben dafür die personellen Weichen gestellt.
Matthias Berger ist gelungen, was bisher noch keinem der anderen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in diesem Jahr gelungen ist: Er wurde mit 100 Prozent auf Platz 1 der Landesliste der Freien Wähler gewählt.
Berger: Politische Eliten haben sich das Land untertan gemacht
Das Stadtoberhaupt von Grimma hatte mit seiner Rede offenbar den Nerv der Delegierten getroffen. In 45 Minuten ging der parteilose Berger mit der Bundes - und Landesregierung und dem Zustand der Demokratie hart ins Gericht. Niemand wolle die Demokratie in Frage stellen, sagte Berger. "Aber wenn nur 1,2 Prozent der Bevölkerung in Parteien sind, muss man doch in Frage stellen, ob diese noch der legitime Vertreter der Bevölkerung sind." Es gäbe viele Formen von Demokratie, ergänzte Berger.
Nicht nur Parteien, auch führenden Politikern begegnet Berger mit viel Skepsis. Er sagt in seiner Rede, die politischen Eliten hätten sich das Land untertan gemacht, in allen Belangen herrsche Dysfunktionalität vor: "Wir haben uns als Gesellschaft daran gewöhnt, dass Stück für Stück alles kaputtgeht."
Wir haben uns als Gesellschaft daran gewöhnt, dass Stück für Stück alles kaputtgeht.
Auf der kommunalen Ebene könne man diesbezüglich nichts mehr bewegen, deshalb sei auch für ihn jetzt der Zeitpunkt für den Landtag gekommen, begründete Matthias Berger seinen Entschluss, von der Kommunalpolitik in die Landespolitik wechseln zu wollen. Für die Freien Wähler, die eher eine Bürgerbewegung als eine Partei seien, so Berger.
Freie Wähler wollen kommunale Kraft bündeln
Dem pflichtet der Landesvorsitzende Thomas Weidinger bei. Die Freien Wähler seien wie keine andere Partei kommunal verankert. Es gäbe 3.000 kommunale Mandatsträger von freien Wählervereinigungen in Sachsen. Deren Stimmen in den Landtag zu tragen, sei das Ziel so Weidinger: "Wir als Partei, als Landesvereinigung, sind im Prinzip das Ufo oben drüber. Unsere Aufgabe ist es, diese kommunale Kraft zu bündeln."
Der Jurist Thomas Weidinger kam auf Platz 2 der Landesliste, auf der sich zudem weitere Bürgermeister wie Reiner Hentschel aus Fraunstein befinden. Der Leipziger Bankkaufmann Bernd Schulze ist auf Platz 3 der Liste. Er warf der sächsischen CDU große Versäumnisse vor. Den derzeitigen Bildungsnotstand in Sachsen müsse die CDU verantworten und außerdem die von Ministerpräsident Michael Kretschmer selbst beklagte Bürokratie. "Wer sitzt denn seit 1990 in der sächsischen Staatskanzlei und ist für diese Missstände verantwortlich?"
Wer sitzt denn seit 1990 in der sächsischen Staatskanzlei und ist für diese Missstände verantwortlich?
Welche Themen die Freien Wähler in Sachsen angehen wollen, haben sie bereits in einem Wahlprogramm festgehalten. Mehr kommunale Selbstverwaltung, eine Feuerwehr-Rente oder ein duales Studium für angehende Lehrer wurden auf dem Listenparteitag beispielsweise erwähnt.
Ehemalige CDU-Politiker jetzt bei den Freien Wählern
Neben ihrer Landesliste wollen die Freien Wähler außerdem in jedem der 60 sächsischen Wahlkreise einen Direktkandidaten aufstellen. Der frühere CDU-Staatssekretär im Innenministerium, Günther Schneider, will beispielsweise im mittleren Erzgebirgskreis kandidieren. Der in dieser Woche aus der CDU-Fraktion ausgetretene Stephan Hösl will im Vogtland ins Rennen gehen. Hier hat Hösl bereits zweimal das Direktmandat gewonnen.
Prominente Kandidaten sollen Direktmandate holen
Sollten die Freien Wähler wieder nicht ausreichend Zweitstimmen bekommen, hoffen sie, dass sie durch prominente Kandidaten zumindest Direktmandate gewinnen können. Sollten die Freien Wähler mindestens zwei Direktmandate gewinnen, könnte die Partei durch die sogenannte Grundmandatsklausel auf jeden Fall in den Landtag einziehen. Dann würde sich die Zahl der Mandate an dem Zweitstimmenergebnis bemessen. Bei der vergangenen Landtagswahl hatten die Freien Wähler 3,4 Prozent der Zweitstimmen bekommen und kein Direktmandat.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 03. Februar 2024 | 19:00 Uhr