Zwei Schülerinnen sitzen an einer Schulbank. Die rechte Schülerin hat eine VR-Brille auf. Ihre Sitznachbarin fragt sie etwas.
Helena Bahrmann (re.) und Kimberly Kiel wollen die Verdauungsorgane des Menschen bestimmen. Mit Hilfe der VR-Brille kann sich Helena jedes Teil genau ansehen und ihrer Banknachbarin beschreiben, die auf dem Lernblatt Notizen machen soll. Bildrechte: Kathrin König

Digitales Lernen Wissen macht Oh: Schüler aus Plauen tauchen in virtuelle Welten ab

29. März 2025, 17:00 Uhr

Zuerst hatten Nerds ihren Spaß beim Abtauchen in virtuelle Spielewelten. Doch virtuelle Realitäten werden mittlerweile vielfältig fürs Lernen und Ausbilden genutzt. Eine Ahnung davon, was mit VR-Brillen und pädagogischer Anleitung möglich ist, bekommt man im Schülerlabor der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Dort haben schon Tausende Schüler Lerntage außerhalb der Schule voller Aha-Effekte erlebt. Das wollte eine Gruppe Zehntklässler aus Plauen auch.

"Huch, das Gehirn ist runtergefallen", ruft Yannik Weidauer und bewegt den rechten Controller in der Luft. Sein Sitznachbar Konrad Hoffmann lacht. "Krass. Du solltest auf keinen Fall Arzt werden." Inzwischen hat Yannik das Teil vom Boden in seiner virtuellen Welt wieder aufgehoben und sucht das Kleinhirn im Schädel seiner Figur, die nur er via VR-Brille sieht.

Brillen auf für Lektionen ohne Lehrer

Auf jeden Fall Ärztin werden will dagegen Helena Bahrmann. Die 16-Jährige aus Plauen sitzt zwei Tische von den "Gehirnforschern" entfernt und erkundet virtuell die Verdauungsorgane einer Figur. Anatomie mit der VR-Brille findet sie "bis jetzt cool". Sie hofft, dass sie mit dem Eintauchen ins Virtuelle auch mehr Zusammenhänge erkennt, die mit einer App oder dem Lehrbuch nicht so deutlich zu sehen seien.

Ich gucke einfach, habe mir nichts vorher vorgestellt.

Kimberly Kiel Schülerin der 10. Klasse aus Plauen

"Und? Wo ist jetzt der Zwölffingerdarm", fragt ihre Nachbarin Kimberly Kiel, die analog auf einem Merkblatt die Organe markieren soll, die Helena erkundet.

Schülerin mit VR-Brille 3 min
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MDR SACHSENSPIEGEL Di 25.03.2025 19:00Uhr 02:33 min

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Lerntag außerhalb der Schule

Die Schülerinnen des Diesterweggymnasiums Plauen sind mit knapp 20 Lernwilligen zum Projekttag im Schülerlabor der Westsächsischen Hochschule Zwickau gekommen. Weil sie das naturwissenschaftliche Profil belegt haben, hat ihre Biologie- und Chemielehrerin Annett Scholz den Ausflug organisiert. "Es soll ein Lerntag außerhalb der Schule sein, bei dem sie hoffentlich viel mitnehmen", sagt die Lehrerin. Sie hofft, dass ihre Schüler mit dem Eintauchen ins Virtuelle auch mehr Zusammenhänge erkennen, die mit einer App oder dem Lehrbuch nicht so deutlich seien.

Neben dem Spaß will Informatikprofessor Sven Hellbach mit dem Pädagogen-Team im Schülerlabor vor allem zeigen, welche Lernmöglichkeiten VR-Welten bieten können. Junge Leute gehen nach seiner Erfahrung sehr offen damit um. Sein Anspruch: Sie über Chancen und Risiken informieren.

Eine junge Frau trägt eine VR-Brille 4 min
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Dieses Mal stellt Alexander Schubert sogenannte VR-Brillen vor. Was diese Brillen können, was man mit ihnen alles erleben kann und was sie auch in der Schule könen, hören Sie hier.

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Fr 03.01.2025 10:10Uhr 04:26 min

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Skepsis und wenige Erfahrungen

Zur Einführung hatte der Professor in teils skeptische Gesichter geblickt. Einige der Schüler aus dem Vogtland haben schon mit VR-Brillen im Elektronikmarkt gespielt oder bei Museumsbesuchen genutzt. Kimberly Kiel ist eher skeptisch. Sie hatte im Museum so eine Brille ausprobiert. "Dann habe ich Kopfschmerzen bekommen." Das "richtige Museum" sei ihr dann doch lieber gewesen.

Der Skepsis begegnet Sven Hellbach mit Selbstironie. "Jetzt muss ich alter Mann ein wenig von früher erzählen", sagt er und hält sein Smartphone hoch. Als er so alt war wie die Zehntklässler vor ihm, hätte er nie geglaubt, dass schnurlose Telefone den Alltag der Menschen so beeinflussen, dass sie die Geräte immerzu griffbereit hätten.

ein Dozent steht vor einer Schülerklasse und hält einen Vortrag.
Informatik-Professor Sven Hellbach versucht im Schülerlabor der Westsächsischen Hochschule Zwickau junge Leute für Technik zu begeistern. Mehr als 3.000 Schülerinnen ud Schüler waren seit Mitte 2023 dort, um digitale Technik fürs Lernen auszuprobieren. Bildrechte: Kathrin König

Neue Welten, ohne Klassenzimmer zu verlassen

Er wirbt dafür, dass virtuelle Welten mehr zu bieten hätten, als Spaß für Gamer-Nerds. "Das Eintauchen ins Virtuelle lässt sich überall anwenden, wo es um Ausbildung und Schulungen geht." Hellbach verweist auf Flugsimulatoren, die für die Pilotenausbildung auch nichts anderes seien.

Man kann mit VR im Kunstunterricht den Louvre besuchen ohne das Klassenzimmer zu verlassen oder ägyptische Monumente ansehen. Jeder kann rein, auch wer sich das sonst nicht leisten kann.

Sven Hellbach Prof. und Dr.-Ing für Informatik und Intelligente Systeme

Die 16-Jährigen lernen neben Anatomie für Biologie in einer Geschichtslektion das Versteck des jüdischen Mädchens Anne Frank kennen. Sie betreten den Verschlag virtuell und hören dazu Texte aus dem Tagebuch, das Anne Frank im Versteck geschrieben hatte vor ihrer Ermordung im KZ durch die Nationalsozialisten. In anderen Lernbereichen können sie wie Grafiker oder Künstler malen, in Rennsimulatoren fahren und Spiele ausprobieren.

Lehrerinn Annett Scholz steht an einem kasten voll Sand, anhand dessen und mit Hilfe eines Projektors die Höhenprofilee der Welt dargestellt werden können.
"Schon toll, was heute alles möglich ist", sagt die Bio- und Chemielehrerin Annett Scholz und häuft in einem Kasten Sand auf. Mittels Projektorlicht und Animationen werden so Höhenprofile der Erde dargestellt. Die Pädagogin glaubt nicht, dass Technik den Lehrer vor der Klasse ersetzen wird, der einordnet, erklärt und die Schüler kennt. Bildrechte: Kathrin König

Nachbereitung mit Debatte zu Für und Wider

Zum Konzept des Schülerlabors gehört auch, dass die Lehrerschaft Infos zur Nachbereitung erhält. "Im Unterricht sollen die Schüler diskutieren, ob VR gut ist oder nicht und was beachtet werden muss.", erklärt Hellbach. Und über die Suchtfaktoren für jüngere Schüler müsse auch geredet werden.

Die virtuelle Realität ist ein Hilfsmittel für den Lehrer, um Sachen zugänglich zu machen.

Sven Hellbach Pädagogischer Berater des Schülerlabors der Westsäch. Hochschule Zwickau

Schülerin Helena Bahrmann, die Medizin studieren will, hat die Anatomie-Erkundung am meisten Spaß gemacht. "Das war gut, man sieht viel mehr." Auch Kimberly Kiel findet es eine gute Lernmöglichkeit, "aber bisschen gewöhnungsbedürftig".

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 25. März 2025 | 19:00 Uhr

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