Kampf um Eisenbahnviadukt Abriss von historischer Bahnbrücke in Chemnitz vom Tisch?
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14. November 2016, 18:35 Uhr
Seit dem Frühjahr läuft das Planfeststellungsverfahren zum sogenannten Chemnitzer Bahnbogen. Die Deutsche Bahn will im Zuge einer Streckenmodernisierung mehrere Brücken durch Neubauten ersetzen – darunter auch die majestätische Stahlbogenbrücke über die Annaberger Straße. Dies löste massive Proteste aus. Die Landesdirektion prüfte die Eingaben. Nun soll es ein Treffen zwischen der Bahn und den Abrissgegnern geben. Mitstreiter für den Brückenerhalt setzen darin große Hoffnung.
Im Zusammenhang mit den hochumstrittenen Plänen zum Abriss des über 100 Jahre alten Chemnitztalviadukts setzen sich Deutsche Bahn und Abrissgegner noch einmal an einen Tisch. Mitte Dezember finde ein sogenannter Erörterungstermin in Chemnitz statt, teilte die Landesdirektion MDR SACHSEN mit. Bei dem Termin sollen noch einmal die Argumente beider Seiten gehört werden.
Gespräch entscheidend für Fortgang von Bauprojekt
Die Landesdirektion will sich bei der Erörterung ein abschließendes Bild machen. Die Behörde führt im Auftrag des Eisenbahnbundesamts das Planungsverfahren und muss eine Empfehlung abgeben, welche Bauvariante zu favorisieren ist. Das letzte Wort hat dann das Eisenbahnbundesamt.
Die Deutsche Bahn selbst hält sich bedeckt. Auf Anfrage von MDR SACHSEN teilte das Unternehmen mit, dass man dem momentan laufenden Abwägungsprozess nicht vorgreifen wolle. Die Bahn sei sich aber bewusst, dass das Chemnitztal-Viadukt ein besonders sensibler Aspekt bei der Modernisierung des Chemnitzer Bahnbogens sei und dass die Chemnitzer Bevölkerung eine sehr starke Bindung an das Brückenbauwerk habe. Deshalb begrüße man die leidenschaftliche Debatte zum Erhalt des Viadukts.
Dass der Erörterungstermin so spät kommt, sieht Frank Kotzerke vom Stadtforum Chemnitz als einer der Abrissgegner positiv: "Das ist ein gutes Zeichen! Das zeigt, dass viele Widersprüche geprüft wurden." Kotzerkes Informationen zufolge war die Rekordzahl von über 500 Einwänden bei der Landesdirektion eingegangen – die meisten von Einwohnern.
Zuversicht auf Einlenken
Wie Frank Kotzerke berichtet, war im Oktober der neue Konzernbeauftragte der Bahn für Sachsen, Eckart Fricke, in Chemnitz und hatte die Stahlbogenbrücke besichtigt. Er sei beeindruckt gewesen von dem Bauwerk, so Kotzerke. Auch habe Fricke erkannt, wie wichtig die Brücke der Stadt und den Chemnitzern sei.
Wir haben ein ganzes Stück mehr Hoffnung jetzt!
Der Chemnitzer SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef Müller sieht Zeichen für ein Umdenken bei der Deutschen Bahn. "Voriges Jahr hieß es noch: 'Das geht alles gar nicht!' Jetzt sieht es dagegen so aus, als dass eine Sanierung in Erwägung gezogen wird." Müller hatte sich zusammen mit anderen Chemnitzer Bundestagsabgeordneten in einem Brief an den Bahnvorstand und an die Landesdirektion Sachsen gewandt und darin den Erhalt der stadtbildprägenden Eisenbahnbrücke gefordert.
Knackpunkt Baukosten
Aufhänger für den Streit um das Viadukt über die Annaberger Straße waren die Kosten für die Ertüchtigung. Die Bahn gab an, dass eine Sanierung mit über 20 Millionen Euro zu Buche schlagen würde. Ein Neubau koste nur etwa halb so viel. Ein Expertengutachten im Auftrag der Stadt Chemnitz indes kam zu der Einschätzung, dass sich Sanierung und Neubau kostenmäßig die Waage halten würden.
Seitens des Stadtforums Chemnitz wird vermutet, dass es nicht wirklich ums Geld gehe, sondern vielmehr um eine Begründung der Kosten. Dies war vor wenigen Tagen auch in einem Artikel der Freien Presse zu lesen. Die Regionalzeitung mutmaßte zudem, dass die Bahn nach dem Erörterungstermin mit den Abrissgegnern im Dezember einlenken und ankündigen werde, auf den Abriss des Viadukts zu verzichten. Unter Berufung auf einen Insider hieß es: "Um Mehrkosten auch vor dem Geldgeber, der Bundesregierung, zu rechtfertigen, sei die 'Aufführung dieses Schauspiels wohl oder übel notwendig'."