Rede für Weltoffenheit Unternehmer Röhrborn: "Wir haben einen Ruf zu verlieren"
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03. Februar 2024, 18:43 Uhr
Auf der Brandmauer-Kundgebung in Dresden hat auch Dirk Röhrborn, Präsidiumsvorsitzender des Branchenverbandes Silicon Saxony, gesprochen. Er warnt davor, falschen Versprechungen zu folgen und damit den Wohlstand zu gefährden. Lesen Sie hier Ausschnitte seiner Rede am 3. Februar in Dresden.
Ich werde wütend, wenn Experten unser Land wieder verlassen, weil sich ihre Familien hier nicht mehr willkommen fühlen.
Wenn ich an Sachsen denke, dann empfinde ich nicht nur Wut, sondern auch Stolz auf das, was wir erreicht haben. Wir waren Vorreiter der Industrialisierung und dem Bergbau. Wir sind reich an Kunst und Kultur. Wenn ich dann höre, dass wir heute wieder zu den Top-Industrieregionen der Welt gehören, dann macht mich das frohgestimmt auf die Zukunft. Dresden ist der größte Mikroelektronikstandort in Europa.
Remigration löst keine Probleme
Wussten Sie, dass in fast jedem Smartphone, das wir alle dabei haben, mindestens ein Chip aus Dresden steckt? Wegen der gut ausgebildeten Menschen hier, aber auch der Firmen und der erstklassigen Forschung, siedeln sich erstklassige Unternehmen hier im Silicon Saxony an. So entstehen tausende gut bezahlte Jobs in den Fabriken, bei den Zulieferern, Mittelstand und auch beim Bäcker um die Ecke. Dann fließen Steuern, um Schulen zu bauen und Bahnstrecken neu zu bauen und zu modernisieren und auch unsere Kultur zu bewahren. Natürlich gibt es auch Herausforderungen: Klimawandel, Energiewende, Digitalisierung, Bürokratie und fehlender Mut.
In der Politik fehlt leider oft der Mut, die Wahrheit zu sagen. Dass es nicht einfach werden wird, dass es nicht für jeden Verlust einen Ausgleich vom Staat geben kann und dass wir auch in Zukunft hart arbeiten müssen, um unseren Wohlstand zu verdienen. Wir alle suchen nach Antworten. Manche folgen dann markigen Sprüchen. Nur: Es gibt auf komplexe Fragen keine einfachen Antworten. Der Austritt aus der EU ist keine Lösung, die Abschaffung des Euro ebenso wenig, auch nicht die Streichung aller Subventionen. Von Remigration will ich gar nicht erst sprechen. Wer verspricht, damit Probleme zu lösen, der ist entweder dumm oder er lügt. Und beides ist keine Alternative für Deutschland.
Die Welt schaut auf Deutschland, die Welt schaut auf Sachsen
Was also braucht die Wirtschaft? Sie braucht Vertrauen, sie braucht Investoren, die mit Milliarden hier investieren und sie brauchen Planungssicherheit. Kunden brauchen Verlässlichkeit. Und die Menschen, gleich welcher Herkunft, die hier leben und arbeiten möchten, brauchen das Vertrauen, hier wirklich willkommen zu sein. Dieses Vertrauen basiert auf der Demokratie, dem stabilen Rechtssystem, einer verlässlichen Verwaltung, der Sicherheit, leider auch der militärischen und der Freiheit, die wir als Teil von Europa genießen. Ohne Demokratie, ohne Rechtsstaat, ohne Europa wird es weder Freiheit noch Wohlstand für uns alle hier geben. Noch genießen wir großes Vertrauen in aller Welt. Aber wir haben einen Ruf zu verlieren. Die Welt schaut auf Deutschland, die Welt schaut auch auf Sachsen. Unsere Partner aus dem Ausland fragen uns, wie wird es bei euch weitergehen? Es geht darum, das Vertrauen in uns zu bewahren.
Sprecht über Probleme, aber auch über das Gute
Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer. Ich weiß, es sind viele von euch heute hier. Ich wende mich ganz besonders an euch und ganz persönlich. Viele Menschen schauen darauf, was ihr sagt und was ihr tut. Als Unternehmer tragen wir Verantwortung. Lasst uns gemeinsam eintreten für Demokratie, für Freiheit, für Rechtsstaatlichkeit und für Weltoffenheit. Ich bitte euch: Sucht das Gespräch über die Probleme. Aber sprecht auch über das Gute, in der Familie, in euren Unternehmen, mit den Mitarbeitenden und in der Öffentlichkeit. (…) Wenn wir gemeinsam weiter zusammen auftreten, dann werden wir es schaffen, die Wut und den Zorn in Hoffnung und Zuversicht zu verwandeln.
MDR (dkö/egr)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 03. Februar 2024 | 19:00 Uhr