Erzgebirgskreis 80-Cent-Jobs: Landratsamt will Geld bei unbegründetem Fehlen halbieren
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02. Oktober 2024, 14:43 Uhr
Immer mehr Kommunen und Landkreise in Mitteldeutschland verpflichten Asylbewerber zu einer gemeinnützigen Arbeit. Während Flüchtlingsnetzwerke die 80-Cent-Jobs scharf kritisieren, beruft sich der Erzgebirgskreis auf bestehende Gesetze. Auf dieser Grundlage will er wegen eines unentschuldigten Fernbleibens die Asylleistungen kürzen. Davon könnten nun Flüchtlinge in Stollberg betroffen sein.
- Die Gemeinde Stollberg hat mehreren Asylbewerbern gemeinnützige Tätigkeiten für 80 Cent pro Stunde zugewiesen.
- Der Erzgebirgskreis will unentschuldigt Ferngebliebenen die Asylleistungen kürzen und führt gesetzliche Vorgaben an.
- Der Flüchtlingsrat Sachsen hat die 80-Cent-Jobs scharf kritisiert.
In der Gemeinde Stollberg pflegen seit Montag drei Asylbewerber öffentliche Grünanlagen und Spielplätze. Dafür erhalten sie nach Angaben des Landratsamtes 80 Cent pro Stunde. Dem Projektverantwortlichen Mirko Raabe zufolge, zeigten sich die Erschienenen dem ersten Eindruck nach engagiert. Doch weniger als die Hälfte der Angesprochenen war am ersten Tag zur Arbeit erschienen. Das Landratsamt in Annaberg-Buchholz will für ein unbegründetes Fernbleiben die Asylleistungen kürzen und führt dafür ein Gesetz an.
Singles wird Hälfte von Asylgeld gekürzt
Wie ein Sprecher im Landratsamt Annaberg-Buchholz MDR SACHSEN erklärte, dürfen die sogenannten Arbeitsgelegenheiten nicht einfach verweigert werden. Das Asylbewerberleistungsgesetz sehe bei unentschuldigtem Fernbleiben eine "Leistungseinschränkung" vor. Einem Alleinstehenden werde der monatliche Regelbedarf um knapp die Hälfte von 460 Euro auf 228 Euro gekürzt. Die Zahlungen für die Unterkunft und für Arztbehandlungen werden dagegen nicht gekürzt.
Sprachkurs als Entschuldigung
Auch wer stattdessen an einem Sprach- oder Integrationskurs teilnimmt oder eine andere Arbeit nachweist, müsse keine Kürzungen befürchten, hieß es. Denn dies habe Vorrang. Aus welchem Grund nun Asylbewerber in Stollberg dem vom Stadtrat beschlossenen 80-Cent-Job fernblieben, konnte das Landratsamt am Dienstag nicht sagen.
Arbeitsgelegenheiten sind seitens des Gesetzgebers klar definiert.
Ein Sprecher des Flüchtlingsrates Sachsen hatte im Gespräch mit MDR SACHSEN die vom Erzgebirgskreis bezahlte Tätigkeit als "Bestrafung von Flüchtlingen durch Arbeit" und rechten Populismus kritisiert. Dagegen sagt das Landratsamt: "Arbeitsgelegenheiten sind seitens des Gesetzgebers klar definiert." Stollbergs Oberbürgermeister Marcel Schmidt (Freie Wähler) hatte betont: "Wer hierher kommt und Leistungen in Anspruch nimmt, für den ist es doch selbstverständlich, dass er dafür etwas tut."
MDR (wim)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 30. Oktober 2024 | 11:30 Uhr