Kleinstadthelden Osterburg: Wie eine Stadt mit einem Stipendium gegen den Ärztemangel kämpft
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08. Oktober 2020, 15:29 Uhr
Im ländlichen Raum mangelt es an Ärzten. Die Stadt Osterburg hat für das Problem eine Lösung gefunden: Durch ein Stipendium sollen angehende Ärzte während des Studium gefördert werden und anschließend als Ärzte nach Osterburg kommen. Die erste Stipendiatin Lena Grünthal freut sich über diese Möglichkeit.
Gegen den Ärztemangel im ländlichen Raum hat sich die Stadt Osterburg etwas Besonderes einfallen lassen: Es gibt das sogenannte Landarzt-Stipendium. In dem Rahmen bekommen ausgewählte Stipendiaten monatlich 700 Euro und haben einen Mentor oder Mentorin an der Seite. Allerdings verpflichten sie sich damit, nach der Ausbildung als Arzt oder Ärztin im ländlichen Raum in Sachsen-Anhalt zu arbeiten. Falls sie doch außerhalb Sachsen-Anhalts tätig sein möchten, dann muss das Geld zurückgezahlt werden.
Die erste Stipendiatin
Das Landarzt-Stipendium aus Osterburg gibt es seit 2017. Die Kosten tragen die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA) und die Stadt Osterburg gemeinsam. Lena Grünthal ist die erste Stipendiatin. Sie hat 2017 begonnen, an der Otto von Guericke Universität in Magdeburg Medizin zu studieren. Grünthal hatte damals von der Mutter eines Schulfreundes von dem Stipendium gehört. Heute sagt sie: "Osterburg ist meine Heimat. Ich konnte es mir schon immer vorstellen, wieder zurückzukehren".
Und weil Lena Grünthal sich sicher ist, dass es nach dem Studium für sie auf jeden Fall wieder nach Osterburg gehen soll, hat sie sich auf das Stipendium beworben. "Ich habe ein Lebenslauf und ein Motivationsschreiben mit der Erklärung, warum ich nach Osterburg möchte, eingereicht. Dann wurde ich von der Kassenärztlichen Vereinigung zum Bewerbungsgespräch eingeladen", erzählt Grünthal. Kurze Zeit darauf hat sie das Stipendium bekommen. Außer Lena Grünthal gibt es zwei weitere Stipendiaten.
Vorteile für die Stipendiaten
Grünthal erzählt, dass die finanzielle Unterstützung ein klarer Vorteil für sie ist. "Die Möglichkeit, meine Praktika in Osterburg zu machen und die Sicherheit in meine Heimatstadt zurückzukehren, finde ich gut", erklärt die junge Studierende.
Auch sei sie sich sicher, dass sie Ärztin auf dem Land und nicht in einer Großstadt werden möchte – übrigens genauso wie ihr Mentor Ingo Ungewickell. Er steht ihr als beratende Kraft zur Seite: sowohl auf fachlicher Ebene als auch mit seinen Erfahrungen als langjähriger Landarzt. Ungewickell meint: "Das Verhältnis, das man als Arzt in einer Landarztpraxis zu seinen Patienten pflegt, ist einmalig." Grünthal sieht das auch so: "Man ist näher an den Menschen. Viele kennt man schon, seit sie klein waren. So wie mein Mentor mich kennt".
Weitere Ideen für den Erhalt der Ärzteversorgung im ländlichen Raum
Neben dem Landarzt-Stipendium aus Osterburg gibt es in Sachsen-Anhalt seit dem Wintersemester 2020/2021 die sogenannte Landarztquote. Damit werden zum ersten Mal fünf Prozent der Medizin-Studienplätze in Halle und Magdeburg an Interessierte vergeben, die sich verpflichten, im Anschluss an ihr Studium für mindestens zehn Jahre in einer schlecht versorgten ländlichen Region Sachsen-Anhalts zu arbeiten. Das Auswahlverfahren leitet die KVSA. Sie berichtet, dass sich 277 Interessierte auf die 21 Plätze beworben haben. Bei der Platzvergabe spielt die Abiturnote keine entscheidende Rolle.
Petra Grimm-Benne (SPD), Sozialministerin Sachsen-Anhalt, sagt: "Das Bewerbungsverfahren ist eine Chance für diejenigen, die Medizin studieren wollen, aber keinen Abiturschnitt von 1,0 vorweisen können." Während Osterburgs Bürgermeister Nico Schulz für die Erhöhung der Quote ist, sieht der Landarzt Ingo Ungewickell die Quote problematisch. Durch die Quote sei es möglich, dass Personen mit einem guten Notendurchschnitt der Studienplatz weggenommen werde.
Situation in Osterburg
Für die Stadt Osterburg belaufen sich die Kosten durch die drei Stipendien auf rund 100.000 Euro – eine enorme Summe für die Stadt. Doch im Moment gibt es in Osterburg 20 Ärzte und Ärztinnen, von denen einige bald in den Ruhestand gehen werden. Durch das Stipendium ist es wenigstens ein Stück weit gesichert, dass Nachfolger und Nachfolgerinnen kommen werden – und mit ihnen auch die ärztliche Versorgung gesichert ist.
Quelle: MDR/vö