Dentalmuseum Zschadraß Das "Grüne Gewölbe" der Zahnheilkunde
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02. April 2023, 14:12 Uhr
Es soll ja Leute geben, die gern zum Zahnarzt gehen. Und dann gibt es die Menschen, die vom Thema Zahnheilkunde gar nicht genug bekommen können. Für sie hält das Dentalmuseum Zschadraß so einige Skurrilitäten bereit. Das Museum zeigt aber auch: Früher war doch nicht alles besser und der Zahnarztbesuch in der Neuzeit ist wesentlich angenehmer.
- In Sachsen ist die erste Zahncreme Deutschlands durch einen Dresdner Apotheker entwickelt worden.
- Das Dentalmuseum Zschadraß zeigt Raritäten wie eine Terracottafigur mit Zahnweh und einen Zahnstocher in Kolibriform.
- Die Sammlung hat bereits jetzt die größte Fachbibliothek zum Thema Zahnheilkunde mit Zehntausenden Medien.
Es ist das Jahr 1907. Ottomar von Mayenburg sitzt auf dem Dachboden seiner Apotheke am Dresdner Altmarkt und mischt eine cremige Paste. Es war die Geburtsstunde der ersten Zahncreme Deutschlands, erklärt der Leiter des Dentalmuseums Zschadraß Andreas Haesler. "Mayenburg hat solange experimentiert, bis er eine pastöse Form kreiert und das in Tubenform gebracht hat. Das war ein Welterfolg."
Eine Zahnpasta als Botox-Ersatz?
Es klang zu unglaublich, um wahr zu sein. Eine Zahncreme nach alter Rezeptur, die auch als Hautpeeling benutzt werden kann. Wissenschaftliche Tests hätten angeblich gezeigt, dass die zauberhafte Mischung die Haut um Jahre verjüngt, zumindest für einige Stunden. Doch diese Geschichte, die Sie an dieser Stelle gestern gelesen habeb, war frei erfunden. Schließlich war der 1. April. Wahr ist aber, dass die erste deutsche Zahncreme eng mit dem Land Sachsen verbunden ist.
Doch Haesler kann in seinem Dentalmuseum noch mehr über die Geschichte der Zahnheilkunde erzählen. Der Zahntechniker zeigt beispielsweise auf eine Zange, mit der vor 200 Jahren Zähne gezogen wurden. Der kranke Zahn sei dabei fixiert und über eine Drehbewegung aus dem Gebiss gebrochen worden. "Das sah schon ziemlich brutal aus", sagt Haesler.
Terracottafigur mit Zahnweh
Mehr als eine halbe Million Exponate zeigt oder archiviert das Dentalmuseum Zschadraß auf mehr als 2.300 Quadratmetern. Laut Haesler ist es damit die weltweit größte Sammlung zum Thema Zahnheilkunde. "Das ist die Eremitage, der Louvre und das Grüne Gewölbe der Zahnheilkunde", sagt er. Ein besonderes Ausstellungsstück: eine kleine Terracottafigur, die eine Hand an die Wange drückt. "Es sieht so aus, als ob sich die dargestellte Person Zahnweh hat. Die Figur ist mit 2.500 Jahren unser ältestes Exponat", so Haesler.
Zahnstocher in Kolibriform
Museumsleiter Haesler hält eine weitere Rarität in der Hand. Es ist ein über 500 Jahre alter Zahnstocher in Form eines Kolibris. "Von diesen Zeugnissen aus der Maya- und Inkazeit gibt es weltweit nur drei Stück. Zwei davon sind in Zschadraß zu sehen", so Haesler. Er präsentiert auch die erste elektrische Bohrmaschine von 1890, die über ein Gaspedal zu bedienen war. Auch nach den Möglichkeiten, Menschen vor dem Zähneziehen zu betäuben, werde von Museumsgästen häufig gefragt. Wurde vor 200 Jahren noch Lachgas verwendet, setzte sich ab den 1880er Jahren Kokain als Betäubungsmittel durch, erklärt Haesler.
Internationale Anlaufstelle zur Zahnheilkunde
Das Dentalmuseum gibt es mittlerweile seit über 20 Jahren in Zschadraß. Die Sammlung stellt sich auch aus verschiedenen ehemaligen Zahnlaboren aus DDR-Zeiten zusammen, die nach 1990 geschlossen wurden. Andreas Haesler wollte das Museum von Beginn an der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen: "Das Dentalmuseum ist kein Fachmuseum, sondern wir wollen alle begeistern." Und Haesler hat noch weitere Pläne: Zschadraß soll internationales Zentrum rund um die Zahnkunde werden. Schon jetzt gibt es dort mit 270.000 Büchern und Zeitschriften die größte Fachbibliothek.
MDR (phb, cs)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 02. April 2023 | 19:00 Uhr