Tagungsräume und Labore Flughafen Cochstedt will Betrieb im neuen Jahr ausweiten
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28. Dezember 2022, 05:00 Uhr
Seit diesem Jahr können auf dem Flughafen Cochstedt im Salzlandkreis wieder Flugzeuge landen. Außerdem wird auf dem Gelände an Flugdrohnen geforscht und getestet. Die Betreiber planen, beide Bereiche auszuweiten.
Fünfzehn Meter, 20 Meter. Weiter sollen wir an diesem bitterkalten und windigen Dezembertag nicht vom Flughafengebäude auf die Rollbahn laufen. Sonst bräuchten wir ein Funkgerät. Das hat damit etwas zu tun, dass der Flughafen auch wieder offiziell ein Flughafen ist.
Flugzeuge heben seit 2021 wieder in Cochstedt ab
Am Eingang sitzen Wachleute in einem Container. Ausweise werden kontrolliert. Besucher bekommen Westen. Seit dem Frühjahr können Flugzeuge wieder den Flughafen ansteuern. Schon 2021 war der Testbetrieb mit Drohnen gestartet. Das Gelände auf Vordermann zu bringen. Die Infrastruktur für den Flughafen auszubauen, das sei viel Arbeit gewesen. Allerdings: der Betrieb wird so auch einfacher.
"Es fängt an bei Standardabläufen und morgendlichen Briefings. Wer macht was und geht aber dann eben bis hin zu Notfall-Prozeduren, falls jetzt mal irgendwie bei einem Test was nicht so glatt geht", sagt Jean Daniel Sülberg. Er ist der Leiter des Erprobungszentrums für unbemannte Luftfahrtsysteme. "Dafür sind wir ja auch da, dass das wirklich einfach professionell abgepuffert wird."
Politiker und Privatleute fliegen ab Cochstedt
Und auch sonst dürften Anwohner nebenan in Cochstedt oder Schadeleben schon mitbekommen haben, dass hier auch das eine oder andere Flugzeug unterwegs ist.
"Die normalen Kunden sind teilweise Leute, die jetzt zu politischen Besuchen in Magdeburg auflaufen", sagt Jean Daniel Sülberg. Teilweise auch international. Auch Privatpersonen, die von hier aus in den Urlaub fliegen – das gab es auch schon, sagt der Leiter des Erprobungszentrums.
Der Flugverkehr ist aber nicht mit anderen Flughäfen vergleichbar. Das muss auch nicht so sein. Das ehemalige Passagierterminal ist eingezäunt – und gerade eine Baustelle.
Tagungsräume und Labore entstehen am Flughafen
Drinnen sind die letzten Zeugnisse aus einer Zeit verschwunden, in der von dem Areal aus Ferienflieger gestartet sind. Ein Terminal im Mini-Format stand hier. Gepäckabfertigung, Autovermietung, Fundbüro, Gastronomie.
Alles im architektonischen Schick längst vergangener Zeiten. Die Hinweisschilder hingen in diesem Jahr noch. Jetzt wird das Gebäude umgebaut, zu einem Haus, das sich für kleine Konferenzen und Tagungen nutzen lässt. "Um auch diese Art der Vernetzung mehr nach Cochstedt zu ziehen", sagt Jean Daniel Sülberg.
Außerdem sollen neue Labore entstehen, auch ein großes Missionskontrollzentrum – um wissenschaftliche Infrastruktur zwischen DLR und externen Kunden besser zu vernetzen.
DLR investiert mehrere Millionen Euro
Alles in allem dürften in den Ausbau des Flughafens durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt rund 15 Millionen Euro fließen – inklusive der Vorhaben, die jetzt noch geplant sind.
Das Erprobungszentrum ist eine Test-Infrastruktur für die Zukunft der Luftfahrt. Für Drohnen. Medikamente aus der Apotheke aus der Luft liefern zu lassen – das wurde in diesem Jahr hier auf dem Gelände getestet.
Jean Daniel Sülberg kommt ein wenig ins Schwärmen, wenn er von den Testkampagnen spricht. Frachtdrohnen, die automatisch Rettungshubschrauber umfliegen. Projekte, die auch gesellschaftlich etwas bewegen können, sind dabei.
Fluggeräte, die humanitäre Hilfe bringen können, also Fracht zum Beispiel in schwer zugängliche Gebiete. "Das ist schön zu sehen, dass dass eben so Einsatzgebiete sind, wo neue Technologien wirklich Mehrwerte bringen."
Flughafen könnte ausgeweitet werden
Entwickeln könnte sich auch der Flughafen. Momentan gebe es einen Standardbetrieb mit 5,7 Tonnen schweren Flugzeugen im Sichtflug. Das könnte ausgeweitet werden. "Der Plan wäre, ab 24 voraussichtlich auf 14 Tonnen Abfluggewicht mit einem Instrumenten-Landeverfahren zu gehen."
Im nächsten Jahr werde man das bewerten, sagt Jean Daniel Sülberg noch. "Da hängen auch noch wieder behördliche Prozesse dran." Außerdem sei abzuwägen, ob eine Ausweitung des Flugbetriebes Auswirkungen auf den Forschungsbetrieb hat. Allerdings: Das Gelände ist wieder ein Verkehrsflughafen. "Und wir haben uns als DLR auch verpflichtet, einen solchen zu betreiben", sagt der Leiter des Erprobungszentrums.
Als Verkehrsflughafen nie rentiert
Der Flughafenbetreiber, also das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, denkt langfristig. Dass der Airport wieder als Flughafen ans Netz geht, das war der Landesregierung wichtig. Gebaut wurde der Flughafen usprünglich als sowjetischer Militärflugplatz. Nach der Wende war er viele Jahre ein Sorgenkind der Landesregierung. Seit den 90er Jahren waren mehr als 50 Millionen Euro in den Flughafen investiert worden. Als Verkehrsflughafen hatte er sich nie rentiert.
Unvergessen, die Bilder, als Ryan-Air-Geschäftsführer Michael O'Leary im Harlekin-Kostüm aus einem Flugzeug stieg, auf dem Rollfeld vor Vertretern der Landesregierung und Medien. Die Fluggesellschaft steuerte von Cochstedt aus Urlaubsziele an –und zog sich dann wieder zurück. 2016 musste der Flughafen ganz geschlossen werden.
In diesem Mai gab es hier auf der Rollbahn eine ähnliche Situation: Wieder standen Vertreter der Landespolitik auf dem Rollfeld, als das erste Flugzeug nach der offiziellen Wiedereröffnung landen sollte. In diesem Jahr ein kleineres Flugzeug. Und eines mit einem Logo des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt.
Drohnen testen und Rechtslage ausloten
Das Erprobungszentrum für unbemannte Fluggeräte, das war schon im Vorjahr eröffnet worden. Die Zukunft will geplant werden – auch im Arbeitsumfeld der Drohnenforscher. Es braucht nicht nur Technologie, sondern auch Rahmenbedingungen, Regeln, Gesetze und Vorschriften dafür. Und die müssen mitunter auch erst noch geschrieben werden.
"Es ist natürlich so, dass die Technologien selber nicht so komplett fertig sind, dass alle nur noch warten, dass es endlich mal die Rechtslage entsteht." Gleichzeitig bedinge aber die aktuelle Rechtslage die Geschwindigkeit, mit der sich Technologie weiterentwickeln könne, so Jean Daniel Sülberg.
"Was glaube ich interessant ist, ist, dass durch genau solche Vorhaben wie hier in Cochstedt, dafür aber auch auf beiden Seiten eine gewisse Awareness [ein Bewusstsein, Anmerkung der Redaktion] es geschaffen wird."
Also, auch Erfahrungsaustausch mit Behörden, mit dem Gesetzgeber. Schließlich erproben sie hier ganz praktisch, wie der unbemannte Luftverkehr von Morgen funktionieren kann. Und so bietet das Areal bei Cochstedt auch Platz für die Entwicklung von Technologie.
Es gibt die nächsten Jahre ordentlich etwas zu tun, sagt Jean Daniel Sülberg noch. Und ganz hinten, am Rad des Rollfelds, vor einem Werkstatt-Hangar steigt surrend eine Drohne auf.
MDR (Tom Gräbe, Julia Heundorf)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 28. Dezember 2022 | 12:00 Uhr
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