Skandal weitet sich aus "Erhebliches Sicherheitsrisiko": Schusswaffen des LKA spurlos verschwunden
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07. Juni 2024, 12:11 Uhr
Der Landesrechnungshof sieht ein erhebliches Sicherheitsrisiko bei der Polizei Sachsen-Anhalt. Bei einer Kontrolle wurde festgestellt, dass dort zahlreiche Schusswaffen verschwunden sind. Diese soll das LKA der Polizeifachschule geliehen haben. Damit weitet sich die Affäre aus. Erst kürzlich hatte das LKA kurz vor einer Kontrolle Waffen und Munition vernichtet. Das Innenministerium soll die Sachverhalte aufklären.
- Die verschwundenen Waffen bei der Polizei Sachsen-Anhalt werden laut Landesrechnungshof zu einem erheblichen Sicherheitsrisko.
- Das Innenministerium schweigt, die Opposition fordert eine Sondersitzung des Innenauschuss zur Aufklärung.
- Bereits in den letzten Wochen waren bei der Aufbewahrung von Beweismitteln erhebliche Mängel festgestellt worden.
Die Probleme bei der Beweismittelaufbewahrung der Polizei Sachsen-Anhalt sind laut Landesrechnungshof inzwischen ein "erhebliches Sicherheitsrisiko". Nach Informationen von MDR SACHSEN-ANHALT hat der Landesrechnungshof bei einer unangemeldeten Kontrolle festgestellt, dass in der Lehrmittelsammlung der Fachhochschule der Polizei Schusswaffen fehlen.
"Im Kern geht es um deutliche Abweichungen im Waffenbestand", bestätigte der Landesrechnungshof am Donnerstag. Es handele sich dabei sowohl um schussfähige als auch um nicht schussfähige Waffen. Das Fehlen dieser Waffen stelle ein erhebliches Risiko dar.
Das Innenministerium sei informiert. "Wir gehen davon aus, dass das Innenministerium als zuständige Fachaufsicht umgehend Schritte einleiten wird, um die Sachverhalte lückenlos aufzuklären, gegebenenfalls präventiv notwendige Maßnahmen einzuleiten und mögliche strafrechtliche Konsequenzen in eigener Zuständigkeit zu veranlassen", hieß es von Seiten des Landesrechnungshofes.
Kalaschnikow, Winchester und mehr verschwunden
Nach Kenntnis von MDR SACHSEN-ANHALT handelt es sich bei den verschwundenen Waffen um eine zweistellige Anzahl an Waffen, die durch das Landeskriminalamt (LKA) an die Fachhochschule Polizei ausgeliehen worden sind.
Dabei handelt es sich unter anderem um Schusswaffen vom Typ Winchester und Kalaschnikow. Diese Waffen stammen höchstwahrscheinlich aus der Vergleichswaffensammlung des Landeskriminalamtes. Die Übergabe der Waffen in die Lehrmittelsammlung soll dokumentiert worden sein.
Unklar bleibt, ob diese Waffen vernichtet worden sind. Das soll die Polizeidirektion Zentrale Dienste bislang nicht bestätigt haben.
Innenministerium äußert sich nicht
Das Landesinnenministerium äußerte sich bislang nicht zu dem Sachverhalt. Das LKA und die Fachhochschule der Polizei schwiegen ebenfalls. Das Innenministerium begründete dies damit, dass die Prüfung des Landesrechnungshofes noch nicht abgeschlossen sei. Es verwies lediglich einen Bericht, der später an den Innenausschuss des Landtages geht.
Opposition fordert Aufklärung und Sondersitzung
Die Opposition im Landtag forderte am Donnerstag eine Sondersitzung des Innenausschusses. Henriette Quade (Linke) erklärte: "Wenn wirklich Waffen fehlen, besteht ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko. Das muss umgehend Ermittlungen nach sich ziehen." Quader forderte, Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) müsse erklären, wie die Verwahrung von Waffen an der Fachhochschule organisiert sei.
Die Grünen schlossen sich der Forderung einer Sondersitzung des Innenausschusses an. Sebastian Striegel erklärte, er erwarte von der Landesregierung zügige und umfassende Aufklärung zu den sicherheitsrelevanten Vorgängen. Eine Sondersitzung sei unumgänglich. Auch die AfD-Fraktion drängte, dass die Vorgänge aufgeklärt werden müssten.
Auch Rüdiger Erben (SPD), der selbst Teil der Regierungskoalition ist, kritisierte, die Aufklärung müsse durch das Innenministerium und die Polizei erfolgen, nicht nur durch den Landesrechnungshof. Erben sprach sich ebenfalls für eine Sondersitzung aus.
Landesrechnungshof stellte schon früher erhebliche Mängel festgestellt
Der Landesrechnungshof hatte in seinem Prüfbericht Anfang des Jahres erhebliche Mängel bei der Aufbewahrung von Beweismitteln bei der Polizei festgestellt. Es ging unter anderem um 274 Waffen aus der Vergleichswaffensammlung des LKA, die nicht ordnunsgemäß vernichtet wurden, sowie um entwendete Beweismittel. Dabei waren unter anderem die Attrappe einer Stabhandgranate und eine nicht ordnungsgemäß vernichtete Maschinenpistole entdeckt worden. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurde beim LKA eine Überprüfung der Vergleichswaffensammlung eingeleitet, die momentan andauert.
Zudem wurden bei einem Polizisten im Harz zuletzt mehrere Beweismittel festgestellt, die dieser privat auf seinem Grundstück aufbewahrt haben soll. Gegen ihn ist ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Weiterhin war bekannt geworden, dass aus der Asservatenkammer im Polizeirevier Salzlandkreis rund 13.000 Euro verschwunden sind.
MDR (Leonard Schubert, Lars Frohmüller), dpa
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 05. Juni 2024 | 19:00 Uhr