Theater in Not Warum sechs Theatern in Sachsen 2025 das Aus droht
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07. Dezember 2024, 03:00 Uhr
Not am Theater – das ist kein neues Thema, doch in der aktuellen politischen Lage in Sachsen besonders brisant. Diese Woche meldete auch das Theater in Plauen-Zwickau, die Zukunft des Hauses sei ungewiss. Noch mehr Sparen ist bei vielen Häusern nicht mehr drin. Was sind die entscheidenden Faktoren, wenn es um das Überleben von den sächsischen Theatern geht?
- Sechs Theater in Sachsen sind aus finanziellen Gründen akut bedroht.
- Der Bühnenverein fordert Gesetzesänderungen.
- Für alle Häuser wird das Jahr 2025 entscheidend.
"Wir sind an einem Punkt angelangt, wo das Minimum erreicht ist" – so beschreibt Sandra Kaiser, Geschäftsführerin des Theaters Plauen-Zwickau, die Sparmaßnahmen ihres Hauses. Es begann mit der Fusionierung im Jahr 2000, nun stehen ganz andere Einschnitte an. "Wir werden sicherlich im Umfang des Angebotes einschränken müssen", sagte Kaiser MDR KULTUR. Sogar über eine reine Bespielung des Hauses ohne eigene Produktionen wurde schon diskutiert. Die Geschäftsführerin will das aber vermeiden, genauso wie einen Stellenabbau. Sie hofft, dass die finanziellen Mittel wieder besser werden. Nur: Wie?
Sechs Theater und die Sächsische Philharmonie stehen vor dem Aus
Das Thater Plauen-Zwickau ist kein Einzelfall. Auf Anfrage von MDR KULTUR gab der sächsische Bühnenverein an, dass auch die Theater in Freiberg-Döbeln, Annaberg-Buchholz, Bautzen, Görlitz-Zittau, die Sächsische Bläserphilharmonie und sogar das Theater Chemnitz 2025 vor dem finanziellen Aus stünden. Jenseits von Inflation und Energiepreisen sind vor allem die gestiegenen Personalkosten ein entscheidender Faktor an den Häusern. So auch in Plauen. "Wir haben zwar einen festen Finanzierungsvertrag mit unseren Trägern", sagt Sandra Kaiser. "Dort sind die Zuschüsse aber gedeckt, und besonders Personalkosten-Aufwüchse finden keine Berücksichtigung. Und so war das eigentlich absehbar, dass mit jeder Tarifsteigerung Kostensteigerungen auf das Haus zukommen, die das Haus dann selber tragen muss."
Mit jeder Tarifsteigerung kommen Kostensteigerungen, die das Haus selber tragen muss.
In den vergangenen Jahren wurde darauf immer wieder mit Stellenabbau oder Haustarifverträgen reagiert – also eigens festgesetzte Lohnstandards. Nun sind die Tarife soweit gestiegen, dass es finanziell nicht mehr weitergeht. Was also Sicherheit auf Seiten des Ensembles bedeuten soll, sorgt für Stress in den Häusern – vor allem bei denen, die als GmbH organisiert sind und entsprechend nicht den Rückhalt einer städtischen Trägerschaft haben. An dieser Stelle soll das in Sachsen geltende Kulturraumgesetz greifen – durch das Land und Kommunen paritätitsch die Kultur fördern. Doch das sei ungenügend, meint der Landesverband des Bühnenvereins.
Kritik am Kulturraumgesetz
"Es muss eine gesetzlich festgeschriebene Dynamisierung der Mittel ins Kulturraumgesetz", verlangt der neue Vorsitzende des sächsischen Bühnenvereins, Daniel Morgenroth. Er ist zugleich Intendant am Theater Görlitz-Zittau, das ebenfalls bedroht ist. "Es kann nicht sein, dass im Kulturraumgesetz die Mittel immer gleich bleiben und man sich in Verteilungskämpfen arrangiert." Deswegen fordert er eine im Gesetz festgelegte Förderung der bedrohten Häuser in Sachsen. "Sonst ist nicht sichergestellt, dass die Mittel dort ankommen." Eine verlässliche Förderung durch das Kulturraumgesetz könnte den Theatern Planungssicherheit verschaffen.
Es kann nicht sein, dass man sich in Verteilungskämpfen arrangiert.
Die Gesetzesänderung, die Daniel Morgenroth vorschlägt, könnte im kommenden Jahr berücksichtigt werden. Denn dann soll das Kulturraumgesetz reformiert werden – und in neuer Form ab 1. Januar 2026 in Kraft treten. Zu spät also für die Theater in Plauen-Zwickau und andernorts. Wie viel Zeit ihnen noch bleibt? Ungewiss, meint der Chef des Bühnenvereins.
Ob früher oder später: 2025 wird entscheidend für die Theater
Wie lange sich die Häuser noch über Wasser halten können, sei unterschiedlich – je nach ihrer Organisation, Finanzierungszusagen und eventuellen Rücklagen. Auch am Theater Görlitz-Zittau evaluiere man gerade, sagt Morgenroth, wie viele Monate es mit dem derzeitigen Budget noch funktioniert: "In Görlitz zum Beispiel ist es so, dass der Landkreis überhaupt kein Geld hat und gerade selber unter einem Haushaltsstrukturkonzept steht und schon die laufenden Ausgaben für Pflichtaufgaben nicht decken kann." Und Kultur ist Pflichtaufgabe. Zumindest theoretisch.
Auch wenn die Situation von Haus zu Haus sehr unterschiedlich ist: Für alle sächsischen Theater wird das kommende Jahr laut Bühnenverein entscheidend. Bis zur Reform des Kulturraumgesetzes könnte eine Verlängerung des Hilfspakets die Lage entschärfen: In den vergangenen zwei Jahren hatte es vom Land insgesamt 4,6 Millionen Euro zusätzlich für die kommunalen Theater und Orchester gegeben.
Etwas Hoffnung macht dem Intendanten des Bühnenvereins auch der zustandegekommene Koalitionsvertrag, auch wenn der noch vage ist. Von einer Dynamisierung der Gelder etwa ist noch nicht konkret die Rede. "Wir hatten bisher traditionell bei der Landesregierung ein sehr offenes Ohr für Kultur", so Morgenroth. "Doch wie es sich am Ende ausgestaltet, muss man jetzt konkret sehen." Der Haushalt soll ab Januar im Landtag diskutiert werden – ein Beschluss wird erst im Sommer erwartet. Das Bangen der sächsischen Theater hält demnach auch darüber hinaus an.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 06. Dezember 2024 | 16:10 Uhr