Tierschutz Wie ein Oberlausitzer Verein Rehkitze mit Drohnen vor dem Mähtod rettet

03. Juni 2023, 10:05 Uhr

Jedes Frühjahr kommen in Deutschland tausende Rehkitze ums Leben, wenn die Landwirte ihre Wiesen mähen. Dank moderner Drohnentechnik können inzwischen viele Tiere gerettet werden. Sie nutzt auch ein Verein in Seifhennersdorf, der die Kitzrettung zu seiner Mission gemacht hat. In diesen Wochen sind die Kitzretter fast täglich unterwegs, zeitiges Aufstehen inklusive.

Am Kottmar bei Eibau ist an diesem Morgen noch alles still, als Andreas Schäfer und Fabian Krems ihre Rettungstechnik auspacken. Sie stehen an einer kleinen Wiese, die in ein paar Stunden gemäht werden soll. Deshalb sollen die Männer vom Verein "Rehkitzrettung am Großen Stein" aus Seifhennersdorf das Gelände vorher kontrollieren. Denn vielleicht hat ein Reh seinen Nachwuchs in der Wiese abgelegt. Da die Kitze bei Gefahr nicht wegrennen, wäre das Mähwerk der sichere Tod für die Jungtiere.

Drohne sucht Kitze aus der Luft

Damit das nicht passiert, lässt Andreas Schäfer eine Drohne mit Wärmebildkamera aufsteigen. Sie fliegt die Wiese in vorgeschriebenen Bahnen ab. Die schwarz-weißen Luftaufnahmen werden auf einen großen Bildschirm übertragen, den die Rehkitzretter vor sich aufgebaut haben. "Wir suchen jetzt nach schwarzen Punkten. Schwarz bedeutet warm", erklärt Andreas Schäfer. Das wäre ein Zeichen für ein Rehkitz in der Wiese.

Im vergangenen Jahr haben Andreas Schäfer und seine Mitstreiter vom Verein zum ersten Mal nach Rehkitzen gesucht. Denn der Seifhennersdorfer wollte nicht länger mit anschauen, wie die jungen Tiere bei der Grasmahd zu Tode kommen. Lange Zeit sei die Drohnentechnik zu teuer gewesen. "Irgendwann gab es aber eine Förderung vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, um Drohnen für die Rehkitzrettung anzuschaffen", erzählt Andreas Schäfer. Damit sie die Förderung nutzen können, hätten sie deshalb den Verein gegründet und losgelegt.

Aufregung bei erstem Einsatz

An ihren ersten Einsatz im Mai 2022 kann sich Andreas Schäfer noch gut erinnern. "Das erste Mal ist ein ganz spezieller Moment. Man ist aufgeregt, weiß nicht, wie man das Kitz richtig anfassen soll und ist sehr vorsichtig." Die Ricke habe fast daneben gestanden und sich aufgeregt, erinnert sich sein Kollege Fabian Krems. "Das Kitz fing natürlich auch an mit Fiepen. Da erschrickt man sich man erstmal." Natürlich hätten sie sich im Vorfeld belesen und informiert, aber das live zu erleben, sei doch etwas Anderes.

Das erste Mal ist ein ganz spezieller Moment. Man ist aufgeregt, weiß nicht, wie man das Kitz richtig anfassen soll und ist sehr vorsichtig.

Andreas Schäfer ehrenamtlicher Rehkitzretter

Mittlerweile sind die Beiden erfahrene Kitzretter. Gemeinsam mit den etwa 50 weiteren Mitstreitern des Vereins werden sie aktuell von den Landwirten fast täglich um die Kontrolle einer Wiese vor der Mahd gebeten. Auch bei der Fläche am Kottmar, an der sie jetzt stehen, war das so. Inzwischen haben sie einen schwarzen Punkt auf den Drohnenbildern entdeckt. Der entpuppt sich aber als Hase. "Der Hase reißt vor den Mähwerken aus. Da passiert nichts", sagt Andreas Schäfer. Eine Rettungsaktion sei in diesem Fall nicht nötig. Ihr Einsatz hier ist beendet.

Handschuhe und Gras gegen Gerüche

Parallel zu Andreas Schäfer und Fabian Krems sind an diesem Morgen noch drei weitere Teams des Vereins im Einsatz. Sie hätten bereits mehrere Kitze in den Wiesen gefunden, berichtet Schäfer. Doch wie geht es dann weiter? Wenn sie ein Jungtier gefunden haben, streifen sich die Kitzretter lange Plastikhandschuhe über, die bis zu den Schultern gehe. "Dann wischen wir uns die Hände noch einmal mit Gras ab, damit die Gerüche wirklich weg sind", erklärt Schäfer. Danach würden sie die Kitze aufnehmen und in eine mit Gras ausgelegte Kiste tun. Dort warten sie im Schatten, bis die Mahd abgeschlossen ist. Danach könne sie das Muttertier wieder unversehrt in Empfang nehmen, sagt der Seifhennersdorfer. "Das hat bisher immer gut funktioniert."

Früh Aufstehen für die Kitzrettung

Die Seifhennersdorfer Kitzretter haben bereits vier Drohnen, um die vielen Anfragen der Landwirte bewältigen zu können. Die Anschaffungskosten können sie nur zum Teil über Fördermittel decken, deshalb sind sie auch auf Spenden angewiesen. Ihre Einsätze sind für die Landwirte kostenlos. Sie alle machen das ehrenamtlich, vor ihrem eigentlichen Job, erzählt Fabian Krems.

Danach fahren wir mit einem schönen Glücksgefühl arbeiten.

Fabian Krems Rehkitzretter

Krems arbeitet normalerweise bei einer Agrargenossenschaft, Andreas Schäfer ist Kfz-Meister. "Gegen 3 Uhr klingelt der Wecker, so dass man um vier spätestens auf den zu mähenden Flächen ist und dann geht’s los", erzählt Krems. Bis etwa acht Uhr seien sie dann fertig. "Danach fahren wir mit einem schönen Glücksgefühl arbeiten." Ihr Einsatz lohnt sich: um die 100 Kitze hat der Seifhennersdorfer Verein in diesem Jahr schon gerettet. Bis Ende Juni werden sie noch unterwegs sein.

Rehkitzretter beim Tag der Vereine in Seifhennersdorf - Am Sonntag, 4. Juni 2023 will der Verein der Seifhennersdorfer Rehkitzretter seine Arbeit beim Tag der Vereine vorstellen und lässt auch seine Drohnen fliegen, 11 bis 17 UhrSportplatz in Seifhennersdorf.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 01. Juni 2023 | 16:30 Uhr

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