Volofilme 2024 (Reihe 2): Jüdisch in Chemnitz 15 min
Die deutsch-israelische Künstlerin Nirit Sommerfeld begibt sich in Chemnitz auf die Spuren ihres ermordeten Großvaters. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Der Film "Jüdisch in Chemnitz" zeigt die Geschichte der deutsch-jüdischen Schauspielerin und Neu-Chemnitzerin Nirit Sommerfeld.

Chemnitzer Köpfe - Wir sind Hauptstadt So 10.11.2024 07:30Uhr 14:38 min

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Auf den Spuren ihres Opas Deutsch-jüdische Künstlerin entdeckt Chemnitz

12. August 2024, 03:00 Uhr

Nirit Sommerfeld ist Neu-Chemnitzerin. Seit dem Frühjahr lebt die deutsch-israelische Künstlerin im Stadtteil Sonnenberg. Damit kehrt sie in die Heimat ihrer jüdischen Großeltern zurück: Ihr Großvater Julius betrieb in Chemnitz einst einen Tuchhandel. Bis ihn die Nazis im KZ Sachsenhausen ermordeten. Im Jahr der Kulturhauptstadt will Nirit Sommerfeld nun die Erinnerung an ihren Opa lebendig halten: Dort, wo sich einst sein Geschäft befand, soll ein Kulturpavillon und Begegnungsort entstehen.

MDR AKTUELL Redakteur Justin Andreae
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Es ist nur ein schmuckloser Parkplatz, direkt hinter dem Karl-Marx-Kopf im Zentrum von Chemnitz. Doch hier verbirgt sich eine Familiengeschichte: die der Sommerfelds. "Früher befand sich hier der Antonplatz, das war die Adresse meines Großvaters Julius", erzählt Nirit Sommerfeld und zeigt ein Foto ihres Opas vor seinem Tuchgeschäft.

Schwarzweiß-Aufnahme eines Mannes mit Hund vor einem Geschäft
Nirit Sommerfelds Großvater vor seinem Tuchladen in Chemnitz. Bildrechte: Nirit Sommerfeld

Nazis missbrauchten Haus der Sommerfelds für Deportationen

Nirit Sommerfeld ist Schauspielerin und Sängerin. Ihren Großvater lernte sie nie kennen: Er starb im KZ Sachsenhausen. "Das Haus wurde zum sogenannten jüdischen Altersheim umgebaut, was bedeutete, dass es die Stelle war, an der man Juden in die Lager abtransportiert hat", erzählt die Künstlerin. Das Haus wurde nach dem Krieg abgerissen, heute wuchern dort Sträucher und Bäume. An Julius Sommerfeld erinnert nur noch ein Stolperstein.

Nirit Sommerfeld wuchs in Israel auf, seit langem wohnt sie in Bayern. Doch nun hat sie einen weiteren Wohnsitz in Chemnitz und pendelt zwischen Süd- und Ostdeutschland. Im Kulturhauptstadt-Jahr will sie den ehemaligen Antonplatz zu einem Ort der Begegnung machen: "Wenn es nach mir geht, dann werden wir hier eine Art kleines Kulturzentrum, einen fliegenden Bau hinstellen. Dann soll es hier Konzerte, Performances, Lesungen geben."

Laudatorin Nirit Sommerfeld
Nirit Sommerfeld wuchs in Israel auf und lebt seit langem in Bayern. Nun ist sie nach Chemnitz gezogen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Swen Pförtner

Sommerfelds Bild von Chemnitz hat sich gewandelt

Die neue Heimat von Nirit Sommerfeld ist der Sonnenberg – ein Multikulti-Viertel im Osten von Chemnitz. "Sommerfeld auf dem Sonnenberg, passt doch", sagt sie lachend. Sie findet es erstaunlich, wie leicht man in Chemnitz Menschen kennenlernt: "Das kenne ich aus Bayern nicht so. Nicht mal in Berlin ist es so. Einfach, weil hier so wahnsinnig viel los ist."

Das war nicht immer so. Anfang der 90er-Jahre kommt sie zum ersten Mal nach Chemnitz, besucht das Familiengrab der Sommerfelds. Es folgt ein juristischer Kampf um die Rückübertragung des Grundstücks am Antonplatz: "Es war kalt, abweisend – sehr, sehr unangenehm. Ich habe es dann eigentlich immer vermieden, nach Chemnitz zu kommen."

Ich habe es immer vermieden, nach Chemnitz zu kommen.

Nirit Sommerfeld, Künstlerin

Nirit Sommerfelds Bild von Chemnitz wandelt sich allmählich, als sie 2014 ein Konzert im Agricola-Gymnasium gibt – der Schule, auf die schon ihr Opa ging. Heute gibt es am Gymnasium die Schüler-AG "Agricola Meets Antonplatz", ins Leben gerufen von der Lehrerin Jana Renner. "Als ich Nirit zum ersten Mal getroffen habe, war ich sofort gefangen von ihrer Person und ihrer Energie. Und auch fasziniert von der Geschichte ihrer Familie", erinnert sich Renner.

Chemnitzer Schüler-AG verschönert den ehemaligen Antonplatz

Heute verschönern Renner, die Schülerinnen und Nirit Sommerfeld den ehemaligen Antonplatz. Gemeinsam wollen sie Sträucher beschneiden, den Boden bemalen. "Ins Machen kommen", wie Sommerfeld es nennt. Eine Zehntklässlerin stellt die Pläne der Schülerinnen vor: "Wir wollen nicht ein großes Gemälde machen, sondern viele kleine Episoden aus dem Leben des Opas malen." Dann geht es los – den ganzen Nachmittag verschönern die Gymnasiastinnen den Platz mit bunter Kreide.

Schülerinnen des Agricola-Gymnasiums malen mit Kreide auf dem Antonplatz jüdische Symbole und Blumen.
Schülerinnen des Agricola-Gymnasiums in Chemnitz bemalen den früheren Antonplatz. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Nirit Sommerfeld ist glücklich über die Unterstützung der Schülerinnen: "Der Antonplatz ist heute lebendig geworden." Für alle, die heute gekommen sind, hat sie selbstgebackenes Baklava mitgebracht. Denn Nirit ist leidenschaftliche Bäckerin – auch mit ihren Familienrezepten hält sie die Erinnerung an ihre Vorfahren lebendig.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 12. August 2024 | 15:25 Uhr

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