Rechtsextremismus Staatsschutz ermittelt gegen feiernde Neonazis in Döbeln und Hasskommentare
Hauptinhalt
24. Mai 2023, 20:35 Uhr
Eine junge Frau aus Dresden filmt eine Neonazi-Feier in Döbeln und informiert die Polizei. Für ihre Zivilcourage bekommt sie viel Zuspruch von Bürgern und Politikern, sie erhält aber auch Drohungen in den Sozialen Medien. Jetzt ermittelt der Staatsschutz in dem Fall, auch wegen der Bedrohungen gegen sie.
- Eine Frau dokumentiert in einem Video, wie Männer in Döbeln mit Hakenkreuz und Fahne feiern.
- Nachdem sie den Vorfall bei der Polizei meldet, fühlt sie sich allein gelassen.
- Nach einem weiteren Gespräch mit Emely ermittelt die Polizei auch wegen Bedrohungen gegen sie im Netz.
Emely Siebert aus Dresden ist eine mutige junge Frau. Als sie am vergangenen Freitag in Döbeln unterwegs ist, fallen ihr auf einem Spaziergang mehrere Personen bei einer Gartenparty auf. In einem Zeltpavillion hinter den Männern hängen eine Hakenkreuzflagge und eine Fahne mit Reichsadler. Emely greift ohne lange Nachzudenken zum Smartphone und dokumentiert die Szene in einem Video, das sie später auf Twitter postet - und die Polizei informiert.
"Ey, wisst ihr, dass das strafbar ist?", konfrontiert die 23-Jährige in dem Video die Männer mit ihrem Handeln. Einer der Anwesenden erklärt ihr: "Wir feiern heute Männertag" und "Was hast du für ein Problem", ein anderer. "Hau ab". Was Emely dann auch macht. "Ich wollte auf jeden Fall etwas sagen und auch Bildmaterial haben, ich habe mich ein bisschen sicherer gefühlt, wenn ich filme, weil ich alleine auf das Grundstück gegangen bin", sagt Emely vier Tage später im Gespräch mit MDR SACHSEN.
Polizeibeamte konnten die Fahne nach ihrem Eintreffen jedoch nicht mehr ausfindig machen. Sie sicherten sich aber Emelys Video als Beweismittel. Inzwischen ermittelt der Staatsschutz in dem Fall wegen des Verwendens verbotener Kennzeichen, sagte Polizeisprecher Andrzej Rydzik MDR SACHSEN. Insgesamt werde gegen 14 Personen ermittelt. Sieben von ihnen seien bereits unter anderem wegen Körperverletzungsdelikten aufgefallen, einer der Tatverdächtigen auch wegen rechtsextremer Straftaten.
Kritik an der Polizei: "Ich fühle mich allein gelassen"
Doch auch an der Polizei übt Emely Kritik. Sie habe sich ziemlich allein gelassen gefühlt. "Ich hatte am Sonntag einen Termin beim Staatsschutz. Da wurde ich ziemlich unschön darauf hingewiesen, dass ich das beim nächsten Mal besser machen soll." Ihr sei in dem Gespräch zudem das Gefühl gegeben worden, dass sie selbst schuld sei, dass sie nun Anfeindungen ausgesetzt sei. Statt den Vorfall selbst ins Internet zu stellen, hätte sie sich an die Polizei in Döbeln wenden sollen, sei ihr gesagt worden, so Emely.
Trotz vieler Angriffe in den Sozialen Medien bereut sie ihr Handeln nicht: "Ich bin froh, dass es auf jeden Fall Gesichter gibt auf dem Video zu den Fahnen, dass die Männer auch nicht abstreiten können, dass sie vor den Fahnen saßen und sich damit auch identifizieren." Auch die mediale Aufmerksamkeit für das Thema Rechtsextremismus sei damit größer geworden.
Gegenanzeige und Anzeige wegen Hasskommentaren im Netz
Auch dass sie nun eine Gegenanzeige des Grundstückbesitzers bekommen hat, auf dessen Boden sie die Männer filmte, nimmt sie in Kauf. "Ich verstehe das, ich habe mich auch nur für unser Recht und Gesetz eingesetzt." Sie habe bereits einen Anwalt in Döbeln, der den Fall übernehmen würde. "Ich finde das ganz wichtig, sich einzusetzen im Alltag und nehme gern in Kauf, was das alles mit sich bringt."
Wegen der Hasskommentare im Internet gegen die junge Frau ermittelt die Polizei nun nach einem weiteren Gespräch mit Emely auch wegen Bedrohung, wie Polizeisprecher Andrzej Rydzik MDR SACHSEN sagte. Sie solle sich bei weiteren Hassnachrichten bei der Polizei melden. "Dafür bin ich froh und dankbar", sagte Emily. Das werde sie auch in Anspruch nehmen.
Ich finde das ganz wichtig, sich einzusetzen im Alltag und nehme gern in Kauf, was das alles mit sich bringt.
Lob und Beifall für Emely im Netz
Für ihre Zivilcourage gegen die mutmaßliche Rechtsextremisten hat Emely aber nicht nur Hass, sondern auch viel Beifall im Netz bekommen - auch Politiker wie der Landrat von Mittelsachsen, Dirk Neubauer, bedankten sich bei ihr für ihr Einschreiten. Auf Facebook schrieb er, Zivilcourage sei eine mächtige Antwort. Das Wegschweigen der Probleme bringe nichts. Auch der Döbelner Oberbürgermeister Sven Liebhauser dankte der Frau für ihr couragiertes Handeln.
Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) zeigte sich auf Twitter besorgt über das offene Zur-Schau-Stellen von rechtsextremem Gedankengut.
MDR (kbe/sth/die)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | RADIOREPORT | 24. Mai 2023 | 18:00 Uhr