Kampf gegen Mietwucher Leipzig will überteuerte Mieten systematisch erfassen
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29. April 2025, 05:00 Uhr
Kennen Sie die 30-Prozent-Mietregel? Sie besagt, dass die Warmmiete nicht mehr als ein Drittel des Nettogehalts betragen sollte. In Großstädten wird das zunehmend schwieriger. Vermieter verlangen oft mehr – teils auch mehr als gesetzlich erlaubt ist. In Leipzig sollen Betroffene das ab Juni über ein Online-Formular bei der Stadt melden können.
- Leipzig will überhöhte Mieten künftig systematisch erfassen und betroffene Mieter besser unterstützen.
- Über ein eigenes Online-Formular sollen Mieter in Leipzig ab Juni überteuerte Wohnungen direkt melden können.
- Juristische Hürden bleiben: Mietrechtsexperten sehen nur geringe Chancen, bestehende Mieten nachträglich zu senken.
Die Stadt Leipzig will gegen überteuerte Mieten vorgehen. Sozialbürgermeisterin Martina Münch ist fest entschlossen. "Das ist ein großes Thema. Wir sind eine Stadt der Mieterinnen und Mieterin und viele zahlen inzwischen sehr hohe Mieten."
Das zeigen auch hunderte Meldungen von Leipzigerinnen und Leipzigern, die die sogenannte Mietwucher-App der Linkspartei mit ihren Angaben zu Adresse, Mietpreis, Wohnungsausstattung gefüttert haben. Die Daten werden mit dem Mietspiegel abgeglichen und überteuerte Mieten auf Wunsch an die Stadtverwaltung weitergeleitet.
Leipzig plant eigene Datenerfassung
Leipzig will die Datenerfassung jetzt selbst in die Hand nehmen und hat ein Online-Formular erarbeitet. "Die Meldungen in der App sind schon recht gut", sagt Münch, aber: "Die reichen natürlich nicht aus, um einen solchen Vorgang von Seiten der Verwaltung zu ermöglichen. Deswegen schicken wir den 800 Menschen, die sich bei uns gemeldet haben, dieses Onlineformular." Ab Mitte des Jahres soll das Formular dann allen Leipzigerinnen und Leipzigern zur Verfügung gestellt werden.
Auch für Erfurt lässt sich die Mietwucher-App der Linkspartei nutzen. Darüber sind inzwischen knapp 100 Meldungen eingegangen. Erfurt plant nach eigenen Angaben aber keine eigene Datenerfassung. Die will Sozialbürgermeisterin Martina Münch in Leipzig nutzen, um aktiv gegen entsprechende Vermieter vorzugehen. "Möglicherweise handelt es sich hier um eine Ordnungswidrigkeit, die wir verfolgen als Stadt – oder sogar um eine Straftat – und wir müssen dann die Unterlagen an die Staatsanwaltschaft weitergeben."
Vermietern droht Bußgeld bei zu hoher Miete
Wenn die Miete mindestens 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, droht dem Vermieter ein Bußgeld. Wird die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent überschritten, kann sogar eine Straftat vorliegen. Wer in Leipzig auf Wohnungssuche geht, muss sich im Schnitt auf Kaltmietpreise von 8,50 bis 10 Euro pro Quadratmeter einstellen. Noch teurer mit durchschnittlich 10 bis 11,50 Euro pro Quadratmeter ist Jena. Die Daten des Bundesbauministeriums sind aus dem Jahr 2023.
Thomas Plaschil, Fachanwalt für Mietrecht, dämpft bei bestehenden Mietverträgen die Erwartungen, die jetzt mietpreisgeplagte Großstädter mit dem Eifer der Stadt verbinden könnten: "Einer der Grundsätze ist, dass Vertragsparteien frei vereinbaren können, zu welchen Konditionen, sie welche Verträge eingehen. Schon vor Vertragsschluss gibt es die Obliegenheit beider Vertragsparteien zu prüfen: Ist das, was ich jetzt vertraglich vereinbare, das, was ich will, was ich zahlen kann, was auch rechtlich möglich ist oder nicht." Sprich: Nach Jahren eine Rückzahlung und Mietpreissenkung zu erwirken, hält er trotz der Rechtslage für unwahrscheinlich.
Florian Bau vom Deutschen Mieterbund, Landesverband Sachsen, rät daher, so schnell wie möglich nach Vertragsabschluss gegen eine überhöhte Miete aktiv zu werden. Zwar findet er gut, dass sich die Stadt Leipzig für faire Mieten einsetzt. Aus seiner Sicht braucht es dafür aber Gesetzesänderungen auf Bundesebene. "Dass man vor allem diesen Mietwucherparagrafen im Strafgesetzbuch mal scharfstellt, sodass der auch Abschreckungspotential hat." Bisher lasse sich Mietwucher im konkreten Fall schwer nachweisen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 29. April 2025 | 06:52 Uhr