Menschen sitzen um ein Feuer
Beim Jahrestreffen tauschen sich Tierretterinnen und Tierschützer über die enormen Belastungen ihrer oft ehrenamtlichen Tätigkeit aus. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ehrenamt Tierretter in Not

05. Oktober 2024, 07:00 Uhr

In einer Forsthütte in Dresden-Bühlau haben sich Tierretterinnen und Tierretter aus ganz Sachsen getroffen. Am Lagerfeuer ging es um Austausch, Vernetzung und Kraft schöpfen. Denn viele, die Tieren in Not helfen, sind mittlerweile "ausgelaugt". Einige müssen aussteigen, weil sie es nicht mehr aushalten. Vorwiegend engagieren sich Frauen. Doch auch Männer, die helfen, sind oft frustriert und fühlen sich allein gelassen.

Ein kleiner, hilfloser Katzenjunge namens Dagobert kämpft ums Überleben. Gerade mal eine Woche alt, hat er seine Mutter verloren, vermutlich überfahren. Nur durch die Hingabe von Regina Barthel-Marr und ihrem Team im Tierheim Freital hat er noch eine Chance zum Überleben. Dagobert steht symbolisch für die unzähligen Tiere, die auf die Hilfe von engagierten Tierschützern angewiesen sind.

Eine kleine schwarze Katze bekommt eine Milchflasche
Das Schicksal von Katzenjunge Dagobert ist ungewiss, doch Regina Barthel-Marr und ihr Team aus dem Tierheim Freital setzen alles daran, ihm und anderen Tieren in Not zu helfen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Anfang Oktober sind Helferinnen und Helfer in der Forsthütte in Dresden-Bühlau zusammengekommen, um sich auszutauschen, zu vernetzen und Kraft zu schöpfen. Denn wer sich im Tierschutz engagiert, stößt mitunter an eigene Grenzen - sowohl emotional als auch finanziell.

Tierschutz kann emotional und finanziell belasten

"Wir sind hier, um zu kommunizieren und uns gegenseitig zu stärken", erklärt Cornelia Böttger vom Tierrettungsverein Muhrielle aus Glashütte. Inmitten des Waldes treffen sich Tierretterinnen, "Peppler" sowie Menschen, die sich bei Tierheimen und Tierschutzvereinen engagieren.

Sie alle vereint die Liebe zu Tieren und der Wunsch, ihnen zu helfen. Doch hinter der Hingabe verbirgt sich oft eine enorme Belastung. Viele Helferinnen und Helfer seien emotional und finanziell am Limit. Einige müssen sogar aufgeben, weil sie die Herausforderungen nicht mehr bewältigen können.

Eigene Bedürfnisse oft zurück gestellt

Regina Barthel-Marr schildert die täglichen Herausforderungen im Tierheim: "Wir müssen Dagobert alle zwei bis vier Stunden füttern und versuchen damit, ihn groß zu kriegen." Auch Hundedame Frieda steht im Mittelpunkt der Sorgen – ihre Hüftoperation ist dringend nötig, doch das Geld fehlt.

Barthel-Marr, die neben dem Tierheim ein Ingenieurbüro leitet, kämpft um die Zukunft der Tiere, während sie ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellt. "Ich stehe um 6 Uhr auf und arbeite bis 22 Uhr. Zeit für meine eigenen Hunde und die Familie bleibt kaum", sagt sie MDR SACHSEN. An Sonnabenden erlaube sie sich mal zwei Stunden mit ihren eigenen Hunden auf den Hundeplatz zu gehen und sonntags vielleicht mal mit ihrer Familie ein bisschen Kaffee zu trinken. Der Tierschutz fordert sie neben der Arbeit im Ingenieurbüro stark.

Tierretter Henry Susa
Tierretter Henry Susa belastet, dass er einen Großteil der Kosten für sein ehrenamtliches Engagement selbst tragen muss. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Erschöpfung und Frustration greifbar

Die Erschöpfung und Frustration sind auf dem Jahrestreffen greifbar. Auch Henry Susa ist ein ehrenamtlicher Tiernotretter. Er verdient sein Geld als Straßenbahnfahrer und gibt es als Tiernotretter wieder aus: Eigenen Angaben zufolge hat er in diesem Jahr bereits 11.500 Kilometer für den Tierschutz zurückgelegt, oft auf eigene Kosten.

Mit seinem Privatauto eilt er zu verletzten oder kranken Tieren: "Wir tragen mindestens 80 Prozent der Kosten selbst. Die Belastungen sind enorm", sagt er und ergänzt: "Der Staat hat eine Verantwortung für seine Wildtiere. Wenn Fördermittel gestrichen werden, fühlt es sich an, als würde die Politik auf uns ruhen."

Menschen sitzen um ein Feuer
Beim jährlichen Treffen tanken die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer Kraft. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Austausch am Lagerfeuer stärkt gegenseitig

Conny Böttger, die das Jahrestreffen organisiert, sieht die Bedeutung dieser Zusammenkünfte. Die versammelten Tierschützerinnen und Tierschützer kommen aus ganz Sachsen, um sich auszutauschen und gegenseitig zu stärken - auch weil sie nicht "Nein" sagen können. Eindringlich fragt Conny Böttger: "Was passiert, wenn man 'Nein' sagt? Was geschieht mit den Tieren, die hilflos auf der Straße liegen?"

Was passiert, wenn man "Nein" sagt? Was geschieht mit den Tieren, die hilflos auf der Straße liegen?

Conny Böttger Tierretterin und Organisatorin des Jahrestreffens

Und dann ist da immer noch Katzenjunge Dagobert. Dass er überleben wird, ist nicht sicher. Dass die Tierretterinnen alles dafür geben werden allerdings schon.

MDR (kav)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 02. Oktober 2024 | 19:00 Uhr

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