
Sparpläne der Stadt Dresden will Millionen kürzen: Was das für Kinder und Jugendliche bedeuten würde
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31. März 2025, 11:21 Uhr
Als die "krasseste Kürzungswelle, die Dresden seit der Wende erlebt", empfindet Max Eilers vom "Bündnis Jugend gegen Kürzungen" die Sparpläne der Landeshauptstadt. Die Kürzungen stehen im Entwurf für den neuen Doppelhaushalt. Am Montag soll sich der Stadtrat dazu einigen. Viele Einrichtungen sind nur bis Ende März finanziell gefördert worden. Mehrere Akteure der Kinder- und Jugendarbeit warnen vor massiven Einschnitten. Auch eine Online-Petition wurde gestartet.
- Aufgrund von Kürzungen bei der Jugendhilfe müssen bereits Ende März viele Einrichtungen und Dienste schließen.
- An einer Oberschule in Dresden kämpfen Schüler mit einem Schulstreik für ihre Sozialarbeiterin.
- Die Musikschule Heinrich-Schütz-Konservatorium ist ebenso von Kürzungen betroffen.
In Dresdens geplantem Rekordhaushalt von 2,3 Milliarden Euro klafft eine Lücke in Höhe einer dreistelligen Millionensumme. Kürzungen sind die Folge. Träger der freien Jugendhilfe warnen vor einer "Alarmstufe Rot" für die Jugend. Der "Kampagne Jugend und Gleichstellungsarbeit sichern" zufolge müssen 21 Einrichtungen und Dienste sowie 18 Standorte der Schulsozialarbeit Ende März schließen. Ohne eine Einigung im Stadtrat auf höhere Zuschüsse für freie Träger gebe es noch mehr Schließungen. Ihnen würden dann 30 Prozent des Gesamtetats fehlen.
Leipzig baut Angebote trotz Krise auf - und Dresden reißt ein?
"Während Leipzig seine Jugendarbeitslandschaft trotz Haushaltskrise ausbaut, reißen wir in Dresden die hart erkämpften Errungenschaften in der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit der letzten zwölf Jahre ein", sagte eine Sprecherin der "Kampagne Jugend und Gleichstellungsarbeit sichern" MDR SACHSEN. Sie verwies auf die Corona-Pandemie mit massiven Einschränkungen für die Altersgruppe. Studien zeigten jetzt eine Vielzahl psychischer Auffälligkeiten bei jungen Menschen. "Politische Verantwortung sieht anders aus."
Während Leipzig seine Jugendarbeitslandschaft trotz Haushaltskrise ausbaut, reißen wir in Dresden die hart erkämpften Errungenschaften in der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit der letzten zwölf Jahre ein.
Der Kinder- und Familientreff "Mareicke" im Plattenbaugebiet Prohlis informiert bereits über die dauerhafte Schließung zum 31. März 2025 auf seiner Internetseite. Der Treff begründet die mit "Kürzungen der Landeshaupstadt Dresden". Auch das Familienzentrum "Tapetenwechsel" warnt vor seiner drohenden Schließung und kündigt ein eingeschränktes Angebot an.
Streichliste bei Kinder- und Jugendarbeit (Auszug zum Aufklappen)
- Zuschüsse für Ferienfahrten
- Schließung von 18 Standorten der Schulsozialarbeit
- Kürzungen bei mobiler Arbeit und Streetwork
- Sozialprojekte für Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen
- Personalabbau und Schließung von Fachstellen u.a. für Migration und Geschlecht
- Projekte zur Gewaltprävention
- Außerschulische Projekte wie Kinderzirkus KAOS
- Schließung von 21 Einrichtungen, wie Familienzentren, und Diensten
- Kürzung der Personalstellen in Kinder- und Jugendhäusern
- Internationale Jugendbegegnungen
- Bauliche Maßnahmen und Dolmetscherkosten
- Integrationsangebote für junge Migranten
Quelle: Kampagne Jugend und Gleichstellungsarbeit sichern, Kulturbüro Dresden
Schulstreik für gestrichene Sozialarbeiterin
Auch Arbeitsplätze in der Schulsozialarbeit sollen wegfallen. Juliane Heisig hatte an der SRH Oberschule in Dresden-Lockwitz am Freitag, 28. März, ihren vorerst letzten Arbeitstag. Aus Protest versammelten sich Schülerinnen und Schüler zum Schulstreik. "Wir wollen nicht einfach so akzeptieren, dass die Stelle gestrichen wird und dafür mal einen Tag die Schule schwänzen", sagte Klassensprecher Pepe Bauckmeier. Heisig lobte die Aktion als "gelebte Demokratie". Sie hoffe, dass sich "noch etwas dreht".
Wir wollen nicht einfach so akzeptieren, dass die Stelle der Schulsozialarbeiterin gestrichen wird und stehen dafür ein.
Auch der Schulträger versicherte MDR SACHSEN, dass er an der Seite der Streikenden stehe. "Die Schulsozialarbeit ist eine wesentliche Säule an der Schule." Die Mitarbeiterin sei für alle da, kümmere sich um Probleme wie Mobbing, Suchtprobleme oder Schwierigkeiten der Schüler mit den Eltern, sagte SRH-Sprecherin Carolin Menz.
Wie viel Geld fehlt Kinder- und Jugendprojekten?
- 2024 flossen 33,6 Millionen Euro städtische Zuschüsse an freie Träger der Jugendhilfe in Dresden.
- Für dieses Jahr sind knapp 25 Millionen Euro eingeplant. Der Stadt zufolge beträgt die Finanzierungslücke zum Erhalt des Status quo 8,7 Millionen Euro - ohne einen Ausbau der Schulsozialarbeit.
- Die Freien Träger hatten für 2025 rund 40 Millionen Euro Bedarf angemeldet. Demnach reißt der Sparplan ein Loch von rund 15 Millionen Euro.
Quelle: Stadt Dresden
Die freien Träger verlangen indes vor der Ratssitzung am Montag, dass die Stadt die Kinder- und Jugendarbeit bedarfsgerecht finanziell ausstattet. Die "Kampagne Jugend und Gleichstellungsarbeit sichern" auf das Sozialgesetzbuch VIII, worin die freie Jugendhilfe verankert ist. "Das ist keine freiwillige Leistung", betonte die Sprecherin im Gespräch mit MDR SACHSEN.
Musikschule mit weniger Personal
Große Sorgen gibt es am Heinrich-Schütz-Konservatorium (HSK). Zwar soll die Musikschule laut Haushalt mit mehr als zwei Millionen Euro zusätzlich im Vergleich zu 2024 bezuschusst werden. Zugleich sollen von 50 festen Vollzeitstellen, die sich mitunter noch mehrere Lehrkräfte teilen, nur noch 30 Stellen bezahlt werden. "Damit würde sich die Musikschule drastisch verkleinern. Das Angebot würde deutlich eingeschränkt", teilte die Fachberaterin für Tanz am HSK, Petra Steinert, den Eltern mit.
Online-Petition gegen Kürzungen gestartet
Inzwischen haben 15 Kultureinrichtungen in Dresden wie dem HSK, Kreuzchor, Theater der Jungen Generation sowie der Jugendkunstschule eine Online-Petition gestartet. Zu den Kürzungen heißt es darin: "Für Kinder und Jugendliche heißt das weniger Raum für Bildung und künstlerischen Austausch jenseits der Schule." Mehr als 20.000 Unterstützerinnen und Unterstützer haben die Petition bislang unterschrieben
Rathaus: "Unbedingte Ausgaben gesichert"
Laut Stadt Dresden ist die monatliche Finanzierung für unbedingte Ausgaben für die meisten Projekte der freien Jugendhilfe bis maximal Dezember 2025 gesichert. "Für einzelne Einrichtungen konnte die vorläufige Finanzierung über den 31. März 2025 hinaus jedoch nicht gesichert werden", sagte eine Rathaussprecherin MDR SACHSEN mit. Man habe die Betroffenen rechtzeitig informiert. Eine Abhilfe oder ein Ausgleich sei im vollen Umfang nicht möglich. "Gemeinsam mit den Trägern sollen die dringendsten Bedarfe besprochen und Prioritäten in der Arbeit gesetzt werden."
MDR (wim/anz)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 27. März 2025 | 19:00 Uhr