
Kampfmittelbeseitigungsdienst Sachsen Maurer, Minentaucher, Motocross - Besuch beim Bombenentschärfer von der Carolabrücke
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23. März 2025, 12:00 Uhr
In Hollywoodfilmen sind Menschen mit risikoreichen Berufen Helden. In der Realität treten sie meist bescheiden auf. So wie der Sprengmeister beim Kampfmittelbeseitigungsdienst Sachsen, Thomas Zowalla. Er entschärft Weltkriegs-Bomben und andere Fundmunition, zuletzt an der Carolabrücke in Dresden. Im Gespräch mit MDR SACHSEN berichtet er, wie er mit den Gefahren umgeht.
- Bombenentschärfer Thomas Zowalla hat auch schon andere Berufe ausgeübt.
- Beim Entschärfen von Weltkriegsbomben und anderer Munition besteht ein Restrisiko.
- Der Experte schätzt ein, dass noch viel Kriegsmunition in Sachsen unentdeckt lagert.
Als Thomas Zowalla im Januar eine 250-Kilogramm-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg in Dresden entschärft hat, drückten ihm viele die Daumen: Zehntausend Menschen mussten zuvor ihre Wohnungen, Arbeitsplätze und Hotelzimmer verlassen. Doch schon bald kam die Entwarnung. Zowalla zufolge war die Arbeit "relativ leicht". Der Zünder sei im guten Zustand gewesen. Seine Nervenstärke kommt nicht von ungefähr: Der 49-Jährige aus Burkau wurde einst als Minentaucher bei der Bundeswehr ausgebildet. Er spricht ruhig und zeigt keine Hektik.
Für Bundeswehr nach Granaten und Minen getaucht
Früher arbeitete Zowalla mit der Maurerkelle auf Baustellen. Nach seiner Lehre ging er zur Bundeswehr. Dort habe er acht Jahre lang als ausgebildeter Taucher Kampfmittel in Gewässern vernichtet, bevor etwa Panzer durch das Wasser fuhren. Weil die Bundeswehr vor 20 Jahren Personal abbaute, fehlte Zowalla die berufliche Perspektive, erzählt er. Er wechselte zum Kampfmittelräumdienst Sachsen (KMBD). In Lehrgängen habe er sich dafür weiter qualifiziert. "Es ist kein Ausbildungsberuf."
Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal diese Laufbahn einschlagen werde.

Lizenz zum Sprengen und Entschärfen
Für seine Arbeit pendelt Zowalla von Burkau nach Zeithain ganz im Nordwesten Sachsens. Dort arbeiten die operativen Einsatzkräfte des KMBD. Seine Dienstbezeichnung lautet "Truppführer in der Kampfmittelbeseitigung". Mit dieser Qualifikation darf der verheiratete Familienvater Sprengen, Entschärfen und Transportieren. Auch in Gewässern wie Teichen oder in alten Steinbrüchen haben er und seine Kollegen immer wieder Einsätze. "Das ist unser tägliches Geschäft, das kaum jemand mitbekommt", sagt der Sprengmeister. In die Medien kämen große Einsätze mit Bomben und Evakuierungen.
So "tickt" der Kampfmittelbeseitigungsdienst Sachsen
- Die Behörde des Freistaates beräumt und vernichtet zur Anzeige gebrachte Kampfmittel aus der Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges sowie Granaten und andere Munition von Übungsplätzen der Sowjet-Armee.
- Beim KMBD arbeiten knapp 30 Beschäftigte, auch eine Frau. - Gefährliche Bomben, Granaten, Minen und Raketen werden am Fundort gesprengt, die übrigen in Zeithain fachgerecht zerlegt und entsorgt.
Quelle: Polizei Sachsen, KMBD
Ob es Evakuierungen gibt, entscheidet die Gefahr, die von Kriegsmunition ausgeht, erklärt der Polizist. Dies werde zuerst untersucht. "In brenzligen Situationen wird immer die sichere Variante gewählt. Erst wird evakuiert, dann wird gesprengt." Ein Restrisiko bleibe aber immer. "Wir reden von Munition, die 80 Jahre alt und teilweise mechanisch beschädigt ist", so der Sprengmeister. "Was die macht, können wir nicht 100prozentig sagen." Halte man sich jedoch an Spielregeln, werde das Risiko minimiert.
In brenzligen Situationen wird immer die sichere Variante gewählt. Erst wird evakuiert, dann wird gesprengt.
Entschärfung mit Zange, Bürste, Schraubendreher
In Zowallas orangefarbigem Dienstfahrzeug liegen die Handmittel für eine Entschärfung, darunter zwei verschiedene Zangen, ein Hämmerchen und eine Drahtbürste, um Erdreste vom Zünder zu lösen. Manche Zünder würden mit einem Wasserstrahlschneidegerät abgetrennt. Zowalla schätzt, dass sechs von zehn Bomben mit der Hand entschärft werden können. Das sei ihm am liebsten, weil die Bombe da wenig beschädigt sei. 30 Bomben hat er schon unschädlich gemacht.
Das Schlimmste seien Langzeitzünder, die durch Bewegung wieder in Gang gesetzt werden können. Bei schwierigen Fällen, etwa verbogenen Zündern, werde am Fundort gesprengt.
Manchmal brauche es Zowalla zufolge auch Glück: Wie bislang bei den Abrissarbeiten an der teileingestürzten Carolabrücke. Dort war ein Bagger in der Elbe auf den großen Blindgänger mit Zünder gestoßen. Zowalla zufolge hatte die große Baggerschaufel die Bombe von der Seite und nicht am Zünder erwischt. "Das passiert ganz selten und ist dann tragisch."
Viele Blindgänger noch in Sachsens Erde
Droht dem Polizisten irgendwann die Beschäftigungslosigkeit? Davon geht Zowalla, der in der Freizeit mit seinem Sohn Motocross fährt, nicht aus: "Wir haben noch viel Munition in Sachsen." Das belegen Zowalla zufolge die archivierten Lade- und Herstellungslisten aus den Weltkriegen. Bei Fliegerbomben gehe man von einer Blindgängerquote von 20 bis 25 Prozent aus. "Das heißt, jede fünfte Bombe ist nach dem Abwurf liegengeblieben. Wir haben in den nächsten Jahren auf jeden Fall noch sehr viel zu tun", ist Zowalla sicher.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 20. März 2025 | 19:00 Uhr