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Im Kaßberg-Gefängnis waren zu DDR-Zeiten politische Gefangene inhafiert. Heute befindet sich dort ein Lern- und Gedenkort, der nun für die Aufarbeitung von SED-Unrecht ausgezeichnet wurde. Tobias Barth berichtet.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 14.06.2024 13:20Uhr 04:53 min

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Aufarbeitung der SED-Diktatur Gedenkort in Chemnitz-Kaßberg mit Karl-Wilhelm-Fricke-Preis geehrt

14. Juni 2024, 09:26 Uhr

Das ehemalige Stasi-Gefängnis Kaßberg in Chemnitz ist mit dem Karl-Wilhelm-Fricke-Preis geehrt worden. Der Gedenkort erhielt die Auszeichnung für sein Engagement für die Aufarbeitung von DDR-Unrecht. Auch der ehemalige DDR-Korrespondent Peter Wensierski, Autor von "Jena-Paradies", wurde mit dem Karl-Wilhelm-Fricke-Preis für herausragendes Engagement für Freiheit, Demokratie und Zivilcourage ausgezeichnet.

  • Der Karl-Wilhelm-Fricke Preis ging an den Gedenkort im ehemaligen Stasi-Gefängnis in Chemnitz-Kaßberg.
  • Peter Wensierski, Autor von "Jena Paradies", erhielt den Sonderpreis.
  • Der Preis ist nach dem Publizisten Karl Wilhelm Fricke benannt, der 1955 von der Stasi in die DDR entführt und inhaftiert wurde.

Der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis in Chemnitz hat den Karl-Wilhelm-Fricke Preis erhalten. Die mit 20.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde am Donnerstagabend durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Berlin übergeben.

Kaßberg-Gefängnis: Unrecht im Nationalsozialismus und in der DDR

1876 als Königlich-Sächsische Gefangenenanstalt errichtet, war das Gefängnis auf dem Chemnitzer Kaßberg Schauplatz verschiedener düsterer Kapitel deutscher Geschichte. Im Nationalsozialismus wurden Kommunisten, Juden, aber auch Zwangsarbeiter im Kaßberg-Gefängnis eingesperrt. Ihr Leidensweg nahm meist erst seinen Anfang und führte oftmals in Konzentrations- und Vernichtungslager, in den Tod.

In der DDR diente die Einrichtung als Untersuchungsgefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit. Hierher wurden mehr als 33.000 politische Gefangene gebracht, die von der Bundesrepublik zwischen 1962 und 1989 freigekauft wurden.

In der Dauerausstellung würden einzelne Häftlige porträtiert, wie Historikerin Steffi Lehmann vom Gedenkort Kaßberg-Gefängnis im Gespräch bei MDR KULTUR erklärte. Auf diese Weise sollten vor allem Jugendliche angeregt werden, sich mit Demokratie zu beschäftigen. "Die große Frage, die sich bei uns immer aufmacht ist: Was sind denn die Grundfreiheiten wert?", erklärte Lehmann.

Noch bis 2010 diente das Gebäude als Justizvollzugsanstalt. Nach deren Schließung machte sich ein 2011 gegründete Verein dafür stark, dass die Geschichte dieses Ortes nicht in Vergessenheit gerät. 2023 wurde der Gedenkort eröffnet.

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Im ehemaligen Kaßberg-Gefängnis in Chemnitz wurde nun ein neuer Lern- und Gedenkort eingeweiht. Schwerpunkt ist der Häftlingsfreikauf in der DDR, wie Grit Krause berichtet.

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Mit der Verleihung des Hauptpreises würdige die Jury das jahrelange ehrenamtliche Engagement der Vereinsmitglieder sowie insbesondere das des 2019 verstorbenen Vorstandsmitglieds Volker Bausch, hieß es in einer Mitteilung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die den Karl-Wilhelm-Fricke-Preis vergibt.

DDR-Korrespondent Peter Wensierski bekommt Sonderpreis

Den Sonderpreis erhält der Journalist, Dokumentarfilmer und Autor Peter Wensierski, der zuletzt mit dem Bestseller "Jena Paradies" über den Tod des DDR-Oppositionellen Matthias Domaschk ein breites Publikum erreichte. Bei der Verleihung des Preises in Berlin erklärte er: "Jeder Journalist ist nur so gut oder so schlecht wie die Leute, mit denen er zusammenarbeiten kann – vor allen Dingen die Informanten." Ohne ihre Hilfe hätte er nicht seine vielen Bücher und Artikel schreiben können.

Wensierski, geboren 1954, arbeitete ab 1979 für den Evangelischen Pressedienst als Reisekorrespondent in der DDR, bis er 1985 ein Arbeits- und Einreiseverbot erhielt. Während seiner Zeit in der DDR produzierte er Reportagen und Texte zum Beispiel über die Opposition in Kirchen-, Jugend- und Künstlerkreisen.

Preisträgerinnen und Preisträger des Karl-Wilhelm-Fricke-Preises 2024
Preisträgerinnen und Preisträger des Karl-Wilhelm-Fricke-Preises 2024. Bildrechte: Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Über den Karl-Wilhelm-Fricke-Preis

Wegen seiner DDR-enttarnenden Publikationen wurde der Journalist Karl Wilhelm Fricke 1955 durch die Stasi aus Westberlin in die DDR verschleppt. Es folgten vier Jahre Gefängnis in Einzelhaft. Danach wurde Fricke Leiter der Ost-West-Redaktion beim Deutschlandfunk und veröffentlichte zahlreiche Werke über Widerstand und Repressionen in der DDR. Im Juni 2017 war er erster Preisträger des Karl-Wilhelm-Fricke-Preises.

Ein alter Mann mit wenig Haar und Anzug sitzt vor einem Mikrofon.
Der Journalist Karl Wilhelm Fricke ist Namensgeber und war erster Preisträger der Auszeichnung. Bildrechte: picture alliance/dpa/Felix Zahn

Der Jury des Preises unter der Leitung der ehemaligen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Marianne Birthler gehören neben Altbundespräsident Horst Köhler die russische Menschenrechtlerin Irina Scherbakova, der Schriftsteller Marko Martin, der Preisspender Burkhart Veigel und die Direktorin der Bundesstiftung Aufarbeitung Anna Kaminsky an. 

Quellen: Karl-Wilhelm-Fricke Preis, MDR KULTUR (Tobias Barth, Grit Krause)
Redaktionelle Bearbeitung: hro, vp

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 14. Juni 2024 | 07:30 Uhr

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