Auf der Baustelle Nachterstedt: Besuch im Sperrgebiet des Concordiasees
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16. April 2023, 17:21 Uhr
Die Sanierungsarbeiten am Concordiasee in der Stadt Seeland gehen voran – und sollen in ein paar Jahren abgeschlossen sein. Zugang zum Wasser von der Nachterstedter Seite des Sees aus wird es allerdings erst geben, wenn die Flutung des ehemaligen Tagebaus abgeschlossen ist – in den 2040er Jahren. Eine Ortsbegehung im Sperrgebiet.
Im Juli vor 14 Jahren (2009) hat sich frühmorgens die Böschung des Concordiasees in Bewegung gesetzt. Häuser sind in den Tagebausee gerutscht. Drei Menschen starben bei dem verheerenden Erdrutsch. Viele weitere Menschen verloren ihre Häuser. Seitdem laufen am Concordiasee Sanierungsarbeiten. Die Nachterstedter Seite des Sees ist nach wie vor Sperrgebiet. Die Straße dorthin endet an einem Bauzaun. Der wird noch ein paar Jahre stehen bleiben. In Nachterstedt in den See springen – das wird erst möglich sein, wenn die Flutung abgeschlossen ist: in vielen, vielen Jahren. Ein Ortstermin hinter dem Sperrzaun.
Ortsbesuch im Sperrgebiet
Ein vergilbtes Schild steht hier, neben dem Container für den Sicherheitsdienst am Eingang des Sperrgebiets. Concordiasee, Seeland steht drauf. Hinter dem Zaun: eine gigantische Baustelle. Das See-Ufer wird großflächig gesichert. Für die Nachterstedter ist hier: Schluss. "Dann guckt man ja so ins Leere", sagt eine Anwohnerin. "Es war schon schlimm damals. So schnell vergisst man das nicht", sagt sie.
Hinter dem Sperrzaun ist viel passiert. Mehr als 280 Millionen Euro sind bis jetzt in die Sanierung des Concordiasees geflossen. Die Hauptarbeiten am Rutschungskessel sollen in wenigen Jahren abgeschlossen sein. Einen Zugang zum Concordiasee wird es aber hier auf der Nachterstedter Seite erst geben, wenn die Flutung des Sees abgeschlossen ist.
Das haben Seelands Bürgermeisterin Heidrun Meyer (parteilos), Stadträte, Ortsbürgermeister, Ehrenamtliche aus dem Ort gerade vom Bauherren erfahren – vom Bergbausanierer LMBV.
Meilensteine bei der Sanierung des Concordiasees
• 2026: Fertigstellung der Hauptsanierungsarbeiten nach den Erdrutschen von 2009 und 2016
• 2026: Frühester Planungsbeginn für den Ersatzneubau der Kreisstraße, die beim Erdrutsch zerstört wurde
• Sukzessive Teilrücknahme des Sperrgebiets
• ca. 2029 möglicher Flutungsbeginn
• ca. 2045 Ende der Flutung und Freigabe der Seefläche
Nach der Präsentation ist eine Vor-Ort-Begehung geplant. Seelands Bürgermeisterin Heidrun Meyer fährt selten am Wachposten am Eingang des Sperrgebiets vorbei auf die Baustelle.
Die große Baustelle hinter dem Sperrzaun
Seelands Bürgermeisterin Heidrun Meyer fährt selten auf das Gelände. Erinnerungen kommen hoch, sagt sie, als der Wachposten sie durchwinkt. "Da hinten ein paar Meter weiter ist unser See, und von daher ist das alles noch so unwirklich", sagt sie. Schadeleben, der nutzbare Teil des Sees, liegt gegenüber. Um uns herum: aufgeschüttete Hänge. 40.000 LKW-Ladungen hat der Bergbausanierer LMBV hier verbaut.
"Die Böschungen sind ja nicht gewachsen", sagt Bernd Slabotny, Sprecher der Geschäftsführung des Bergbausanierers LMBV. Die Hänge wären teilweise auch geschüttet. Deshalb müssten sie aufgebaut werden. "Zum einen, um dann auch während der Flutung stabil zu sein, aber vor allem dann im Endzustand dann auch eine Wasserwechselzone zu bekommen." Dazu müsse das Material in bestimmten Schichten aufgetragen und immer wieder verdichtet werden. "Und so kann man nur ein Schritt nach dem anderen gehen. Es geht dadurch eben nicht schneller", so Slabotny. Das gesperrte Areal aber, wird kleiner werden. Und damit tun sich Möglichkeiten auf.
Förderkreis sieht Möglichkeiten
Hier in Nachterstedt gibt es den Förderkreis Harzer Seeland. Ein Verein, dessen Mitglieder sich ehrenamtlich um die Entwicklung des Tagebausees kümmern. Schon seit Jahrzehnten. Sie organisieren zum Beispiel Ausstellungen und Feste.
In Nachterstedt unterhält der Verein ein Büro. Eckhardt Denzin ist der Vereinsvorsitzende des Vereins. Für Nachterstedt wünscht er sich wieder einen Aussichtspunkt über den See. So, wie es ihn schon mal gab. "Man konnte den ganzen See betrachten", sagt er. Feste habe man dort gefeiert. 2009 ist das damals alles mit in den See gerutscht.
Im Sperrgebiet
Heute ist das hier eine Mondlandschaft mit künstlich aufgeschütteten Hängen. Und Eckhard Denzin steht mittendrin. "Ein seltsames Gefühl. Man kennt es aus der Kindheit. Leute haben hier gewohnt." Eigentlich sei hier auch der Weg zum Aussichtspunkt gewesen. "Dass alles saniert wird, ist schon der blanke Wahnsinn."
Vor uns: neu befestigte Böschungen. Noch immer wird hier gebaut. In ein paar Jahren sollen die Arbeiten am Rutschungskessel selbst aber abgeschlossen sein. Auch, wenn es noch viele Jahre hier in Nachterstedt keinen direkten Seezugang geben wird, ist der Vorsitzende des Förderkreises zuversichtlich.
Die Idee: Ein neuer Aussichtspunkt
"Wir können trotzdem noch ein bisschen was machen, und das werden wir auch." Während einer Versammlung hat er den Aussichtspunkt angesprochen. Man begnüge sich erst einmal mit dem Blick auf den See, hier in Nachterstedt. Eine der Besucherinnen sagt: "Wir leben halt lieber auf Nummer sicher, dass uns garantiert wird, das nichts passiert. Die drei Toten haben ja gereicht damals, und das will niemand wieder haben. Also gehen wir lieber auf Nummer sicher."
Wir leben halt lieber auf Nummer sicher, dass uns garantiert wird, das nichts passiert. Die drei Toten haben ja gereicht damals, und das will niemand wieder haben.
Auch Nachterstedts Ortsbürgermeister Steffen Groß (Unabhängige Wählergemeinschaft Nachterstedt) läuft hier mit durch das riesige Baustellen-Areal. "Also das fühlt sich tatsächlich viel schöner an, als im Sitzungssaal zu sitzen und die blanken Zahlen zu hören", sagt er. "Also wenn ich das jetzt sehe, das Wasser und eigentlich das, was hier schon passiert ist, dann ist da sehr viel Optimismus drinnen, dass das geschafft wird."
Weiterhin Pläne für Tourismus
Dass es Tourismus am Concordiasee geben kann, wir an der andere Seeseite in Schadeleben deutlich: Sie ist für den Wassersport und für den Badebetrieb freigegeben. Dort gibt es Gastronomie, Sachsen-Anhalts größter Freiluftspielplatz und das Abenteuerland Schadeleben ist nicht weit entfernt. Der gesperrte Bereich wird zukünftig Stück für Stück kleiner werden, hier in Nachterstedt.
Es braucht Geduld – aber es geht voran, hier am Concordiasee.
MDR (Tom Gräbe,Johanna Daher)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 11. April 2023 | 19:00 Uhr
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