Ein Polizist sperrt 2016 den Zugang zum Gelände einer Legida-Kundgebung.
Während die Polizei in der Innenstadt eine Demo das islam- und fremdenfeindlichen Legida-Bündnisses und bürgerlichen Gegenprotest absicherte, zogen mehr als 200 Neonazis randalierend durch den Stadtteil Connewitz. Seit neun Jahren laufen die Prozesse an mehreren Gerichten in Sachsen (Archivfoto vom 11.1.2016). Bildrechte: IMAGO / Eibner

Rechtsextremismus Neonazi-Angriff vor neun Jahren auf Connewitz: Prozesse laufen immer noch

11. Januar 2025, 10:00 Uhr

Am 11. Januar 2016 fielen mehr als 200 Neonazis und Hooliogans in eine Straße in Leipzig-Connewitz ein und demolierten Schaufenster und Autos. 113.000 Euro Sachschaden entstanden. Neun Jahre später ist die juristische Aufarbeitung zwar weitgehend, aber noch immer nicht vollständig abgeschlossen. Das haben nun die Linken im Sächsischen Landtag erneut angemahnt.

Während am 11. Januar 2016 in der Innenstadt von Leipzig eine Demo des fremdenfeindlichen Legida-Bündnis lief und ein bürgerliches Bündnis eine Protestdemo startete, zogen schwarzvermummte Rechtsextreme durch den vier Kilometer weit entfernten Stadtteil Connewitz. Sie zerstörten 19 Autos und mehr als 20 Geschäfte. Der Sachschaden betrug 113.000 Euro. Für viele Anwohner eine schockierende Erfahrung: "Es ist einfach unbegreiflich", "die haben Feuerwerkskörper gezündet und Scheiben zerschlagen, bis dann die Polizei kam", erinnern sich manche.

Zerbrochenes Schaufenster eines Restaurants, nach rechtsradikalen Ausschreitungen 2016 in Connewitz 2 min
Bildrechte: picture alliance / AP Photo | Jan Woitas
2 min

Am 11. Januar 2016 fielen über 200 Neonazis in Leipzig-Connewitz ein und demolierten Schaufenster und Autos. Neun Jahre später sind die Randale immer noch Thema für die Justiz. Ein Bericht von Sylvia Stadler.

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Fr 10.01.2025 18:00Uhr 02:28 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/leipzig/leipzig-leipzig-land/audio-2838440.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Fast alle verurteilt

Die Polizei war damals schnell am Ort, riegelte die Wolfgang-Heinze-Straße an beiden Enden ab und nahm bis Mitternacht die Personalien von mehr als 200 Beteiligten auf. Die juristische Aufarbeitung zog sich über Jahre hin: Mehrere sächsische Amtsgerichte waren mit Prozessen involviert. Inzwischen sind gegen die 217 Beteiligten in 212 Fällen Urteile ergangen, 209 sind davon bereits rechtskräftig.

Kritik an schleppender Aufarbeitung

Die Zahlen hat die Leipziger Landtagsabgeordnete Juliane Nagel regelmäßig abgefragt, denn aus ihrer Sicht lief die Aufarbeitung viel zu schleppend: "Es lief immer nach Schema F und die Strafen waren relativ gering. Alle haben gesagt, sie seien in der letzten Reihe gelaufen und wussten gar nicht, was passiert."

Das sei Unfug und würde dem Leid der Betroffenen in Connewitz nicht gerecht. Die Linken-Politikerin sieht aber noch ein weiteres Problem: Laut Nagel haben Justiz und Polizei niemals die Hintermänner hinter dem Angriff ausfindig gemacht oder die Organisationsstrukturen geklärt.

Die Justiz und Polizei haben niemals die Hintermänner hinter dem Angriff ausgemacht oder die Organisationsstrukturen geklärt.

Juliane Nagel Politikerin für Die Linke

Hindernisse in der Justiz

Bereits kurz nach dem Vorfall 2016 machte der Leipziger Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz klar, dass es juristisch Grenzen für höhere Strafmaße gebe: "Die Staatsanwaltschaft muss letztendlich jedem einzelnen Beschuldigten nachweisen, dass er sich als Täter oder Teilnehmer einer Straftat schuldig gemacht hat." Wenn es keine konkreten Beweise gebe, dann reiche das bloße Mitlaufen nicht für eine Verurteilung aus.

In einem der noch laufenden Prozesse verhandelt man über die Schuld von Kersten H. Er war zum Tatzeitpunkt der Ausschreitungen als verbeamteter Rechtsreferendar im Strafvollzug tätig. Erst drei Jahre nach der Tat wurde Kersten H. vom Dienst suspendiert. Das Oberlandesgericht hatte seine Verurteilung zu einem Jahr und 5 Monaten auf Bewährung zuletzt aufgehoben, wegen Erkrankung eines Richters verzögerte sich das Verfahren erneut, für Ende März 2025 gibt es nun neue Termine am Landgericht Leipzig.

MDR (sys/lew)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Radioreport Sachsen | 10. Januar 2025 | 18:00 Uhr

Mehr aus Leipzig, dem Leipziger Land und Halle

Mehr aus Sachsen