
Bürgerdialog Elbbrücke in Bad Schandau: Ministerin beantwortet Fragen zu Zeitplan und Entschädigungen
Hauptinhalt
25. März 2025, 17:40 Uhr
Aufgeheizte Stimmung? Keine Spur. Auch wenn es das große Polizeiaufgebot und die angespannte Situation für die Menschen in der Region aufgrund der gesperrten Brücke in Bad Schandau kurz vor dem Bürgerdialog anderes vermuten ließen. Erst im Februar hatten Hunderte Menschen für eine schnelle Lösung und eine transparentere Kommunikation demonstriert. Als sich die zuständige Ministerin Regina Kraushaar am Montagabend den drängendsten Fragen stellte, war die Stimmung konstruktiv und respektvoll.
- In respektvoller, interessierter Atmosphäre stellten die zuständige Ministerin, der Landrat und der Bürgermeister das weitere Vorgehen vor.
- Beim Bürgerdialog gab es Antworten auf die drängendsten Fragen und einen Ausblick, wie es mit der Brücke weiter gehen soll.
- Viele fühlten sich gut informiert, andere wünschten mehr Bürgerbeteiligung.
"Ich kann nur gemeinsam mit Ihnen hoffen, dass dieser Alptraum bald vorbei sein wird", sagte Regina Kraushaar, Ministerin für Infrastruktur und Landesentwicklung in Sachsen am Montag beim Bürgerdialog in Bad Schandau. Etwas mehr als 150 Menschen waren der gemeinsamen Einladung des Ministeriums, des Landrates und des Bürgermeisters in die der Kulturstätte "Am Park" gefolgt. Vor dem Eingang standen vier Polizeifahrzeuge. Laut Polizeisprecher Marko Laske waren 15 Beamte im Einsatz. Doch die Veranstaltung blieb ruhig.
Ich kann nur gemeinsam mit Ihnen hoffen, dass dieser Alptraum bald vorbei sein wird.
Das Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern war im sogenannten "Fishbowl"-Format angelegt: Die Zuhörenden, eine bunte Mischung von Männern und Frauen aller Altersklassen, saßen wie in einer Arena um die Verantwortlichen herum, die sich den Fragen stellten. Wer welche hatte, konnte sich vom Platz aus zu Wort melden oder wurde von Moderatorin Alexandra Gerlach ermutigt, in die Mitte zu kommen und mit den Verantwortlichen direkt am Stehtisch zu diskutieren.
Antworten auf drängende Fragen
Nachdem die Ministerin vorstellte, was im Hintergrund bereits passiert ist und wie es weiter gehen soll, wurden die drängendsten Fragen der Bürgerinnen und Bürger beantwortet. Diese konnten im Vorfeld eingereicht werden. Und auch die Möglichkeit, vor Ort Fragen zu stellen, wurde rege genutzt, jedoch ausschließlich von den männlichen Teilnehmern der Veranstaltung. Die häufigste Frage, die im Vorfeld eingereicht wurde: Wann wird die Brücke in Bad Schandau geöffnet werden?
Wann ist die Elbe in Bad Schandau wieder mit einer Brücke passierbar?
Die Infrastruktur-Ministerin Regina Kraushaar hofft, dass die Brücke in Bad Schandau Ende April wieder befahrbar ist. Die Bedeutung der Brücke für die Lebensqualität, die Arbeitsplätze und den Tourismus in der Region sei ihr sehr bewusst, sagte Kraushaar. Das schnell eine Lösung gefunden wird, habe für sie oberste Priorität. Regina Kraushaar sagte, dass sie mit großer Hoffnung auf den anstehenden Belastungstest der Bad Schandauer Elbbrücke in der kommenden Woche blicke. Sollte der gelingen und die anschließenden Nachberechnungen positiv ausfallen, könnte Ende April wieder Verkehr über die Brücke rollen.
Dann könne die Ausschreibung für die Behelfsbrücke starten. Avisierter Start der Bauarbeiten sei der Frühherbst dieses Jahres. Die Bauzeit solle fünf Monate betragen - vorausgesetzt Wetter und Hochwasser machen keinen Strich durch die Rechnung.
Wie geht es weiter, wenn der Belastungstest schiefgeht?
Missglückt der Belastungstest, will sich Infrastruktur-Ministerin Kraushaar persönlich dafür einsetzen, zu prüfen, ob auf die Ausschreibung verzichtet werden kann. Dadurch solle dann schneller mit den Bauarbeiten für die Behelfsbrücke begonnen werden. Dieses Szenario müsse jedoch erst juristisch geprüft werden. Denn normalerweise gelten für ein Bauvorhaben wie das der Behelfsbrücke in Höhe von 31 Millionen Euro Vergabevorschriften. Eine Ausschreibung muss gemacht und alles sorgsam geprüft werden. Das alles kostet Zeit. Die Ministerin sieht in der Situation in Bad Schandau "Gefahr in Verzug" im Hinblick auf die "Daseinsvorsorge". So will sie argumentieren. Letztlich müsse dies aber juristisch sicher sein: "Es nützt uns gar nichts, wenn wir nicht drei Monate, sondern acht Monate verlieren, weil jemand diese Vergabe angreift."
Warum eine Behelfsbrücke und nicht gleich die richtige Brücke?
Die Behelfsbrücke besteht aus Fertigbauteilen und kann in einer Bauzeit von nur fünf Monaten errichtet werden, erklärte Regina Kraushaar am Montag in Bad Schandau. Somit sei ein sicheres Überqueren schneller möglich, als wenn auf die "richtige" Brücke gewartet würde. Allerdings beträgt ihre Nutzungsdauer nur zehn Jahre. Wenn die "echte" Brücke kommt, also der Ersatzneubau für die jetzt gesperrte Brücke, wird diese Behelfsbrücke wieder abgerissen.
Am Montag wurden die Pläne für die neue Behelfsbrücke vorgestellt. Die jetzige Variante setzte sich gegen fünf andere durch.
Ist die Behelfsbrücke überhaupt sicher?
"Die Behelfsbrücke hält Schwerlastverkehr aus, ist hochwasserresistent und hoch genug für die tschechische Schifffahrt", erklärte Regina Kraushaar. Besonders für das Nachbarland Tschechien sei die Schifffahrt über die Elbe wichtig, da es die einzige Anbindung zu einem Seehafen ist.
Warum dauert das alles so lange?
Stephan Berger, der Abteilungsleiter für Mobilität im Infrastruktur-Ministerium, erklärte, dass verschiedene Genehmigungen eingeholt werden und Ausschreibungen gemacht werden müssen. Sein Eindruck: Alle Involvierten seien bemüht, so schnell wie möglich Lösungen zu finden. Ministerin Regina Kraushaar erörterte, dass sowohl für die Behelfsbrücke als auch für den Neubau kein langwieriges Plan- und Baufeststellungsverfahren benötigt werde, das sonst acht bis zehn Jahre dauert.
Auch die Messverfahren wurden eingeordnet. "Sie können sich das ein bisschen so vorstellen wie in der Medizin: Erst hat man nur geröntgt, dann kam das MRT, da konnte man schon etwas mehr sehen und mittlerweile gibt es noch weitere Verfahren, mit denen man noch mehr sehen kann. So ist das auch mit der Brücke." Bei früheren Prüfverfahren wurden Brücken nur von außen angeschaut. Seit dem Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden im September 2024 habe man begonnen, die Brücken auch von innen zu untersuchen. Damit solle vermieden werden, dass Menschen zu Schaden kommen. Offensichtlich müssen nun auch generell die Prüfverfahren überprüft werden, so Berger.
An der Brücke werden demnach verschiedene Messreihen vorgenommen, mit denen festgestellt werden kann, ob im Inneren etwas reißt, wo etwas reißt und ob sich etwas bewegt.
Warum ist die Variante mit der Bahnbrücke keine Option?
Stephan Berger vom Infrastruktur-Ministerium sagte, auch die Variante Bahnbrücke sei untersucht worden. Laut Deutscher Bahn könnte der "Gleiskörper" verschoben werden. Doch Berger zufolge ist diese Variante zeit-, kosten- und abstimmungsintensiv: "Am Ende ist es so, dass diese Variante einfach deutlich teurer werden würde als die jetzige Variante. Und es würde vor allem deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, weil derzeit Daten über Pfeiler und anderes noch nicht vorliegen." Die Frage ist zum Teil verbunden mit der Hoffnung, perspektivisch die Kirnitzschtalbahn zu verlängern.
Wer zahlt Entschädigungen für entgangene Umsätze und Gewinne?
Zu dieser Frage kamen am Montag einige Ideen, aber keine wirklich guten Nachrichten für Betroffene. Die Brückensperrung bedeutet für viele längere Fahrtwege, einen höheren Verschleiß ihrer Fahrzeuge, mehr Kraftstoffkosten oder Mehrkosten durch Pendlerparkplatz und öffentliche Verkehrsmittel sowie Zeitverlust.
Wirkliche Hilfe scheint aktuell nicht in Sicht. Entschädigungen wie bei den Corona-Soforthilfen seien vorerst nicht geplant, sagt Regina Kraushaar. Auch wenn diese Fragestellung nicht ihr Schwerpunkt als Ministerin für Infrastruktur sei, äußerte sie einige Ideen. Wie sehr das die Menschen in der Region dann letztlich tatsächlich entlasten wird, ist fraglich:
- Ein längerer Arbeitsweg sei steuerlich absetzbar.
- Beim Finanzministerium habe Kraushaar nachgefragt und die Auskunft erhalten, dass steuerpflichtige Unternehmen Stundungen beantragen können.
- Sinnvoll sei eventuell für Unternehmen eine Beratung bei der SAB, der Sächsischen Aufbaubank.
- Für Unterstützung könne man eventuell IHK und Handwerkskammer ansprechen.
- Landrat Michael Geisler hatte eine Idee, die ihm Applaus einbrachte: "Der Staat kann doch auch mal – im nachgewiesenen Fall – auf Steuern verzichten. Das ist aus meiner Sicht ein Lösungsansatz, der noch nicht hinreichend genug geprüft ist. Es fällt im Großen nicht ins Gewicht und würde hier helfen." Wie die Idee umgesetzt werden könnte, ließ er allerdings offen.
Wer trägt die Kosten für Belastungstest, Behelfsbrücke und Neubau?
Üblicherweise sei bei Brückenplanungskosten der Freistaat Sachsen in der Pflicht. Allerdings gehöre die Brücke in Bad Schandau dem Bund. Da in diesem Fall "völlig andere Auswirkungen" vorlägen, will Kraushaar versuchen, beim Bund die Leistungen zurückholen. Das Problem jedoch: Bislang gibt es weder auf Bundes- noch auf Landesebene einen Haushalt. Für den 12. Mai hat Kraushaar einen Antrittsbesuch beim mutmaßlich neuen Verkehrsminister angemeldet". Dort will sie sich dafür stark machen, dass der Bund sich an den Kosten beteiligt.
Wie soll die Stadt Bad Schandau finanziell entlastet werden?
Die Stadt Bad Schandau hat Notparkplätze eingerichtet und verzichtet auf Parkgebühren. Inzwischen sind laut Bürgermeister Thomas Kunack 250.000 Euro aufgelaufen: "Das sollte schon erstattet werden, denn es fehlt uns in der Haushaltsplanung." Kraushaar sagte, die Idee sei, dass der Freistaat die Entschädigungsleistung vorerst übernimmt und sich dann beim Bund meldet. "Es wird aber ein harter Kampf und es ist alles noch in der Schwebe."
Ich fand den heutigen Abend sehr gut, weil er gut vorbereitet war und viele Informationen rüber kamen.
Meinungen zum Bürgerdialog geteilt
Die Atmosphäre im Saal war am Montag freundlich interessiert. Den Ausführungen der Verantwortlichen folgte oft freundlicher Applaus. Keine Zwischenrufe. "Ich fand den heutigen Abend sehr gut, weil er gut vorbereitet war und viele Informationen rüber kamen", sagte Sven-Erik Hitzer.
Ein anderer Besucher hätte sich noch mehr Bürgerbeteiligung gewünscht. "Es war ja als Bürgerdialog geplant, aber es war ja recht lange ein Monolog. Jetzt vor Ort sind vier Bürger direkt zu Wort gekommen. Fand ich ein bisschen sparsam."
Ein anderer schöpfte Hoffnung und ging etwas beruhigter nach Hause: "Wir hoffen alle sehr, dass uns der Belastungstest der Brücke etwas Entlastung bringt für die Monate, die es dauern wird, bis dann die Behelfsbrücke steht."
Brückeninfos direkt auf's Handy Um die Menschen vor Ort auf dem Laufenden zu halten, hat das Ministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung einen WhatsApp-Kanal eingerichtet. Der habe laut Regina Kraushaar mittlerweile 1.400. Follower und soll Interessierte weiter auf dem Laufenden halten. Quelle: Ministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung
MDR
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 25. März 2025 | 06:30 Uhr