Wissen, was wir lesen Was ist schön? Die Ästhetik in allem
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09. Mai 2021, 15:00 Uhr
Was ist schön? Eine alte philosophische Frage, der in der letzten Zeit immer mehr auch mit wissenschaftlichen Methoden nachgegangen wird. MDR WISSEN-Redakteur Karsten Möbius hat sich das Buch eines Wissenschaftsjournalisten zum Thema Schönheit angesehen, das genau diesen Ansatz verfolgt. Sein Fazit: "Schönheit lässt sich vielleicht tatsächlich theoretisch beschreiben."
Worum geht es?
Es geht um das Phänomen der Schönheit, darum, was das überhaupt ist und ob es eine Möglichkeit gibt, das Schöne in Worte und in Kategorien zu fassen. Es geht um den Versuch, das Schöne zu verstehen. Also darum, etwas zu versuchen, was zunächst unmöglich erscheint. Denn "schön" ist eigentlich für jeden etwas Anderes.
Zur "Objektivierung" von Schönheit hat Gábor Paál ein eigenes Modell entwickelt, das aus den E-, O-, S- und K-Werten besteht. E meint die Bewertung von elementaren Sinnesreizen, O die formalen Eigenschaften von Objekten (also Muster, Symmetrien etc.), S die Beziehung zwischen einem Selbst und einem Objekt und K die Eigenschaften von Handlungen. Fehlende Werte lassen uns Dinge umgekehrt als hässlich erscheinen.
Das E-O-S-K Modell erklärt auch, warum wir Dinge, die wir hässlich fanden, plötzlich auch als schön empfinden können. Nämlich dann, wenn wir plötzlich ein Muster, einen neuen Sinn erkennen oder wir eine Beziehung zu einem Objekt aufbauen.
Wie schafft es das Buch, mich zu fesseln?
Es ist der große Plan, der sofort sichtbar wird. Man nimmt das Buch und spürt, hier beginnt eine wirklich sinnvolle Suche nach dem Schönen und den Regeln, denen es folgt. Und es ist eine Suche, die zum einen unglaublich tief und theoretisch ist und gleichzeitig das Individuelle, das Persönliche nie aus den Augen verliert.
Wer hat's geschrieben?
Gábor Paál hat‘s geschrieben – ein Wissenschaftsjournalist. Also ein Kollege. Eigentlich studierter Geograph. Aber die Schönheit scheint es ihm angetan zu haben. Mehr als uns allen. Wir alle lieben zwar Schönes, machen gern schöne Dinge, umgeben uns gern mit ihnen, aber Gábor Paál will das mit der Schönheit offenbar seit vielen Jahren genauer wissen. "Was ist schön? – Die Ästhetik in allem" ist schon sein zweites Buch zum Thema. 2003 hatte er sein Debüt mit "Was ist schön? Ästhetik und Erkenntnis".
An seiner Seite leistet die Grafikerin Britta Wagner einen wichtigen Beitrag, um Paáls Gedanken noch anschaulicher werden zu lassen.
Wie ist es geschrieben?
Es ist keine Belletristik. Mal so nebenher zur Unterhaltung sollte man das Buch vielleicht nicht lesen. Es ist eine sehr ernsthafte und tiefgründige Beschäftigung mit dem Thema Schönheit. Allerdings ist es auch keine Doktorarbeit. Man kann es flüssig lesen, ohne vom Fach zu sein. Hin und wieder überkommt einen ein "Aha!" oder ein "Oho!". Dann wendet man den Blick vom Buch und schaut in die Luft, freut sich an einem neuen Gedanken, lässt ihn sich setzen und liest dann weiter.
Man spürt im Text den Journalisten. Eine schöne Mischung aus theoretischen Gedanken und dem Wechsel, direkt zurück ins Leben.
Was bleibt hängen?
Schönheit lässt sich vielleicht tatsächlich theoretisch beschreiben. Die Theorie von Gábor Paál ist, dass Schönheit – verzeih mir, Gábor Paál – eine Mischung aus Emotion und Verstand ist. Neueste Forschungen zeigen, dass unterschiedlichste Hirnregionen beim Empfinden von Schönheit aktiv werden. Hirnregionen, die Emotionen freisetzen und Hirnregionen, die für die rationale Steuerung verantwortlich sind.
Deshalb ist sie zum Teil erklär- und objektivierbar und trotzdem immer auch individuell; abhängig von unserer Biographie, unseren Erfahrungen und unseren Vorlieben.
Und immer, wenn ich jetzt in einem Café in einer fremden Stadt sitze, weiß ich, warum ich es schön finde (wenn ich es denn schön finde). Dieses Beispiel von Gábor Paál zum Thema Schönheit, das bleibt wirklich hängen.
Der Rezensent
Karsten Möbius ist Wissenschaftsjournalist mit Leib und Seele. Er produziert bei MDR WISSEN u.a. den Podcast „Die großen Fragen in 10 Minuten“. Er gibt nicht eher Ruhe, bevor er nicht in einem Details die grundsätzliche Bedeutung, in einer neuen Erkenntnis die spannende Geschichte entdeckt hat. Man merkt ihm an, dass ihm die Entdeckung der Welt jeden Tag wieder richtig Spaß macht.
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