Polizisten tragen während eines Trauermarschs für einen im Dienst getöteten Polizisten dessen Porträt
Das Polizeipräsidium Dresden und Hunderte weitere Polizisten und Feuerwehrleute haben sich am Dienstag von ihrem im Dienst getöteten Kollegen Maximilian Stoppa verabschiedet. Bildrechte: picture alliance/dpa/Robert Michael

Gottesdienst in Kreuzkirche Familie und Kollegen des getöteten Polizisten trösten einander: "Lasst Euch nicht unterkriegen"

28. Januar 2025, 19:47 Uhr

Wie tröstet man eine Familie, die ihren 32 Jahre alten Sohn, Vater, Partner und Bruder gewaltsam verliert? Wie Feuerwehrkameraden und Polizisten, die sich immer auf den Oberkommissar Maximilian Stoppa verlassen konnten? Polizeipfarrer Große versuchte es mit berührenden Symbolen und Bibelworten, das Polizeiorchester mit Musikstücken, die der Familie am Herzen liegen.

Einsatzwagen mit Blaulicht fahren im Schritt-Tempo hinter Polizisten und Sanitätern her. Sie bilden das Ende eines mehrere Hundert Meter langen Trauerzuges, der vom Polizeipräsidium Dresden zur Kreuzkirche am Altmarkt führt. Rund 1.000 Polizisten aus Sachsen folgen schweigend der Familie des im Dienst getöteten Maximilian Stoppa. Hinter ihnen haben sich Kolleginnen und Kollegen aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt, aber auch aus Bayern und Thüringen eingereiht. Später in der Kirche wird Polizeipräsident Jörg Kubiessa sagen, dass auch Kollegen aus Tschechien und Polen dabei sind. "Die Polizeifamilie steht zusammen."

Polizisten tregen das Bild eines verstorbenen Kollegen. 1 min
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MDR SACHSENSPIEGEL Di 28.01.2025 19:00Uhr 01:28 min

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Fast lautloser Trauerzug durch die Altstadt

Passanten an der Altmarktgalerie bleiben stehen und blicken auf diesen fast lautlosen Zug hunderter in blauen und orangefarbenen Uniformen Gekleideter, wie ihn Dresden wohl noch nicht gesehen hat. Denn zum ersten Mal muss die Polizeidirektion Dresden einen Kollegen verabschieden, der im Dienst getötet wurde. Stoppa starb am 7. Januar 2025 bei einer Fahrzeugkontrolle mutmaßlicher Auto-Diebe in Südbrandenburg.

Kollegen von getötetem Polizisten nehmen bei Gedenkgottesdienst Abschied 1 min
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Polizeisprecher Thomas Geithner erzählt von der Stimmung bei der Polizei nach dem Tod von Maximilian S. und was ihm für den Gedenkgottesdienst wichtig war.

MDR FERNSEHEN Di 28.01.2025 14:58Uhr 00:45 min

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Zuschauer: "Anblick geht durch Mark und Bein"

An der Ecke zum Altmarkt steht Uwe Thiede. Er fährt für die Malteser ein Fahrzeug für Organspenden. Heute will auch er seinen Respekt für den Kollegen bezeugen. Feuerwehrleute klopfen sich schweigend auf Schultern, manche umarmen sich. "Dieser Anblick geht durch Mark und Bein. Es könnten ja wir alle sein", sagt er leise. Dann erblickt er im Trauerzug seine Tochter, die auch Polizistin ist. Es ärgert ihn, "dass Rettungskräfte angegriffen werden, Sanitäter, Feuerwehr und Polizei."

Ein Mann Anfang 60 steht auf dem Altmarkt in Dresden und nimmt am Trauerzug für den getöteten Polizisten Maximilian Stoppa teil.
Der Tod des Polizisten und die Trauer seiner Kollegen und vieler Feuerwehrleute ging Uwe Thiede sehr nahe. Bildrechte: Kathrin König

Dieser Anblick geht durch Mark und Bein. Es könnten ja wir alle sein.

Uwe Thiede Malteser Hilfsdienst

Das findet auch ein guter Freund des getöteten Maximilian Stoppa. "Wir Polizisten geben unser Leben für die Allgemeinheit." Das werde viel zu oft vergessen. Mit einer weißen Rose im kleinen Handstrauß geht er an den vielen Besuchern vorbei hin zur Kirche. "Die Anteilnahme ist wirklich enorm und berührt uns sehr", sagt der Familienfreund.

In der Kreuzkirche blicken alle auf das schwarz-weiße Porträtfoto von Maximilian Stoppa im Großformat. Davor ein großes Herz aus roten Rosen, Blumen, Kränze. Das Bild verliert sich fast im weiten Altarraum, in dem noch links und rechts geschmückte Tannenbäume leuchten. Weihnachten endet erst in fünf Tagen zu Lichtmess.

Trauerfeier für getöteten Polizisten in Dresden
Ein besonderer Trauergottesdienst in der Kreuzkirche in Dresden mit Hunderten Uniformierten, Applaus und tiefer Stille. Bildrechte: MDR/Kathrin König

Abschied von aufrichtigem Menschen

Polizeipfarrer Matthias Große dankt der Familie, dass sie den Abschied öffentlich möglich gemacht hat und so viele dabei sein können. In seinem Gedenken beschreibt er Maximilian Stoppa als selbstlosen, aufrichtigen und zielstrebigen Mann, der schon als Junge bei der Jugendfeuerwehr im Einsatz war. "Ein Mensch, auf den sich die Familie verlassen konnte, ein Mensch, der offen und geradeaus war." Und dann fragt Große, was der Familie in all ihrer Trauer Trost geben könnte, was Halt für die drei Jahre alte Tochter, die ohne ihren Papa aufwachsen wird?

Wir alle vermissen Maximilian. Er fehlt uns.

Armin Schuster Sächsischer Innenminister (CDU)

Auch Innenminister Schuster versucht Trost zu spenden

Innenminister Armin Schuster (CDU) erinnert sich an ein Gespräch mit dem Beamten. "Er war ein wichtiger Teil dieser Fahndungsgruppe und sehr stolz auf seine Arbeit im Kampf gegen jegliche Form von Kriminalität." Der Angriff des Autofahrers in Lauchhammer zeige schmerzhaft, "welche Risiken dieser Beruf mit sich bringt". Bevor Schuster, der früher auch Polizist war, vor der Urne des Toten salutiert, verspricht er den Angehörigen: "Wir wollen Ihnen Trost spenden, so gut wir es können."

Ans Fahndungsteam des getöteten Beamten und an alle Kollegen, die Maximilian Stoppa kannten, richtet Landespolizeipräsident Jörg Kubiessa seine Worte. Er bittet sie, nicht an ihrer Arbeit zu zweifeln. Und: "Ich bitte Sie, versuchen Sie weiterzuleben. Wir geben uns gegenseitig Halt."

Wir geben uns gegenseitig Halt, damit niemand zusammenbricht oder fällt.

Jörg Kubiessa sächsischer Polizeipräsident

Alexander Dierks (2.v.l-r), Landtagspräsident von Sachsen, Armin Schuster (CDU), Innenminister in Sachsen, und Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, nehmen an einem Trauermarsch der sächsischen Polizei für den vor drei Wochen im Dienst getöteten Polizisten Maximilian Stoppa teil.
Sachsens Landtagspräsident Alexander Dierks (2.v.li.), Innenminister Armin Schuster (CDU. 3. v. li.) und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nahmen am Trauermarsch der sächsischen Polizei teil. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Applaus mitten im Gedenkgottesdienst

Trost spricht aber auch die Familie den anwesenden Polizisten und Einsatzkräften zu. Maximilian Stoppas Halbbruder dankt ihnen, dass sie sich für das Wohl anderer einsetzen. "Ihr leistet gute Arbeit. Es ist eine Schande, wie Eure Arbeit von manchen runtergemacht wird." Nach seiner laut gesprochenen Aufforderung: "Lasst Euch davon nicht unterkriegen", applaudieren ihm die Zuhörenden lange.

Kollegen von getötetem Polizisten nehmen bei Gedenkgottesdienst Abschied 1 min
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Oberkommissar Maximilian S. wurde bei einer Fahndung nach Autodieben Anfang Januar getötet. Am Dienstag fand ein Trauerzug und Gedenkgottesdienst für ihn statt.

MDR FERNSEHEN Di 28.01.2025 14:58Uhr 00:27 min

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Stille und Hoffnungen der Kollegen

Im Kontrast dazu das Abschiednehmen: Tiefe Stille auf allen Emporen und in den Bankreihen. Nach gut 90 Minuten läuten die Bronzeglocken zum Ausgang. Da ist das Lied der Band Keimzeit, "Kling Klang", dass das Bläserquintett des Polizeiorchesters Sachsen voller Hingabe gespielt hatte, seit einigen Minuten verklungen.

Mehr als 1.000 Polizeibeamte und Feuerwehrleute gehen in den Regen hinaus, zurück in ihren Alltag. "Kling, Klang (…) die Straßen entlang", wie im Lied, dass Maximilian Stoppa und seiner Partnerin so viel bedeutet hatte. Draußen blickt der Dresdner Polizist Paul Wollermann in den Regen: "Ich denke, das Wetter beschreibt die Gemüter der Kollegen ganz gut, die Trauer. Man muss sich jetzt die Zeit nehmen. Aber nach vielen Wolken folgt auch wieder Sonnenschein." Seinem alten Kollegen Max vom Polizeirevier West wünscht er, dass "er da, wo er jetzt ist, etwas Schönes erlebt und auf seine Familie guckt und sie beschützt. Und uns vielleicht auch alle."

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 28. Januar 2025 | 19:00 Uhr

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