Autoindustrie Sparmaßnahmen: Sächsische Automobilzulieferer unter Druck
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30. Januar 2025, 10:58 Uhr
Wegen der Krise in Europas Autoindustrie berät die Politik inzwischen regelmäßig über mögliche Hilfen. Heute nun treffen sich die Konzernchefs mit der EU-Kommission. Es dürfte um die Förderung von Elektromobilität gehen, um Zölle auf chinesische Autos und um Strafen, falls CO2-Ziele nicht eingehalten werden. In der Automobilregion Zwickau zeichnet sich immer deutlicher ab: Die Sparmaßnahmen bei Volkswagen werden am Ende vor allem die Zulieferer spüren – und zigtausende Jobs könnten verschwinden.
- Bei Volkswagen in Zwickau sollen etwa 50 Prozent weniger Fahrzeuge produziert werden.
- Viele Zulieferer in der Automobilbranche fürchten den Verlust von Arbeitsplätzen.
Andreas Ebert leitet einen klassischen Autozulieferer. Er stellt für sächsische Fahrzeugbauer Werkzeuge her. Außerdem liefert seine Firma Wesko Stecker für elektrische Bauteile. Und sie bietet Prüfgeräte an, um die Verkabelung in einem Auto zu testen. Für den Zulieferer im sächsischen Stollberg ging es viele Jahre bergauf. Doch die Sparmaßnahmen bei Volkswagen, sagt Ebert, spürten auch er und seine 120 Beschäftigten. Auch bei ihren Zulieferern im Bereich der Cockpits und Sitze sei ein Rückgang bemerkbar, daraus folge ein Umsatzverlust im Geschäftsfeld der Prüftechnik. Auch Projekte zur Kompensation der Ausfälle seien nicht nahtlos verfügbar.
Volkswagen: Über 50 Prozent weniger Fahrzeuge in Zwickau geplant
So wie Ebert geht es vielen Zulieferern, die dem Zwickauer Volkswagen-Werk direkt oder indirekt zuarbeiten. Doch die wenigsten reden öffentlich. Fast alle sind abhängig von Aufträgen und Wohlwollen des Autokonzerns. Dessen Sparmaßnahmen seien drastisch, sagt Dirk Vogel vom Netzwerk der Autozulieferer Sachsen.
Alle Zwickauer Volkswagen-Modelle sollen künftig an anderen Standorten gefertigt werden. Aktuell werden dort 200.000 bis 230.000 Fahrzeuge hergestellt. Falls nur noch der Audi produziert werde, seien es nur noch etwas mehr als 100.000 Fahrzeuge – vorausgesetzt, dass es 2027 noch so viele Abnehmer gebe. Unterm Strich belaufe sich der Verlust auf über 50 Prozent der Stückzahlen, die nicht mehr gebaut würden.
Zulieferer: Verlust von Arbeitsplätzen droht
Für die eigenen, unbefristet Angestellten hat Volkswagen mit der Gewerkschaft eine Beschäftigungsgarantie vereinbart. Doch Dirk Vogel hat Zweifel, dass diese sich halten lässt. Für die Zwickauer Region rechnet der Netzwerkchef mit dem Verlust von Arbeitsplätzen – vor allem bei den Zulieferern: "Wir gehen insgesamt von bis zu 20.000 Beschäftigten aus. Diese Zahl ist sehr groß, lässt sich relativ schnell herleiten. Wir haben allein in der Region Westsachsen über 50.000 Beschäftigte in der Branche. Die hängen nicht alle am Automobil, aber das geht dann im Prinzip in die Region, bis zu denen, die vielleicht bei dem einen oder anderen Zulieferer die Kantine betreiben."
Zu den indirekt Betroffenen könnte auch Hans Ulrich Richter gehören. Seine Firma Richter & Heß stellt in Meerane Verpackungen aus Wellpappe für die Autobranche her. Richter sagt, mit dem Gelenkwellenwerk Mosel habe schon vor der VW-Krise ein wichtiger Zulieferer die Region verlassen. Wenn auch Volkswagen in Sachsen immer weiter schrumpfe, würden auch immer mehr andere Unternehmen wegziehen. "Die Lieferung von Verpackungen ist wirklich eine regionale Angelegenheit. Man kann Wellpappverpackungen nicht über große Entfernungen effektiv liefern."
Bleibt die Frage, wie die zuständige Gewerkschaft die Situation bei den Zulieferern einschätzt. Kann die IG Metall etwas für die Beschäftigten tun? Eine erste Interviewanfrage zum Thema lehnt die Gewerkschaft aus Zeitgründen ab, die zweite lässt sie ebenso unbeantwortet wie die telefonische Bitte um einen Rückruf. Vielleicht zeigt das, wie groß die Ratlosigkeit in der Region nach dem Sparpaket von Volkswagen ist.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. Januar 2025 | 06:12 Uhr