
Zivilverteidigung Polen führt Schießtraining an Schulen ein: Vorbereitung auf den Ernstfall
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08. April 2025, 05:00 Uhr
In Polen lernen Jugendliche an einigen Schulen den Umgang mit Waffen - ganz offiziell im Rahmen des Unterrichts. Was hinter dieser Maßnahme steckt und warum sie in der Gesellschaft so unterschiedlich aufgenommen wird, zeigt ein Blick nach Südostpolen.
In Polen sorgt ein neues Unterrichtsfach für Debatten. An einigen Schulen wurde Schießtraining mit Hilfe des Verteidigungsministeriums in den Lehrplan integriert. Was zunächst wie ein dystopisches Szenario klang, ist mittlerweile Realität - besonders in Regionen nahe der östlichen Grenze. Der Schritt kommt nicht von ungefähr: Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sieht sich Polen als EU-Grenzstaat einem erhöhten Sicherheitsrisiko ausgesetzt.
Schießtraining im Klassenzimmer
Ein Beispiel für die neue Praxis ist ein Gymnasium im südöstlich gelegenen Iłża. Dort lernen Schüler nicht nur, wie man mit Sportwaffen umgeht, sondern auch die Grundlagen von Disziplin, Präzision und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Waffen. "Wenn wir in eine extreme Situation geraten, können wir dank dieses Unterrichts eine Waffe benutzen und wissen, wie so ein Ding funktioniert", sagt Kacper, 15 Jahre alt. Seine Mitschülerin Maja ergänzt: "Man weiß nie, was passieren kann - siehe Ukraine."
Man weiß nie, was passieren kann - siehe Ukraine.
Für viele ist der Unterricht mehr als nur militärische Vorbereitung. Leszek Giemza, Direktor des Gymnasiums, betont die sportliche Komponente: "Viele Schüler haben durch den Schießunterricht den Weg in Schützenvereine gefunden. Es geht nicht nur um Verteidigung, sondern auch um körperliche und geistige Schulung."
Staatlich finanziert und politisch motiviert
Das Verteidigungsministerium finanzierte sowohl den Schießstand als auch eine Vollzeitstelle für den Schießlehrer - ein klares Zeichen dafür, wie ernst der Staat diese neue Ausrichtung nimmt. Zwar handelt es sich bei den Waffen um realistische Nachbildungen, doch das geübte Szenario hat für viele Polen einen beunruhigend realen Hintergrund. "Wir sehen doch, was hinter unserer Grenze passiert", erklärt Pawel Piorun, Schießlehrer an der Schule. "Ich denke, das ist eine gute Idee für alle, nicht nur für Kinder, diese Art von Grundausbildung zu absolvieren."
Teil eines größeren Aufrüstungsplans
Das Schießtraining ist Teil einer umfassenden sicherheitspolitischen Strategie der polnischen Regierung. Neben dem verstärkten Ausbau von Grenzanlagen, dem Bau eines neuen Grenzzauns und der Rekrutierung neuer Soldaten soll auch die Zivilbevölkerung besser auf Krisensituationen vorbereitet werden.
MDR (ben/Stefan Schmidt)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 06. April 2025 | 19:00 Uhr