Asylpolitik Landratsamt Pirna will eigene Bezahlkarte für Asylbewerber einführen
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22. Februar 2024, 08:01 Uhr
Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat die Hoffnung auf die schnelle Einführung einer bundesweit einheitlichen Bezahlkarte für Asylbewerber aufgegeben. Während in Berlin weiter darüber gestritten wird, wurden in Pirna Nägel mit Köpfen gemacht: Am 1. April soll ein eigenes Bezahlkartensystem im Landkreis an den Start gehen. Die Diakonie befürchtet einen Flickenteppich, der in den Kommunen zu Mehrkosten statt weniger Verwaltungsaufwand führt.
- Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge führt als erster im Freistaat eine Bezahlkarte für Asylbewerber ein.
- CDU und Grüne in Sachsen streiten darüber, wer für die Verzögerungen auf Bundesebene verantwortlich ist.
- Die Diakonie Sachsen warnt vor einem Flickenteppich unterschiedlicher Bezahlkartensysteme.
Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge will zum 1. April eine Bezahlkarte für Asylbewerber einführen. Wie das Landratsamt in Pirna am Mittwoch mitteilte, wurde nach der Sichtung verschiedener Angebote jetzt einem Anbieter der Auftrag dafür erteilt. Demnach können im Landkreis lebende Asylbewerber mit der Karte Waren des täglichen Bedarfs einkaufen, aber kein Geld ins Ausland schicken. Das sollen Beschränkungen der Karte bei Überweisungen und auch bei Bargeldabhebungen sicherstellen.
Andere Landkreise werden nachziehen
Mit der Einführung einer eigenen Bezahlkarte reagiert der Landkreis nach eigenen Angaben auf "die schleppende Entwicklung auf Bundes- und Landesebene". Es handle sich um eine Zwischenlösung bis zur Einführung eines bundes- oder ländereinheitlichen Modells. Ziel sei, die Verwaltung zu entlasten.
Auch die anderen Landkreise in Sachsen werden vermutlich bald nachziehen. Sie hatten erst vor gut einem Monat beschlossen, die Einführung einer gemeinsamen Bezahlkarte für Asylbewerber zu prüfen. Dabei war das kommende Frühjahr als schnellstmöglicher Zeitpunkt genannt worden. Mehrere Landkreise in anderen Bundesländern haben bereits Bezahlkarten ausgeben, beispielsweise in Thüringen.
Wer bremst denn nun?
Sachsen hatte sich schon bei der Ministerpräsidentenkonferenz im vergangenen Oktober für eine möglichst schnelle bundeseinheitliche Lösung stark gemacht. Doch diese lässt auf sich warten. Die Schuld dafür wird vor allem den Grünen auf Bundesebene gegeben, die sich in der Ampelkoalition dagegen sperren würden. Auch die CDU im Sächsischen Landtag äußerte derartige Vorwürfe.
Diese wurden von Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert postwendend zurückgewiesen und als Falschmeldung bezeichnet. Sie erklärt die Haltung ihrer Partei so: "Es braucht keine umfangreiche gesetzliche Änderung. Wenn es um die Aufnahme des Wortes 'Bezahlkarte' geht, dann ist das eine technische, einfach zu machende Anpassung." Schubert zufolge werden sich alle grün mitregierten Bundesländer an der gemeinsamen Ausschreibung einer Bezahlkarte beteiligen.
Diakonie warnt vor Flickenteppich
Die Diakonie Sachsen sieht das ganze Hickhack kritisch und befürchtet angesichts der derzeitigen Entwicklung einen regionalen Flickenteppich aus unterschiedlichen Lösungen. Das würde statt einer Entlastung der Verwaltung wieder zu Mehrkosten für die Kommunen führen.
Der sächsische Diakonie-Chef Dietrich Bauer fordert eine Bezahlkarte ohne regionale Beschränkungen, die Asylbewerbern auch den Zugang zu sozialen Angeboten und Dienstleistungen wie Tafeln oder Sozialkaufhäusern ermöglicht. Und auch Bargeldabhebungen sollten erlaubt sein.
MDR (stt)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 22. Februar 2024 | 06:30 Uhr