Vereinsamtes Kind an einem Gartenzaun
In Sachsen-Anhalt sinkt die Zahl der nachgefragten Adoptionen. Auch die Gebrutenzahlen sind rückläufig. Bildrechte: IMAGO / CHROMORANGE

Statistik Geburten und Nachfrage nach Adoptionen werden weniger

28. August 2024, 18:39 Uhr

In Sachsen-Anhalt gibt es weniger Bewerbungen um Adoptivkinder und weniger Geburten. "Pro Familia" führt den Geburtenrückgang auf finanzielle Unsicherheiten zurück. Der Soziologe Reinhold Sackmann sieht die Ursache im Geburtenrückgang der 1990er-Jahre. Trotz rückläufiger Bewerbungen bleibt die Zahl der Adoptionen stabil.

In Sachsen-Anhalt bewerben sich immer weniger Menschen um ein Adoptivkind. Das teilte das Statistische Landesamt mit. Demnach gab es im vergangenen Jahr insgesamt 66 Bewerbungen um Adoptivkinder und damit knapp ein Viertel weniger als 2022.

Auch die Zahl der Geburten im Land sei gesunken. So kam im Jahr 2022 noch knapp 14.500 Kinder zur Welt. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Geburten auf 13.500 gesunken.

"Pro Familia": Menschen haben Geldsorgen

Der Verein "Pro Familia" hat die Entwicklung nach eigenen Angaben bereits registriert. Er berät Familien in diversen Lebenslagen und eben auch zum Thema Kinder und Schwangerschaft. Die Geschäftsführerin des Landesverbandes, Johanna Walsch, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dass vor allem Geldsorgen die werdenden Eltern beschäftigen: "Den Hauptteil unserer Arbeit machen tatsächlich Familien aus, die nach Rat fragen, wie sie weitere finanzielle Unterstützung bekommen können – insbesondere in der Schwangerschaft. Das zeigt natürlich auch, wie viel Unsicherheit in der Gesellschaft ist." Beispielsweise würden die Paare fragen, wie sie eine Ausstattung für das neugeborene Kind bekommen oder wie viel Elternzeit sie sich leisten können.

Geburteneinbruch in 1990er-Jahren

Auch der Soziologie-Professor Reinhold Sackmann von der Martin-Luther- Universität in Halle beobachtet den Rückgang der Geburtenrate. Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT sagte er, dass der Grund dafür mehr als 30 Jahre zurückliegt: "Damals gab es einen massiven Geburteneinbruch. Dadurch gibt es jetzt sehr kleine Geburtsjahrgänge, die fast nur die Hälfte von dem waren, was davor war. Die kommen jetzt in das Heiratsalter, in das Alter, wo man normalerweise Kinder bekommt. Dadurch gibt es jetzt einen Rückgang der Geburten, der vor drei Jahren begonnen hat und uns die nächsten zehn Jahre begleiten wird." Konkret geht es laut Sackmann dabei um die Generation der 1990er-Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands.

Grund für den Rückgang der Nachfrage nach Adoptionen sind laut Sackmann eher kurzfristige Faktoren. So könnten durch die Corona-Pandemie Beziehungen instabiler geworden seien. Außerdem würden weniger Paare zueinanderfinden.

Zahl adoptierter Kinder bleibt annähernd gleich

Auch wenn Bewerbungen um eine Adoption zurückgegangen sind, ist die Zahl der adoptierten Kinder laut Statistischem Landesamt in etwa gleich geblieben. Demnach wurden in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt pro Jahr 97 Kinder in Sachsen-Anhalt adoptiert – 60 Prozent von nicht-verwandten Menschen, bei 40 Prozent haben Stiefelternteile das Kind angenommen.

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MDR (Linus-Benedikt Zosel, Moritz Arand)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 27. August 2024 | 17:00 Uhr

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