"Gemeinsam Kulturdenkmale retten" Schau würdigt 50 Jahre Studiengang Restaurierung in Dresden
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23. Oktober 2024, 02:59 Uhr
Die Goldledertapeten im Schloss Moritzburg, das Wandbild "Der Weg der roten Fahne" am Dresdner Kulturpalast oder die Fresken des alten Dominikanerklosters auf dem Leipziger Uni-Campus: Dass diese Kulturschätze in so gutem Zustand sind, ist der Hochschule für bildende Künste Dresden zu verdanken. Sie bildet seit 50 Jahren Restauratorinnen und Restauratoren aus. Zum Jubiläum widmet das Landesamt für Denkmalpflege dem Studiengang eine Ausstellung.
- An der Hochschule für Bildende Künste Dresden werden seit 50 Jahren Restauratoren und Restauratorinnen ausgebildet.
- Der Studiengang gehört weltweit zu den ersten universitären Ausbildungsstätten auf diesem Gebiet.
- Er kämpft dennoch mit zurückgehenden Bewerberzahlen.
Leonie Huget geht an einem gläsernen Wandschrank voller Töpfchen und Flaschen vorbei. Ein Fach leuchtet in Gelb- und Rottönen, in einem anderen dominiert Moosgrün. Hier bewahrt die Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK) historische Pigmente, Bindemittel und Werkzeuge auf.
Manches davon dient bloß noch Anschauungszwecken, anderes kommt in den Ateliers nebenan zum Einsatz. Dort, wo die angehenden Restauratoren und Restauratorinnen ihr Handwerk erlernen. Leonie Huget studiert seit 2019 Restaurierung an der HfBK. Ihr Fachgebiet: Gemälde. In etwa einem Jahr macht sie ihr Diplom.
Detektivische Arbeit an verblichenen Ölgemälden
Leonie Hugets Diplomprojekt steht auf einem Regalbrett in ihrem Atelier: Zwei bräunliche Ölgemälde, auf denen in verwaschenen Farben die Schemen von Figuren zu erkennen sind. Ein drittes, ähnliches Bild liegt mit dem Rücken nach oben auf dem Schreibtisch. Es sind Porträts der Evangelisten aus der Kustodie der Uni Leipzig. Ein unbekannter Künstler hat es wahrscheinlich im 17. Jahrhundert gemalt.
"Man sieht, dass die Bilder nicht mehr gut erkennbar sind", erklärt Huget. "Das liegt teilweise an Verschmutzungen. Teilweise hat der Überzug aber auch so viele Mikrorisse ausgebildet oder sich chemisch verändert, dass man nicht mehr erkennt, was darunter liegt." Das sei aber erstmal nur eine Vermutung, sagt die Studentin. Sie müsse jetzt rausfinden, was tatsächlich passiert ist.
Eine Chance für hoffnungslose Fälle
Seit 1974 stehen Studentinnen und Studenten der HfBK vor ähnlichen Fragen wie Leonie Huget. Damals wurde der Studiengang Restaurierung gegründet. Als erster in Deutschland. Und schon immer ging es darum, die Theorie an originalen Werken anzuwenden, die Museen, Privatpersonen oder auch das Landesamt für Denkmalpflege zur Verfügung stellen.
Das sei nicht nur ein Gewinn für die Studierenden, sagt Christine Kelm, Leiterin des Referats Restaurierung beim Landesamt. "Sie können auch mal vermeintlich hoffnungslose Fälle bearbeiten, deren Restaurierung sonst viel zu teuer wäre".
Fälle wie das alte Holz-Kruzifix aus der Dorfkirche Neichen bei Grimma, das verschimmelt und zerbrochen war, aber in den 90er Jahren – angestoßen durch eine Diplomarbeit – restauriert werden konnte. Es ist eines von mehr als 30 Projekten, die das Landesamt für Denkmalpflege in den zurückliegenden 50 Jahren zusammen mit Studierenden umgesetzt hat.
Die Studierenden können auch mal vermeintlich hoffnungslose Fälle bearbeiten, deren Restaurierung sonst viel zu teuer wäre.
Sächsischer Denkmalschutz ist auf Studierende angewiesen
Viele wären ohne die Beteiligung der Hochschule für Bildende Künste nicht denkbar gewesen. Von der romanischen Steinskulptur über Leinwandgemälde bis hin zu Fassadengestaltungen. Anlässlich des Jubiläums gibt das Landesamt in seiner Jahresausstellung "Gemeinsam Kulturdenkmale retten" Einblicke in die Zusammenarbeit.
Die Ausstellung erläutert zum Beispiel, wie der Schnitzaltar aus der Dorfkirche Zaasch, der jetzt in Wechselburg steht, restauriert wurde. "Das ist eine Diplomarbeit aus dem allerersten Jahrgang", so Kelm, "der ist dann hier im Amt weiter restauriert worden und da habe ich auch meine ersten Handgriffe in der Restaurierung getan."
Niemand kommt so dicht an ein Original ran.
Seitdem hat sich viel verändert: Heute arbeiten die Restauratoren mit Röntgenbildern, 3D-Scanverfahren oder Laserreinigungen, viele Konservierungsmethoden wurden an der Hochschule entwickelt. Ein innovativer Studiengang, der trotzdem mit zurückgehenden Bewerberzahlen kämpft.
Vielleicht habe das damit zu tun, dass viele Restauratoren relativ prekär als Selbständige arbeiten müssten, vermutet Kelm. Man sei deshalb weiterhin auf Fördermittel angewiesen – müsse aber auch die Attraktivität des Berufes deutlich machen, sagt Kelm. Denn: "Niemand kommt so dicht an ein Original ran."
Informationen zur Ausstellung
"Gemeinsam Kulturdenkmale retten"
Zu sehen vom 24. Oktober 2024 bis 30. April 2025
Ständehaus
Schloßplatz 1
01067 Dresden
Geöffnet Montag bis Freitag von 10 bis 16.00 Uhr.
Der Eintritt ist frei.
Quellen: MDR (Lydia Jakobi); redaktionelle Bearbeitung: td
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 23. Oktober 2024 | 06:15 Uhr