Pilotprojekt Kreistag: Bezahlkarte für Asylbewerber in Sachsen entlastet Verwaltung
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05. März 2024, 16:24 Uhr
Sachsen hat ein Pilotprojekt für eine Bezahlkarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber gestartet. Ab dem 1. April 2024 soll ihnen die Sachkosten wie für Essen, Kleidung und andere tägliche Bedarfe überwiesen werden. Während Sachsens Innenministerium mit der Bezahlkarte Fehlanreize für Asylbewerber ohne Asylgrund vermindern will, sieht der Sächsische Landkreistag in ihr konkrete Vorteile für die Verwaltung.
- Sachsens Innenminister Schuster (CDU) erklärt, wie die Bezahlkarte im Freistaat funktionieren soll.
- Der Görlitzer Landrat Stephan Meyer (CDU) hat mit MDR SACHSEN über Ziele des Pilotprojektes gesprochen.
- Der Sächsische Landkreistag hatte auf die schnelle Einführung der Bezahlkarte gedrängt und will mit ihr die teils vorherrschende Zettelwirtschaft beenden.
Ab April soll in den sächsischen Landkreisen schrittweise die Bezahlkarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber eingeführt werden. Wie Innenminister Armin Schuster (CDU) am Montag mitteilte, soll dazu ein Pilotprojekt gestartet werden. Damit solle sichergestellt werden, dass das sächsische Modell später auch auf eine bundeseinheitliche Variante übertragen werden kann.
Guthabenkarte für täglichen Bedarf
Laut Schuster soll die Karte entweder monatlich oder alle zwei Wochen durch die Landkreise mit einem Guthaben aufgeladen werden, um damit Waren und Dienstleistungen zu bezahlen. Außerdem werde es möglich sein, einmal im Monat einen Betrag von 50 Euro abzuheben. So sollen Bargeldzahlungen für kleine Beträge ermöglicht werden. Ihre Nutzung sei auf den Freistaat beschränkt, hieß es.
"Der Geldtransfer sowie ein Karteneinsatz im Ausland werden nicht möglich sein", hieß es in der Mitteilung. Verbände wie der Flüchtlingsrat oder "Pro Asyl" hatten die Einführung einer Bezahlkarte in Deutschland zuletzt scharf kritisiert.
Karte soll Missbrauch ausschließen
Der Landrat im Kreis Görlitz Stephan Meyer glaubt, die Bezahlkarte sei wichtig, um auch Missbrauch auszuschließen. Meyer zufolge findet dieser teilweise statt, auch wenn er nicht die Mehrheit der Asylbewerber betreffe. Es sei deshalb wichtig und eine Hoffnung, dass Steuergeld, das eingesetzt wird, auch zielgeordnet einzusetzen, so der Landrat. Man wolle zudem viele Leistungen auf der Bezahlkarte bündeln. Ihr Einsatz könne auch nicht an Landkreisgrenzen enden, sagte Meyer weiter.
Die Landesvorsitzende der sächsischen Grünen, Christin Furtenbacher, hat am Dienstag die Bezahlkarte als ungeeignet bezeichnet, um wirksam Flucht zu begrenzen. Ihrer Partei sei wichtig, dass die Karte niemanden diskriminiere und ihre Benutzung beispielsweise nicht örtlich und auf bestimmte Bezahlvorgänge beschränkt sei. Jeder Erwachsene müsse zudem eine eigene Bezahlkarte erhalten.
Der Sächsische Landkreistag (SLKT) hatte im Januar auf die rasche Einführung gedrängt. "Mit der Bezahlkarte können wir Verwaltungsprozesse digitalisieren und Mitarbeiter für andere Aufgaben freistellen", sagte SLKT-Geschäftsführer André Jacob MDR SACHSEN. Derzeit laufe vieles über Zettelwirtschaft, Schecks und Barauszahlung. "Da muss ein Geldtransporter anfahren und jemand Quittungen ausstellen." Zudem sammle Sachsen Erfahrungen für eine geplante bundeseinheitliche Karte.
Derzeit läuft vieles bei der Auszahlung mit Zettelwirtschaft, teilweise auch mit Schecks und Barauszahlung.
Großstädte warten auf bundesweite Regelung
Sachsens kreisfreie Städte sind an dem Pilotprojekt nicht beteiligt, wie der Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, Mischa Woitscheck, mitteilte. In Leipzig gibt es demnach bereits jetzt eine Zahlkarte als eigenes Projekt zur Entlastung der Verwaltung. Mit dieser Karte sei nur das Abheben von Bargeld möglich. Dresden und Chemnitz planen laut Woitscheck mit der Einführung der länderübergreifenden Bezahlkarte.
Bundesweite Einführung dauert
Die Ministerpräsidentenkonferenz hatte sich Ende Januar auf Standards zur Einführung einer Bezahlkarte für Leistungen an Asylbewerber verständigt. Die Bundesregierung hatte am Freitag beschlossen, dass die geplante Bezahlkarte mit einem Bundesgesetz abgesichert wird. Über konkrete Ausgestaltung sollen die Bundesländer und Kommunen demnach selbst entscheiden. Auch mögliche Zusatzfunktionen der Bezahlkarte obliegen regionalen Bestimmungen.
Mehrere Landkreise in Thüringen haben die Karte bereits im Einsatz. In Sachsen hatte der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge angekündigt, ab 1. April ebenfalls eine Bezahlkarte einzuführen.
MDR (ben/wim)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 05. März 2024 | 19:00 Uhr