EU-Pläne Markneukirchen: Instrumentenbauer sehen ihre Zukunft bedroht
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26. April 2024, 04:00 Uhr
In Markneukirchen trifft sich am Wochenende der Bundesverband der Musikinstrumentenbauer. Neben Dauerthemen wie dem Fachkräftemangel sorgen die Betriebe sich vor allem wegen möglicher Materialverbote der EU, zum Beispiel bei der Bleiverwendung. Eine Instrumentenbauerin aus Markneukirchen sieht durch diese die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Instrumentenhandwerks in Gefahr.
- Bei der Jahrestagung der deutschen Instrumentenbauer in Markneukirchen geht es unter anderem um die Einführung neuer Blei-Grenzwerte in der EU.
- Die Betriebe befürchten, dass sich diese negativ auf ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit auswirken.
- Bei der Tagung wird außerdem über die Ausbildung und den Fachkräftemangel gesprochen, um weiterhin eine hohe Qualität gewährleisten zu können.
Wenn sich am Wochenende die Bundesinnung der Instrumentenbauer in Markneukirchen trifft, stehen mehrere dringliche Themen auf dem Programm. Kerstin Voigt ist stellvertretende Bundesinnungsmeisterin und führt in Markneukirchen den Betrieb "Instrumentenbau Jürgen Voigt" mit 43 Mitarbeitenden. Sie sorgt sich am meisten über eine Blei-Verordnung der Europäischen Union. Diese könne für ihren und andere Betriebe "existenzbedrohend" sein.
Blei-Grenzwert könnte Instrumentenhandwerk gefährden
Die EU will mit der Verordnung die Blei-Grenzwerte am Arbeitsplatz verringern. Dadurch sollen Gesundheitsgefährdungen vermieden werden. Bereits im vergangenen Jahr hatten Instrumentenbauer aus Markneukirchen gewarnt, dass dies einem Verbot von Arbeit mit Blei gleichkommen würde.
Auch der sächsische Wirtschaftsminister hatte sich damals dafür stark gemacht, die EU-Bleirichtlinie zu ändern, da sonst die "Existenz vieler Betriebe auf der Kippe" stünde. Sachsen konnte im Bundesrat darauf hinwirken, dass die EU-Kommission die Richtlinie nochmal prüft. Für Handwerksbetriebe solle es laut aktuellem Stand "keine relevanten Beschränkungen" geben, teilte das sächsische Wirtschaftsministerium auf Anfrage von MDR KULTUR mit.
Wirtschaftsministerium unterstützt Instrumentenbauer
Kerstin Voigt sieht die Gefahr nach wie vor nicht gebannt. Sie ärgert sich über die bisherigen Grenzwert-Vorstöße: "Es gibt keinerlei Untersuchungen, dass sich Musiker oder Instrumentenmacher, wenn sie sich an die Regeln halten, jemals an einem Instrument bleivergiftet hätten oder anderweitig zu Schaden gekommen wären."
Kerstin Voigt steht deshalb im engen Austausch mit dem sächsischen Wirtschaftsministerium. Dort kann man die Sorgen nachvollziehen und kritisiert die EU für ihre Pläne. Die EU sei "übers Ziel hinausgeschossen" und habe "die besonderen Belange von Handwerksbetrieben nicht ausreichend im Blick" gehabt, teilt das Ministerium mit.
Das sei "leider kein Einzelfall", so das Ministerium. Man müsse schauen, "dass die gesetzlichen Anforderungen auf das Notwendige beschränkt bleiben". Gerade Kleinbetriebe seien von die Richtlinien im Zweifel stärker getroffen.
Verband der Instrumentenbauer fürchtet Wettbewerbsnachteile
In ihrem eigenen Betrieb stellt Kerstin Voigt Blechblasinstrumente her. Als stellvertretende Bundesinnungsmeisterin ist sie aber auch etwa für Zupf- und Streichinstrumentenbauer zuständig. Auch dort sehe sie ein hohes Maß an politischer Regulation, zum Beispiel durch Entwaldungsverordnungen oder das Verbot tropischer Hölzer.
Als Instrumentenbauer seien sie "permanent von diesen Verboten von Materialien, von Legierungen, von Bestandteilen von Hölzern" betroffen. Dies könne im schlimmsten Fall zum "faktischen Berufsverbot führen", wenn man nicht einschreite.
Über den Bundesverband wollen Kerstin Voigt und ihre Kollegen weiter Lobbyarbeit betreiben, um diese Entwicklungen einzudämmen. Sie schauen dabei auch immer wieder auf die Konkurrenz aus Fernost.
Dort fertige man mittlerweile qualitativ hochwertige Instrumente, "aber unter ganz anderen Sicherheitsaspekten, die wir überhaupt nicht kontrollieren können", so Voigt. Dort spielten Materialverbote keine Rolle. Diese Voraussetzungen seien für die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Instrumentenhandwerks "ärgerlich und existenzbedrohend".
Instrumente aus Markneukirchen überzeugen durch Qualität
Ein Thema, das bei der Jahrestagung auch eine Rolle spielen wird, ist die Ausbildung und der Fachkräftemangel im Instrumentenbau. In ihrem Betrieb gebe es gerade drei Auszubildende, erzählt Kerstin Voigt und ergänzt: "Es ist schwierig, Leute fürs Handwerk zu gewinnen." Bei Instrumentenbau Voigt besteht die halbe Belegschaft aus Quereinsteigern. Nur so sei es nach wie vor möglich, Produkte herzustellen, "die weltmarktfähig sind".
Die Qualität aus Deutschland und insbesondere aus Markneukirchen sei weiterhin international gefragt, aber Kerstin Voigt ist sich der aktuellen Herausforderungen bewusst: "Das ist kein Ruhekissen!"
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 26. April 2024 | 12:10 Uhr