
Nach Medienbericht Enkel von Karls Erdbeerhof will Nazi-Vergangenheit seines Opas aufarbeiten
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21. März 2025, 17:00 Uhr
Karls Erdbeerhof hat sich vom kleinen Hofbetrieb zum bundesweiten Erdbeer-Imperium entwickelt. Auch in Döbeln gibt es eine Niederlassung. Die Erlebnisdörfer präsentieren sich offen, tolerant und vielfältig. Eine Medienrecherche hat nun die Nazi-Vergangenheit des Firmen-Gründers Karl Dahl offengelegt. Sein Enkel will die dunkle Vergangenheit von Historikern aufarbeiten lassen.
Der Chef von Karls Erdbeerhöfen mit Niederlassungen in ganz Deutschland, Robert Dahl, will nach Bekanntwerden der Nazi-Vergangenheit seines Großvaters einen Historiker beauftragen. Ein Experte soll die Familiengeschichte erforschen, sagte Dahl im Gespräch mit MDR SACHSEN. Die Veröffentlichung der Recherchen sieht er nicht kritisch: "Das ist doch am Ende gar nicht so schlecht. Wenn man alles zudeckt, dann gerät es wirklich in Vergessenheit, weil das waren keine guten Sachen."
Bericht enthüllt Nazi-Vergangenheit
Robert Dahls Großvater Karl Dahl war nach Recherchen der Bild-Zeitung NSDAP-Funktionär und soll drei Zwangsarbeiter auf seinem Hof beschäftigt haben. Enkel Dahl erklärte daraufhin, dass es sich bei den Zwangsarbeitern um eine Mutter, deren Tochter und einen Mann gehandelt habe. Noch vor der Machtergreifung Hitlers war der Großvater NSDAP-Blockwart und stieg bis 1938 zum Ortsgruppenleiter der NSDAP in Bentwisch bei Rostock auf.
"Ortsgruppenleiter wie Dahl repräsentierten nicht nur die NSDAP im Dorf, sondern kontrollierten die Bevölkerung und hatten Einfluss auf die Gemeindevertretungen," sagte Professorin Daniela Münkel. Sie ist Expertin für die Agrargeschichte in der NS-Zeit und Leiterin der Forschung im Stasi-Unterlagenarchiv.
Betroffenheit und Überraschung
Der Enkel Robert Dahl sei von dem Bericht tief betroffen und davon überrascht worden. Auch sein Vater habe ihm darüber nichts erzählt. "Es ist, wie - in glaube ich - allen Familien... Mein Vater war sieben, als die 1945 geflüchtet sind. Und in vielen Familien ist dieses Kapitel, was vor 1945 war, nicht groß mit den Kindern thematisiert worden. Mein Vater lebt auch nicht mehr. Ich könnte ihn jetzt nicht fragen, ob er jemals was davon gehört hat. Aber er hat das auch an mich nicht weitergetragen."
Dahls Familie war 1945 von Bentwisch westwärts nach Schleswig-Holstein geflohen. Der Großvater baute in Warnsdorf bei Travemünde einen neuen Hof auf.
Mein Vater war sieben, als die 1945 geflüchtet sind. Und in vielen Familien ist dieses Kapitel, was vor 1945 war, nicht groß mit den Kindern thematisiert worden.
Dahl habe auch ein paar Tage gebraucht, um seine Position zur Nazi-Vergangenheit seines Großvaters zu finden, "dass man sagt, es gibt keine kollektive Schuld, aber eine Verantwortung, das jetzt aufzuklären. Und ich habe mich auf die Suche gemacht nach einem Historiker, um das in Gänze nochmal untersuchen zu lassen, damit wir auch diesen Teil von der Geschichte kennen und nicht in drei Jahren oder in fünf Jahren mit noch weiteren Details überrascht werden."
Unternehmen für Weltoffenheit und Toleranz
Auf der anderen Seite stünden die Erlebnisdörfer seit langem für Weltoffenheit und Toleranz, betonte der Unternehmer. Er beschäftige seit jeher polnische Mitarbeiter, inzwischen seien es 38 Nationalitäten, sagt Robert Dahl. "2015, in der ersten Flüchtlingskrise, wurden wir auch angefeindet, weil wir syrische Flüchtlinge aufgenommen hatten." Aber das sei eben die Einstellung des Unternehmen. "Und ich glaube, dass viele das schätzen."
Wir werden diesen Moment bei Karls zum Anlass nehmen, um noch stärker zu zeigen, wer wir sind und wofür wir stehen: Für eine bunte, weltoffene Firma, in der sich jeder willkommen fühlen kann.
Der Freizeitpark von "Karls" an der A14 bei Döbeln wurde im vergangenen Jahr eröffnet. Ein weiterer Ausbau mit Hotel und Parkplätzen ist bereits in Arbeit bzw. wurde bereits umgesetzt.
MDR (kbe/chg)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 20. März 2025 | 14:30 Uhr