Kulturhauptstadt 2025 Der Koffer bleibt hier: Jüdische Kunstperspektiven in Mittweida
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16. September 2022, 18:51 Uhr
Unter dem Motto "Die dritte Generation. Deutschland: Neue Heimat?" gibt es in Mittweida am Freitag und Sonnabend verschiedene Veranstaltungen zum modernen, jüdischen Leben. Den Auftakt macht am Freitag ein Treffen jüdischer Künstlerinnern und Künstler in der Hochschule Mittweida. Dabei geht es auch um die Pläne für den Purple Path der Kulturhauptstadt 2025.
Nach einem Rückblick auf die jüdische Geschichte der Stadt und der Hochschule Mittweida ist am Freitag das Projekt "Die dritte Generation: Der Koffer bleibt hier" vorgestellt worden. Die Ausstellung ist ein Teil des sogenannten Purple Path, eines Kunst- und Skulpturenparcours zur Kulturhauptstadt Europas 2025.
Geplant sind 20 Stelen, entworfen von Bildhauer und Architekt Jeffrey James, deren Inhalt von 20 verschiedenen jüdischen Künstlerinnen und Künstlern gestaltet werden soll. "Es wird dann eine Art Freiluftmuseum", erklärt Fotograf Benyamin Reich. Die verschiedenen Künstler sollen die Bandbreite von modernen jüdischen Identitäten zeigen. "Juden sind nicht nur Zionisten oder verknüpft mit der Shoa", sagt Reich. "Juden sind Menschen wie alle anderen." In Deutschland seien Juden oft nur im geschichtlichen Kontext sichtbar.
Juden sind nicht nur Zionisten oder verknüpft mit der Shoa. Juden sind Menschen wie alle anderen.
Stelen aus Beton als Vitrinen für das Freiluftmuseum
Die Stelen selbst sollen aus Beton gemacht werden. "Die Skulpturen sollen stabil aber transportabel sein", erklärt Architekt Jeffrey James. Er kennt sich mit Projekten mit Sicherheitsaspekten aus und sieht das als Grund, warum er um die Gestaltung gebeten wurde. So hat er zum Beispiel Spielgeräte aus Beton für einen Spielplatz in Südafrika entworfen, da bewegliche leichte Spielzeuge immer geklaut oder zerstört wurden. Für die Skulpturen in Mittweida hat er sich etwas Besonderes ausgedacht: Er will Materialien aus der Region in den Beton integrieren. "Sollte dann jemand die Skulpturen beschädigen oder zerstören, zerstören sie auch einen Teil von sich selbst", sagt James.
Holger Müller, Erster Beigeordneter der Stadt Mittweida, sieht keine Gefahr für die Stelen. "Wir sind eine weltoffene Stadt", sagt er. "Ich habe da keinerlei Befürchtungen." Er freue sich sehr, dass Mittweida ein Teil der Kulturregion ist und mit dem Purple Path auch Kunstwerke bekommt, die dauerhaft bleiben. "Wir wünschen uns, dass von der Kulturhauptstadt nicht nur die Kunst, sondern auch die Vernetzung der Region auch nach 2025 bleibt", so Müller.
Etwas, das bleibt. Das ist auch die Idee hinter den Kunstwerken. "Der Koffer bleibt hier" sei eine Metapher, sagt Alexander Ochs, Kurator des Purple Path. "Die Betonstelen verdeutlichen, dass wir es so hinstellen, dass es bleibt und nicht weggeschoben werden kann", sagt er. Ihm gehe es um die Kunst, mit der man sich dann dem politischen und geschichtlichen Thema nähern kann.
Erste Schabbat-Feier seit 1938 in Mittweida
Ein historisches Ereignis richten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens am Freitagabend aus: Zum ersten Mal, seit 1938 die letzten jüdischen Studierenden von der Hochschule vertrieben wurden, wird in Mittweida eine große Schabbat-Feier stattfinden. Diese wird im Städtischen Freizeitzentrum ausgerichtet, in dem früher die hohen jüdischen Feiertage in Mittweida gefeiert wurden. Eine Synagoge gab es in der mittelsächsischen Stadt nie.
Am Sonnabend wird es ab mittags eine Tanzperformance, eine Gehperformance und die Eröffnung einer Fotoausstellung von Benyamin Reich geben, an denen alle Interessierten teilnehmen können. Die Ausstellung soll dann bis in den Oktober zu sehen sein.
MDR (ali)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 15. September 2022 | 14:30 Uhr