Drohen Mieterhöhungen? Neue Mietspiegel für Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau in Arbeit
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20. Januar 2023, 08:34 Uhr
Ein im Sommer 2021 verabschiedetes Gesetz sieht vor, dass große Städte bis spätestens 2024 einen Mietspiegel anlegen müssen. In Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau sind diese Zahlenwerke gerade in Arbeit. Durch Mietspiegel sollen Mieter und Mieterinnen vor Wucherpreisen geschützt werden. Doch in den drei Städten in Sachsen-Anhalt könnten die Mieten durch die neuen Spiegel zunächst sogar steigen.
- Durch Mietspiegel werden "ortsübliche Vergleichsmieten" ermittelt, die für Mieter und Vermieter mehr Transparenz liefern sollen.
- Kritiker bemängeln, dass günstige Bestandsmieten in den neuen Mietspiegeln nicht berücksichtigt werden.
- In Halle und Dessau-Roßlau übernehmen externe Firmen die Mietspiegel-Erstellung, in Magdeburg wurde eine interne Lösung gefunden.
Die Mehrheit der Einwohnerinnen und Einwohner von Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau wohnt zur Miete. Und diese Mehrheit könnte sich ab dem kommenden Jahr erneut mit steigenden Wohn-Kosten konfrontiert sehen. Nachdem zum Jahreswechsel fast alle Energieversorger in Sachsen-Anhalt die Preise für Strom und Gas erhöht hatten, könnten ab 2024 Mietpreis-Erhöhungen folgen. Grund dafür ist die im Juni 2021 beschlossene Mietspiegel-Reform. Diese verpflichtet Städte mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, bis spätestens 01.01.2024 einen Mietspiegel zu erstellen. In Sachsen-Anhalt betrifft das Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau.
Was ein Mietspiegel beinhaltet Ein Mietspiegel bildet die durchschnittlichen Mieten in einer Gemeinde ab. Er ist eine Datensammlung, in der Mieten in ähnlicher Lage und ähnlicher Ausstattung der Mietobjekte miteinander verglichen werden.
Nach Angaben des Deutschen Städtetags sind Mietspiegel "die beste Methode, die ortsübliche Vergleichsmiete mit Rechtssicherheit zu ermitteln". Gemeint sind damit die durchschnittlichen Mieten, die in einer Gemeinde für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Größe gezahlt werden. Die ortsübliche Vergleichsmiete bietet damit einen besseren Einblick als Angebotsmieten – also jenen Mietpreisen, die beispielsweise auf Immobilienportalen für die dort angebotenen Wohnungen aufgerufen werden.
Die ortsübliche Vergleichsmiete wiederum hat laut Städtetag auch unmittelbare Auswirkung auf zahlreiche mietrechtliche Regelungen und Instrumente in angespannten Wohnungsmärkten wie beispielsweise die Mietpreisbremse. Mit der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete mittels Mietspiegel hätten sowohl Mieter als auch Vermieter objektive Markt-Informationen vorliegen.
Kritik am Mietspiegel: Günstige Bestandsmieten bleiben unberücksichtigt
René Hempel, Fraktionsvorsitzender der Linken im Stadtrat von Magdeburg und Sprecher für Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr, sieht Mietspiegel problematisch. Sein Haupt-Kritikpunkt ist, dass laut Gesetz unter anderem nur Wohnungen in die Mietspiegel-Berechnung einbezogen werden, bei denen die Miete in den zurückliegenden sechs Jahren neu vereinbart oder geändert wurde. Ältere Bestandsmieten, die oftmals deutlich günstiger sind als aktuelle Angebotsmieten, finden keinerlei Berücksichtigung. "Somit ist ein Mietspiegel kein Abbild der tatsächlichen Mieten, sondern eine Darstellung der Miet-Entwicklungen", sagt Hempel MDR SACHSEN-ANHALT. "Ein Mietspiegel, der alle Wohnungen beinhaltet – auch die Sozialwohnungen – würde ein anderes Bild ergeben."
Ähnliche Kritik äußerten die Stadtratsfraktionen der Linken und der AfD in Halle im Frühjahr 2022. Die Stadtverwaltung hatte damals im Auftrag des Stadtrats von einer externen Firma einen Mietspiegel erstellen lassen. Die Kosten beliefen sich auf mehr als 300.000 Euro. Am Ende fiel der Mietspiegel-Entwurf jedoch aufgrund fachlicher Mängel im Stadtrat durch.
Mietspiegel in Sachsen-Anhalt: Das planen die Städte
In Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau sind die neuen Mietspiegel aktuell gerade in der Entstehung. Alle Städte haben sich für einen sogenannten "qualifizierten" Mietspiegel entschieden. Dieser besteht aus einer repräsentativen Stichprobe aller Wohnungen, die für den Mietspiegel in Frage kommen. Nicht dazu gehören unter anderem folgende Wohnungen:
- kein Vertragsabschluss oder letzte Anpassung der Netto-Kaltmiete innerhalb der vergangenen sechs Jahre
- Wohnraum, der von Eigentümern selbst genutzt wird
- Wohnheim für Studierende
Die Stichprobe muss nach wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgen und so zusammengesetzt sein, dass sie die Gesamt-Zielgruppe in allen wichtigen Merkmalen widerspiegelt. Erhoben werden die Daten in der Regel per Fragebogen, der sowohl an Mieter als auch an Vermieter verschickt wird. Dabei besteht eine gesetzliche Auskunftspflicht. Wer also einen Fragebogen zugesandt bekommt, muss diesen auch beantworten.
In Halle bekam nach dem gescheiterten Anlauf im Frühjahr das Beratungs-Unternehmen "Analyse & Konzepte immo.consult Hamburg" im September 2022 nach Ausschreibung den Zuschlag für die neue Mietspiegel-Erstellung. Zudem wurde ein "Arbeitskreis Mietspiegel" gebildet, in dem neben der Stadt Halle und dem beauftragten Unternehmen auch Interessens-Vertreter der Mieter und der Vermieter sowie ein Experte des Deutschen Städtetags mitwirken. Laut Zeitplan der Stadt sollen ab März Mieter und Vermieter Fragebögen zugeschickt bekommen.
Die Stadt Dessau-Roßlau hat bereits seit 2014 einen bis heute geltenden Mietspiegel. Auch hier soll wie in Halle ein externes Institut beauftragt werden. "Der qualifizierte Mietspiegel wird zum 01.01.2024 für die Stadt Dessau-Roßlau vorliegen", so die Pressestelle der Stadt auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT.
In Magdeburg hingegen hat man eine interne Lösung gefunden und das Amt für Statistik, Wahlen und Digitalisierung der Landeshauptstadt mit der Erstellung des Mietspiegels beauftragt. Auch hier wurde ein Arbeitskreis mit verschiedenen Interessens-Vertretern gebildet. Ab Februar sollen dann die Fragebögen verschickt werden. Nach Daten-Aufbereitung und Qualifizierungs-Prozess soll laut Zeitplan der Stadt der neue Mietspiegel dann im November veröffentlicht werden.
Sobald die Städte ihre Mietspiegel veröffentlicht haben, können Mieterinnen und Mieter anhand der Angaben nachlesen, inwiefern ihre aktuellen Mieten im Bereich der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen oder nicht. Gleiches gilt auch für Vermieter. Und diesbezüglich äußerte sich Steffen Sebastian, Professor für Immobilien-Finanzierung an der Universität Regensburg, bereits im Sommer 2021 kurz nach Beschluss der Mietspiegel-Reform im Handelsblatt wie folgt: "Es wird durch einen Mietspiegel auch für Vermieter, die bisher gar nicht so stark auf die allgemeine Preisentwicklung geschaut haben, leichter, die Mietpreise nach oben anzupassen."
MDR (Manuel Mohr)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Januar 2023 | 12:00 Uhr
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