Ausgang unklar Einbruch Grünes Gewölbe: Prozess gegen mutmaßlichen Mittäter unterbrochen
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05. Januar 2024, 14:20 Uhr
Nach anderthalb Jahren war im Mai 2023 das Urteil gegen die Einbrecher ins Grüne Gewölbe gefallen. Doch der Juwelendiebstahl beschäftigt weiter die Justiz. In Dresden sollte am Freitag ein weiterer Prozess gegen einen mutmaßlichen Mittäter des Remmo-Clans beginnen. Doch dann kam es anders.
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- Ein zweiter Prozess zum Einbruch ins Grüne Gewölbe wurde abrupt unterbrochen.
- Der verteidigende Anwalt sieht in Dresden den falschen Verhandlungsort.
- Vier Revisionen, eine akzeptierte Strafe: Das ist der aktuelle Stand zu den verurteilten fünf Haupttätern des Remmo-Clans.
Ein zweiter Prozess um den Juwelendiebstahl aus der Schatzkammer Grünes Gewölbe in Dresden ist am Freitag am Landgericht Dresden noch vor Verlesung der Anklage unterbrochen worden. Über den Fortgang will die Vorsitzende Richterin Eva Stief am kommenden Mittwoch unterrichten.
Acht Monate nach Ende des ersten Prozesses sollte sich eigentlich der 24-jähriger J. Remmo wegen Beihilfe zum Diebstahl mit Waffen, Sachbeschädigung und Brandstiftung verantworten. Er gehört zum Berliner Remmo-Clan und ist ein Bruder beziehungsweise Cousin der jungen Männer, die bereits wegen der Tat zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.
Verteidigung will eine Verhandlung in Berlin
Doch gleich beim Prozessbeginn stellte Rechtsanwalt Stephan Schneider, Verteidiger des Beschuldigten, die Zuständigkeit des Landgerichtes in Frage. Er sieht diese eher beim Gerichtsbezirk Berlin angesiedelt, weil der Angeklagte dort wohnt.
Schneider erwähnte die umfangreiche Reisetätigkeit, die eine Verhandlung in Dresden erfordern würde. 56 der 147 vorgesehenen Zeugen und Sachverständigen kämen aus dem Berliner Raum. Es gebe keinen einzigen Zeugen aus Dresden für die seinen Mandanten betreffenden Vorwürfe.
Streit um angeblich formale Fehler in der Einladung
Außerdem bemängelte der Verteidiger angebliche Formfehler bei der Einladung. So sei der Saal, in dem die Verhandlung stattfindet, nicht angegeben gewesen. Er und sein Mandant hätten den Raum erst suchen müssen, damit sei ihre Vorbereitung auf den Prozesstag gestört worden.
Zu den Anträgen der Verteidigung nahm die Staatsanwaltschaft kurz Stellung. Das Gebäude und die Anschrift seien in der Ladung genannt worden, auch der zu nutzende Eingang. Die Ladung sei im Oktober erfolgt, eine Nachfrage sei längst möglich gewesen. Die schriftliche Ladung müsse eine Woche vor Beginn der Hauptladung vorliegen. Zwingend sei dabei die Angabe des Gerichtes und dessen Anschrift, nicht aber der Verweis auf den konkreten Verhandlungssaal. Das ließe sich in der Praxis kaum umsetzen.
Der Angeklagte war zum Zeitpunkt der Tat 19 Jahre alt - im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes demnach ein Heranwachsender. In diesem Fall stehe der Staatsanwaltschaft ein Wahlrecht zu, ob die Anklage am Tatort oder am Wohnort erhoben wird, erklärte der Pressesprecher des Landgerichts, Andreas Feron.
Im Mai 2023 waren bereits fünf junge Männer des Berliner Remmo-Clans für den Juwelendiebstahl aus dem Schatzkammermuseum verurteilt worden. Dem 24 Jahre alten Angeklagten werden Beihilfe zum Diebstahl mit Waffen und gemeinschädliche Sachbeschädigung und Brandstiftung zur Last gelegt. Er soll die Museumseinbrecher zu einem Treffpunkt nach Berlin gefahren haben. Als sie in eine Polizeikontrolle gerieten, habe er ein Ablenkungsmanöver ausgeführt. Zudem soll er wesentliche Details des Diebstahls gekannt haben.
Während des Hauptverfahrens festgenommen
Der Verdächtige war im Mai 2022 während des ersten Prozesses gegen seine Verwandten festgenommen worden. Er hatte die Verhandlungen damals im Publikum verfolgt. Einer der Angeklagten hatte zuvor vor Gericht seinen Namen genannt und gesagt, dass er in der Tatnacht der Fahrer eines Autos gewesen sei. Nach einer Beschwerde gegen seine Festnahme am Rande der Verhandlung kam der Verdächtige vor einem Jahr wieder frei.
Der Einbruch in das Historische Grüne Gewölbe im Dresdner Residenzschloss gilt als einer der spektakulärsten Kunstdiebstähle in Deutschland. Im November 2019 erbeuteten die Täter dabei 21 Schmuckstücke aus Diamanten und Brillanten und verursachten zudem mehr als eine Million Euro Schaden. Im Zuge einer Verständigung im ersten Gerichtsprozess war Ende 2022 der Großteil der Beute teils stark beschädigt zurückgegeben worden. Die wertvollsten Stücke fehlen.
Das ist der Sachstand nach dem Hauptprozess
Im Mai waren nach 47 Verhandlungstagen die Clanmitglieder Wissam Remmo, Rabieh Remo, Bashir Remmo sowie die Zwillinge M. und A.M. Remmo zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. In vier Fällen laufen aktuell noch Revisionen.
Der 24 Jahre alte Verurteilte A.M. Remmo hat das Urteil inzwischen akzeptiert und verbüßt seine Jugendstrafe seit Mitte November 2023 in Berlin. Drei Verurteilte sind im Zuge eines sogenannten Deals gegen Auflagen auf freiem Fuß - bis zu einem späteren Haftantritt nach Rechtskraft ihrer Urteile. Ein Beschuldigter hatte ein Alibi und wurde freigesprochen. Er sitzt trotzdem weiterhin im Gefängnis, wie der fünfte Verurteilte. Die beiden sitzen noch ihre Jugendstrafen wegen des Diebstahls der Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum 2017 ab.
dpa/MDR (kk/ama)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 05. Januar 2024 | 19:00 Uhr