Kommunalfinanzen Pleite abgewendet: Landkreis Görlitz ist wieder handlungsfähig

16. November 2023, 16:56 Uhr

Der Landkreis Görlitz steuerte bis Mittwoch auf die Pleite zu, weil unter anderem die gestiegenen Sozialausgaben ein riesiges Defizit in der Kasse verursacht haben. Deshalb war es der Verwaltung bislang auch nicht möglich, einen genehmigungsfähigen Doppelhaushalt für dieses und das nächste Jahr vorzulegen. Die Landräte konnten das Ruder noch einmal rumreißen.

Die Görlitzer Kreisräte haben am Mittwochabend die Zahlungsunfähigkeit des Landkreises abgewendet. Sie stimmten einem umstrittenen Haushaltsstrukturkonzept zu. Es sieht Einsparungen von elf Millionen Euro vor. Dafür erhält der Landkreis von der Kommunalgemeinschaft eine Finanzhilfe von 40 Millionen Euro und knüpfte daran einige Bedingungen.

Noch im März hatte der Kreistag ein Konzept abgelehnt, welches das bestehende Defizit zumindest mildern sollte. Damit befand sich der Landkreis in einer haushaltslosen Zeit und musste zahlreiche Einschränkungen hinnehmen. Die Finanzsituation verschärfte sich, weil die Verwaltung den Kreditrahmen für Kassenkredite (vergleichbar mit einem Dispo) von 90 Millionen Euro nahezu ausgeschöpft hatte.

Aufgrund der besonderen Situation in Görlitz hat die Kommunalgemeinschaft Sachsen daher eine Finanzhilfe von 40 Millionen Euro in Aussicht gestellt.

Pro und kontra Sparkonzept

Die Kreisräte haben am Mittwochabend den Weg für die Finanzhilfe von frei gemacht. Sie stimmten mehrheitlich nach kontroversen Diskussionen einem Haushaltsstrukturkonzept zu. Nur die AfD, die im Görlitzer Kreistag mit 27 die meisten Abgeordneten stellt, lehnte das Konzept geschlossen ab: Man wolle in Görlitz "ein Zeichen setzen, damit die Finanzierung der Landkreise und Kommunen auf neue Beine gestellt und auskömmlich gesichert wird." Andere Kreisräte stimmten dem Rotstiftkonzept zu, aber nur um den Schaden für den Landkreis zu begrenzen.

Ohne einen Haushalt hätten spätestens im nächsten Jahr Träger der freien Jugendarbeit Sozialarbeiter entlassen müssen. Projekte hätten nicht weiter geführt werden können. Ähnliche Probleme hätte es in den Musikschulen des Kreises gegeben und auch beim Sport. Weiterhin wäre der Landkreis noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht, weil die Kreisumlage von den Gemeinden ausgefallen wäre.

Doppelhaushalt soll noch vor Jahresende genehmigt werden

Doch jetzt ist der Landkreis wieder handlungsfähig. Der Haushalt ist zwar nicht ausgeglichen, kann aber von der Landesdirektion genehmigt werden. Allerdings muss der Landkreis dafür in verschiedenen Bereichen elf Millionen Euro einsparen.

Das verabschiedete Sparpaket sieht erhebliche Kürzungen unter anderem beim öffentlichen Nahverkehr oder bei den Ausgaben der Verwaltung vor. Zudem wurden Kosten begrenzt, beispielsweise die Zuschüsse für das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau. Was im Vorfeld befürchtet worden war, dass beim Sport, bei der Jugendarbeit, bei Musikschulen und Museen der Rotstift angesetzt wird, trifft zunächst nicht ein.

Das Haushaltsstrukturkonzept ermöglicht jetzt eine gewisse Planungssicherheit für dieses und das nächste Jahr. Die Pleite des Landkreises Görlitz wurde abgewendet. Trotzdem ist die Finanzmisere des Landkreises Görlitz nicht behoben, denn diese wird durch außergewöhnlich hohe Sozialausgaben verursacht.

Jugendliche hinterlassen unangenehme Spuren

Vor Beginn des Sonderkeistages hatten sich etwa 50 Jugendliche vor dem Berufsschulzentrum versammelt, um gegen das Haushaltsstrukturkonzept zu protestieren. Danach war die Herrentoilette neben dem Saal mit Losungen beschmiert worden. Unter anderem wurde der Tod eine Kreisrates gefordert. Der Görlitzer Landrat hat diese Aktion scharf kritisiert. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.

MDR (uwa)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 16. November 2023 | 14:30 Uhr

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