Landgericht Dresden Prozess um Juwelendiebstahl verzögert sich auf unbestimmte Zeit

20. Januar 2023, 20:57 Uhr

Nachdem am Dienstag bereits die ersten drei Angeklagten im Prozess um den Einbruch in das Grüne Gewölbe ihr Schweigen gebrochen haben, wurden am Freitag die Geständnisse zweier weiterer Angeklagter verlesen. Diese sind Teil eines Deals zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Dieser drohte zunächst zu platzen. Nun verzögert sich der Prozess auf unbestimmte Zeit.

Der Prozess um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe wird sich auf unbestimmte Zeit verzögern. Grund dafür ist die Ankündigung der Verteidiger vor dem Landgericht Dresden am Freitag, Rückfragen an die Angeklagten nur schriftlich entgegenzunehmen und sich danach mit den Mandanten besprechen zu wollen. Die Antworten werden damit erst zum folgenden Prozesstag vorliegen.

Kammer erarbeitet jetzt Fragenkatalog

Die Kammer will nun bis zum 27. Januar einen Fragenkatalog erarbeiten. Der Prozesstermin am 24. Januar entfällt. Danach sind noch zwei Termine Anfang Februar vorgesehen. Nach einer Pause geht die Verhandlung laut dem Vorsitzenden Richter Andreas Ziegel dann erst am 20. Februar weiter. Es gebe Terminprobleme bei den Anwälten.

Über die Ankündigung der Anwälte Fragen zu den Geständnissen von Jugendkammer und Staatsanwaltschaft nur noch schriftlich entgegenzunehmen und die Antworten mit ihren Mandanten vorbereiten zu wollen, zeigte sich die Kammer verwundert. Sie war nach eigenen Angaben bisher davon ausgegangen, dass Rückfragen weitestgehend sofort im Gerichtssaal beantwortet werden. "So wie es üblich ist", sagte ein Sprecher.

Staatsanwaltschaft kritisiert Vorgehen

Die Staatsanwaltschaft sah den Vorschlag der Verteidiger kritisch: "Der Wert einer schriftlich vorbereiteten Erklärung ist fragwürdig", hieß es. Die Erklärungen sind aber laut Gericht Teil einer Vereinbarung zwischen der Anklage und der Verteidigung, die mildere Strafen für die Angeklagten im Gegenzug für glaubwürdige Geständnisse vorsieht. Gerichtssprecher Andreas Feron nannte es zunächst unklar, ob der Deal überhaupt geschlossen wird. Nun verzögert sich der Prozess. Die Staatsanwaltschaft habe bereits signalisiert, sehr viele Fragen zu haben, so das Gericht.

Zwei weitere Angeklagte geben Erklärungen ab

Am Vormittag war der Prozess um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe fortgesetzt worden. Zu Beginn des Prozesstags hatten sich zwei weitere Angeklagte erklärt. Ein 26-Jähriger gab am Freitag zu, an dem Einbruch beteiligt gewesen zu sein. "Ich räume ein, zum Tatzeitpunkt dort gewesen zu sein", so der Ältere der Beiden. Er habe auch die Mauer überstiegen, dann aber vor dem Fenster gewartet und "Schmiere" gestanden. Sein Auftrag sei gewesen, das Diebesgut entgegenzunehmen.

Ein 23-Jähriger gestand, unter anderem die Äxte zum Aufbrechen der Vitrine besorgt zu haben. "Ich war in Dresden nicht dabei", verlas der Verteidiger des 23-Jährigen. Auch mit der Planung der Tat habe er nichts zu tun gehabt.

Erste Geständnisse am Dienstag

Bereits am Dienstag hatten drei der sechs angeklagten Männer zwischen 23 und 29 Jahren erstmals ausgesagt, dass sie an dem Juwelendiebstahl beteiligt waren. Die Erklärungen sind laut Gericht Teil der Vereinbarung zwischen der Anklage und der Verteidigung, die mildere Strafen im Gegenzug für glaubwürdige Geständnisse vorsieht. Ob ein Deal letzten Endes greifen wird, sei von den Aussagen der Angeklagten abhängig, hieß es. Einer der Angeklagten ließ über seinen Anwalt bekannt geben, er wolle sich nicht an der Verständigung beteiligen.

Anklage wegen schweren Bandendiebstahls

Die Männer aus Berlin sind wegen schweren Bandendiebstahls und schwerer Brandstiftung angeklagt. Sie sollen am 25. November 2019 aus dem Grünen Gewölbe in Dresden Schmuckstücke im Wert von mehr als 113 Millionen Euro gestohlen haben.

Geständnisse zeigen Details zu Planung und Ablauf

Bei den Geständnissen am Dienstag kamen zahlreiche Details der Tat ans Licht. Unter anderem zur Vorbereitung und zum Ablauf:

  • Mehrere Beschuldigte gestanden übereinstimmend, das Dresdner Residenzschloss und insbesondere das Einstiegsfenster mehrfach ausgespäht zu haben. Dabei sei ihnen aufgefallen, dass die Zwischentüren im Grünen Gewölbe nie geschlossen wurden. Auch die Fassadenscanner am Schloss seien trotz vieler Tests nie angesprungen.
  • Das Gitter vor dem Fenster wurde vor der Tatnacht zerschnitten. Der 26 Jahre alte Angeklagte Wissam Remmo gab zu, die Stäbe mit einer Rettungsschere zertrennt zu haben. Die Schnittstellen habe man mit Kreppband und Farbe kaschiert. Aufgefallen sei das niemandem.
  • Rabieh Remo (29) gestand, die Vitrine mit den Schmuckstücken mit einer Axt zerschlagen zu haben. Er sei als "kräftig genug dafür" ausgewählt worden. Er wisse nicht, was mit den gestohlenen Stücken passiert sei.
  • Sowohl Rabieh Remo als auch ein 23 Jahre alter dritter Beschuldigter berichteten, dass das Fluchtfahrzeug ursprünglich vor der Tiefgarage hätte angezündet werden sollen. Als die Beschuldigten nach der Tat allerdings an der Tiefgarage ankamen, sei zufällig ein Auto herausgefahren. Dadurch stand das Rolltor offen und man habe sich entschlossen, den Wagen im Inneren anzuzünden, um Spuren zu verwischen.
  • Wissam und der 23-Jährige baten am Ende ihrer Geständnisse um Entschuldigung. Dass die Schmuckstücke einen "so hohen ideellen Wert haben", habe er nicht gewusst, sagte Wissam Remmo. Er sei froh, dass niemand durch den Brand schwer verletzt wurde.

MDR (ben)/epd/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 20. Januar 2023 | 07:00 Uhr

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