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Nach der Bundestagswahl Kommunen befürchten Bedeutungsverlust im Bund
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26. Februar 2025, 16:26 Uhr
"Berlin ist weit weg von den Problemen der Menschen vor Ort." Diese Kritik hört man immer wieder in Städten und Gemeinden. Nach der jüngsten Bundestagswahl sind die Befürchtungen vieler Kommunalpolitiker in Sachsen sogar noch größer geworden. Denn im Freistaat hat vor allem die Partei Mandate geholt, die in Berlin auf der Oppositionsbank und nicht in der Regierung sitzen wird. Rolf Schmidt, Oberbürgermeister von Annaberg-Buchholz, wünscht sich mehr Aufmerksamkeit für die Sorgen der Kommunen.
- Die Kommunen haben zu wenig Gewicht in der Bundespolitik
- Es fehlt die ostdeutsche Sicht
- Es gibt immer mehr Aufgaben und Bürokratie
Viele Kommunalpolitiker in Sachsen fürchten, in Zukunft noch weniger Gehör in der Bundespolitik zu finden. Diese Gefahr sieht auch Rolf Schmidt, der Oberbürgermeister von Annaberg-Buchholz. Der Kommunalpolitiker der Freien Wähler sagte MDR SACHSEN: "Der Einfluss auf Bundesebene ist definitiv nicht größer geworden, vorsichtig formuliert. In den vergangenen Jahren haben wir schon wenig Gehör gefunden auf Bundesebene und das spiegelt sich dann halt auch in den Wahlergebnissen wieder."
Kommunalpolitiker könnten zwar über ihre Spitzenverbände Einfluss nehmen. "Aber ich bin selbst im Landesvorstand des SSG, das ist der Sächsische Städte- und Gemeindetag. Und selbst dort ist es immer schwieriger geworden, Gehör zu finden, schon alleine bei unserer Landesregierung. Die Sorgen und Nöte der Kommunen werden überhaupt nicht mehr wahrgenommen."
Ostdeutsche Sichtweisen kommen nicht vor
Schmidt sieht hier vor allem die ostdeutschen Kommunen im Hintertreffen: "Es wird einfach ignoriert, dass wir eine andere Geschichte haben, dass hier andere Dinge Priorität haben, wenn man allein die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre oder seit der Wende betrachtet." Die großen Unternehmen befänden sich alle im Westen. Im Osten gebe es lediglich ein paar Niederlassungen.
Auf kommunaler Ebene passiert das Leben, also das ist der Kern der Gesellschaft!
"Wir haben uns rausgekämpft, mehr oder weniger als Osten, und sind irgendwo stehen geblieben." Das sei in den Ostkommunen vor allem bei den Finanzen spürbar. Dieses Problem sei in den vergangenen Jahren immer akuter geworden. Der größte Teil der Kommunen bekäme nicht einmal mehr den Haushalt aufgestellt. "Die Einnahmen aus Steuern und Schlüsselzuweisungen decken nicht mehr die Ausgaben, weil das immer mehr wird." Die Forderungen der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst von acht Prozent mehr Lohn hält Schmidt für "absolut utopisch".
Mehr Aufgaben - mehr Frust
Laut Oberbürgermeister Schmidt können die Kommunen ihre Pflichtaufgaben "so recht und schlecht" erledigen. "Es kommen immer mehr Auflagen, es kommen immer mehr Standards. Es wird alles immer schwieriger, die Bürokratie wird immer mehr. Und das merken die Menschen, dass dann für Dinge Geld fehlt oder Dinge nicht gemacht werden können. Und das haben alle satt."
Das merken die Menschen, dass dann für Dinge Geld fehlt oder Dinge nicht gemacht werden können. Und das haben alle satt.
Schmidt hat den Eindruck, die Probleme auf der kommunalen Ebene würden in der "großen Politik" kaum wahrgenommen. "Aber auf kommunaler Ebene passiert das Leben, also das ist der Kern der Gesellschaft!" Wenn man Politik im Radio oder Fernsehen verfolge, habe man manchmal den Eindruck, "Die beschäftigen sich nur mit sich selbst. Und das macht mich manchmal wütend."
Nur wenig Bundestagsabgeordnete der Regierungsparteien
In Chemnitz und den vier umliegenden Landkreisen sind alle Direktmandate an die AfD gegangen, nur zwei CDU-Abgeordnete ziehen über die Landesliste in den Bundestag ein und können sich in einer kommenden Bundesregierung einbringen. Viele Kommunalpolitiker fürchten deshalb, dass ihre Interessen in der nächsten Bundesregierung kaum vertreten werden.
MDR (mwa)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 26. Februar 2025 | 15:30 Uhr