Meinung zu Gast - Iris Mayer, Leitende Redakteurin "Süddeutsche Zeitung" zur Kulturhauptstadt Chemnitz
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"Meinung zu Gast" Bühne frei für Chemnitz

24. Januar 2025, 07:23 Uhr

Viele Gäste aus aller Welt bereits zur Eröffnung und ein gemeinsamer Spirit, der durch die Stadt zieht – "Meinung zu Gast"-Autorin Iris Mayer sieht im Kulturhauptstadt-Jahr die Chance auf mehr Miteinander. Unpolitisch ist das keinesfalls. Denn Politik fängt auch im Kleinen an, meint sie – und ohne Kultur funktioniere keine weltoffene und vielfältige Gesellschaft.

So gut gelaunt, so ansteckend heiter, so fröhlich wie am vergangenen Wochenende habe ich meine Heimatstadt Chemnitz noch nicht erlebt. Da feierten zehntausende Chemnitzer mit Gästen aus aller Welt den Beginn des Kulturhauptstadtjahres als wären es die Oscars. Und streng genommen ist es genau das: Chemnitz steht jetzt auf der großen Bühne, hat die Hauptrolle und die Regie in einem Stück, das zeigen soll, was Kultur schaffen kann, wenn die Zeiten rau sind.

Meinung zu Gast In der Rubrik "Meinung zu Gast" analysieren und kommentieren Medienschaffende aus Mitteldeutschland Transformations- und Veränderungsthemen: faktenbasiert, pointiert und regional verortet. Die Beiträge erscheinen freitags auf mdr.de und in der MDR AKTUELL App. Hören können Sie "Meinung zu Gast" dann jeweils am Sonntag im Nachrichtenradio MDR AKTUELL.

Im Kleinen Lösungen finden

Darum wird es in diesem Jahr gehen: Kultur soll Menschen verbinden – mit ihrer Stadt und miteinander. Sie soll zeigen, was möglich ist, wenn man sich gegenseitig die eigene Geschichte erzählt, sich für den Weg anderer interessiert und sich gemeinsam aufmacht, um neue Pfade zu finden. Zusammen etwas auf die Beine stellen, was allein nicht glücken will.

Kultur

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Die künstlerische Leiterin der Kulturhauptstadt 2024 (Bad Ischl) Elisabeth Schweeger (im Bild links), sagte MDR KULTUR, Chemnitz biete viele kulturelle Möglichkeiten. Bildrechte: MDR/Adam Beyer

Das passiert in einer Zeit, in der die schrillen Töne immer lauter werden. In einer Zeit, in der es nur noch darum zu gehen scheint, auf "die da oben" zu schimpfen, die es mal wieder nicht hinkriegen. In einer unübersichtlichen Welt voller Krisen, in der sich viele nach einfachen Antworten sehnen – aber immer weniger bereit sind, unbequeme Antworten zu akzeptieren oder selbst nach besseren zu suchen.

Iris Mayer, "Süddeutsche Zeitung"
Bildrechte: privat

Iris Mayer Iris Mayer ist leitende Redakteurin der Süddeutschen Zeitung. In der Reihe "Meinung zu Gast" schreibt sie beim MDR zu aktuellen gesellschaftlichen Themen.

Um so wichtiger ist es, dass die Kulturhauptstadt in diesem Jahr ein Forum bietet, im vermeintlich Kleinen Lösungen zu finden, die für das große Ganze taugen könnten. Da tanzen Nachbarn zusammen Tango, da öffnen Bastler ihre Garagen und da bekochen Menschen ihre Gäste, die noch nicht so lange Chemnitzer sind wie andere, aber inzwischen genauso dazugehören.

Kultur gegen den Rechtsextremismus seit 2018

Natürlich kann man kritisieren, dies sei nicht politisch genug. Aber fängt nicht Politik genau da an, im Kleinen, im Miteinander, im Machen? Und war es nach den rechtsradikalen Ausschreitungen 2018 in Chemnitz nicht auch die Kultur, die eine angemessene Antwort fand, als namhafte Künstler das große Konzert organisierten unter dem Schlagwort #wirsindmehr? Seitdem feiert Chemnitz jedes Jahr das Kosmos-Festival, auch in diesem Sommer wieder.

Davon werden Wahlergebnisse von Rechtsextremisten nicht zwangsläufig kleiner, aber es zeigt allen anderen, dass sie noch nicht in der Minderheit sind. Und dass es sich lohnt, für eine vielfältige und offene Gesellschaft die Stimme zu erheben. Und dass es wirklich notwendig ist.

Die Neuauflage des kostenlosen Kosmos -Festivals lockte Tausende Besucher nach Chemnitz. 4 min
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Am 8. Juni wird in Chemnitz wieder das Kosmos-Festival gefeiert. Der Eintritt ist frei, es werden zehntausende Besucherinnen und Besucher erwartet. Mittags geht es los, bis in die Nacht hinein. Mehr von Grit Krause.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 07.06.2024 14:19Uhr 03:56 min

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Auf nach Chemnitz!

Die große Eröffnungsshow in Chemnitz war so erfrischend selbstironisch und lässig, dass jeder spüren konnte, dass Kultur unverzichtbar ist, um eine Gesellschaft beieinander zu halten. Und darum geht es doch: Zusammenbleiben, wenn die Fliehkräfte so groß werden, dass man meint, es flöge alles auseinander. Denn der Staat, die Gesellschaft, das sind ja nicht "die da oben", das sind alle. Und wenn das ein Gemeinschaftsprojekt bleiben soll und kein Kampf jeder gegen jeden – dann sind auch alle gefragt.

Gerhard Gundermann hat es gedichtet, Alexander Scheer und Andreas Dresen haben es mit der wogenden Menschenmasse über den Chemnitzer Neumarkt geschmettert: "Aber alle oder keiner". Na dann, mal alle los! Auf nach Chemnitz!

Redaktioneller Hinweis Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des Autors oder der Autorin wieder und nicht die der Redaktion.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 26. Januar 2025 | 09:35 Uhr

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