Mit Wasserstoff-Auto zum Meistertitel Erzgebirger tüfteln für das Klima
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23. Juni 2024, 13:00 Uhr
Schülerinnen und Schüler aus Annaberg-Buchholz gewinnen mit ihren Wasserstoff-Autos den "H2-Grand-Prix-Pro" und fahren nun zur Weltmeisterschaft in die USA. Das hat mit Erfindungsreichtum zu tun, Glauben – und einem besonderen Geist, der Sachsen einst großgemacht hat.
Sieben Sekunden brauchen sie für einen Boxenstopp und wenn sie gut sind fünf: Karosse aufklappen, die Wasserstoffpatrone wechseln, weiterfahren. Lange haben Bastian Dietz und sein "Hydrofoxes"-Team dafür geübt, Sekunde um Sekunde geschunden, die Konstruktion ihrer Modellflitzer optimiert. Am Ende stand der Titel des Deutschen Meisters. Zum dritten Mal in Folge.
"Es geht nicht nur um die Schnelligkeit", sagt Bastian, der frisch das Abitur in der Tasche hat und an seinem letzten Schultag den Rennautos hinterher blickt. "Mich fasziniert diese Brennstoffzellentechnologie. Dass man mit Wasserstoff einen sehr umweltfreundlichen Treibstoff hat." Auch Judith Weber aus der 10. Klasse geht es um mehr als Sekunden und Runden. "Etwas zu tun, was dem Klima auch wirklich helfen kann."
Schrauben und Kopfzerbrechen
Ihre Liga heißt nicht Formel 1, sondern H2 – wie das Zeichen für das chemische Element Wasserstoff. Denn die per Funk gesteuerten Autos, die die Schülerinnen und Schüler der Evangelischen Schulgemeinschaft Erzgebirge bauen, haben einen ganz besonderen Treibstoff. Er ist in silbern glänzende Patronen gepresst. Und im besten Fall stammt er komplett aus erneuerbaren Energien: als grüner Wasserstoff.
Im Chemie-Raum der altehrwürdigen Annaberger Schule hat das Team der "Hydrofoxes" seine Werkstatt. Willi Beyer (17) schaut zu, wie der 3D-Drucker ein neues Teil herstellt, das die Schüler wie vieles an ihrem Auto selbst konstruiert haben. Rafael Süß (15) schraubt am Fahrwerk. Dabei hat schon einiges für Kopfzerbrechen gesorgt. "Die Gewichtsreduzierung ist ein großer Punkt", sagt Rafael. "Weil man dadurch ja auch weniger Energie braucht."
Physik-Lehrer Tobias Beyer beugt sich mit den zehn Jungen und Mädchen über das Gewirr der Kabel in den Eingeweiden ihres Rennwagens. "Das Eine ist es, die Funktionsweise etwa einer Brennstoffzelle theoretisch zu wissen – etwas Anderes ist es, all das praktisch zu erfahren", sagt der Pädagoge. Aber nicht nur dieser Gedanke stand Pate, als vor fünf Jahren das Wasserstoff-Projekt an der evangelischen Schule gegründet wurde. Einerseits gab ein EU-Förderprogramm eine Anschubfinanzierung. Und zum Anderen ist es auch eine Glaubensgeschichte.
Glauben ganz praktisch
"Gott hat uns ja die Schöpfung gegeben, dass wir drauf aufpassen", sagt die 15-jährige Elisabeth Riedel und überprüft die Brennstoffzelle. "Und jetzt beim größten Problem unserer Zeit, dem Klimawandel, kann man ja mit erneuerbaren Energien ziemlich gut dazu beitragen kann, die Schöpfung zu erhalten." Wie gut das mit Wasserstoff geht, das will das junge "Hydrofoxes"-Team beweisen. "Und wenn wir das auf eine spielerische Art und Weise groß machen und lernen können, ist das ein toller Weg, Glaube und Wissenschaft unter einen Hut zu bringen", meint Willi aus der 11. Klasse.
Ohne die Wirtschaft unmöglich
Doch die Sache hat einen Preis, einen ziemlich hohen sogar: Rund 1.800 Euro kostet eine Brennstoffzelle, gut 5.000 Euro das Material für einen Rennwagen. Ohne die Unterstützung von Unternehmen aus der Region, die auch einzelne Komponenten nach den Plänen der Schüler anfertigen, wäre all das nicht möglich.
Als Deutscher Meister hat das "Hydrofoxes"-Team nun das Ticket zur Weltmeisterschaft in den USA in der Tasche. Im September fliegen sie nach Kalifornien, auch das wird teuer und auch dafür suchen die Schüler noch Sponsoren.
Der Funke der Begeisterung
Aber sie geben der Region auch etwas zurück. Was es ist, sieht man im Gesicht des 17-jährigen Willi, wenn er am 3D-Drucker ungeduldig und voller Vorfreude auf das Ergebnis wartet. Er weiß jetzt, was er einmal studieren will. "Durch dieses Projekt hier habe ich mich jetzt grundsätzlich dazu entschieden: Es wird mal Maschinenbau."
Es ist ein Stück von jener Begeisterung für Technik, die Sachsen großgemacht hat. Und die heute in Zeiten der vielen Krisen oft verschüttet ist. Im Team der "Hydrofoxes", bei den Wasserstoff-Füchsen, wächst diese Begeisterung wieder nach. Auch sie scheint eine erneuerbare Energie zu sein.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sachsenspiegel | 22. Juni 2024 | 19:00 Uhr