Der Ältestenrat des Landtages von Sachsen-Anhalt ist zu einer Sondersitzung nach der Todesfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt vom 20. Dezember 2024 zusammengekommen.
Zusammenkunft des Ältestenrates im Magdeburger Landtag. Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Innenministerin im Ältestenrat Mutmaßlicher Täter von Magdeburg erhielt zwei Gefährderansprachen

27. Dezember 2024, 07:30 Uhr

Der mutmaßliche Täter von Magdeburg hat vor der Tat von der Polizei zwei Gefährderansprachen erhalten – eine im Herbst 2023 und eine im Oktober dieses Jahres. Dazwischen hätte es sogar noch eine weitere geben sollen. Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang klärte den Ältestenrat des Landtages am Montag über die Kontaktaufnahmen auf. Laut Sozialministerium gab es in der Bernburger Klinik, in der der Mann gearbeitet hatte, keine Anzeichen, dass er gefährlich ist.

Die Polizei hat den mutmaßlichen Täter von Magdeburg einige Wochen vor der Tat kontaktiert. Im Oktober dieses Jahres sei eine sogenannte Gefährderansprache durchgeführt worden, sagte Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang im Ältestenrat des Landtags in Magdeburg. Es war demnach die zweite nach einer ersten im September 2023. Das Gespräch im vergangenen Jahr sei im Polizeirevier Salzlandkreis durchgeführt worden. Das Gespräch in diesem Jahr sei auf der Arbeitsstätte erfolgt, sagte die CDU-Politikerin.

Ansprache im Oktober wegen Bedrohung

Die Hintergründe zu den Gefährderansprachen blieben auch auf Nachfrage der Abgeordneten zunächst offen. Zieschang sagte, der jeweilige Zusammenhang sollte im vertraulichen Teil der Sitzung des Ältestenrats dargestellt werden. Wie die Deutsche Presse-Agentur nach der Sitzung erfuhr, soll die jüngste Ansprache in Zusammenhang mit einer Bedrohung gestanden haben. Der Mann soll einen Rechtsanwalt, der ihn einst in einem Verfahren vertreten hatte, bedroht haben. Nachdem Anzeige gestellt wurde, suchte die Polizei den Mann auf der Arbeit auf.

Laut Sozialministerin Petra Grimm-Benne, die sich ebenfalls im Ältestenrat äußerte, hätten die Beamten des Polizeireviers Salzlandkreis den Mann am 4. Oktober 2024 auf der Arbeit, einer medizinischen Einrichtung, aufgesucht und angetroffen. Über den Inhalt habe der Ärztliche Direktor, auf den sich Grimm-Benne bezog, keine Kenntnis gehabt. Seit Ende Oktober sei der Beschuldigte Taleb A. nicht mehr im Dienst gewesen, sagte Grimm-Benne.

Weitere Versuche im Dezember 2023

Taleb A. war in den vergangenen Jahren an verschiedenen Stellen aufgefallen. Zieschang sagte, nach einem Post des Mannes auf der Plattform X am 1. Dezember 2023 habe die Polizei Ermittlungen aufgenommen. In diesem Zusammenhang hätten die Beamten ebenfalls versucht, eine Gefährderansprache durchzuführen. Weder am 2. Dezember noch am 4. Dezember 2023 sei der Mann jedoch angetroffen worden, sagte Zieschang. Das Verfahren wurde demnach später eingestellt. Die Polizeiinspektion Magdeburg ergänzte später, dass es am 2. sowie 4. Dezember jeweils zwei und am 5. Dezember 2023 einen fünften Versuch einer Gefährderansprache gegeben habe.

Mit einer Gefährderansprache will die Polizei signalisieren, dass sie einen potenziellen Straftäter im Blick hat und fordert ihn auf, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Bei dem Anschlag mit einem Auto am Freitagabend waren fünf Menschen getötet und nach aktuellen Zahlen bis zu 235 verletzt worden. Taleb A. sitzt in Untersuchungshaft. Ihm werden fünffacher Mord, mehrfacher versuchter Mord und mehrfache gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Sozialministerium: Keine Anzeichen für Gefährlichkeit in der Klinik in Bernburg

Für die Salus-Klinik Bernburg im Salzlandkreis, wo der mutmaßliche Täter zuvor gearbeitet hatte, hat es offenbar keine Anzeichen gegeben, dass er gefährlich ist. Das hat das Landessozialministerium als Aufsichtsbehörde MDR SACHSEN-ANHALT mitgeteilt. Wörtlich hieß es: "Anhaltspunkte für eine Gefährlichkeit konnte die Salus nicht erkennen." Auch an seiner ärztlichen Qualifikation bestanden laut Ministerium keine Zweifel.

Wie "Der Spiegel" am Montag berichtete, haben Ermittler nach dem Anschlag in dem Auto das Testament des Fahrers gefunden. Darin habe er sein gesamtes Vermögen nach seinem Tod dem Deutschen Roten Kreuz vermacht. Politische Botschaften waren demnach nicht enthalten. Die Deutsche Presse-Agentur teilte zudem mit, man habe aus Sicherheits-Kreisen erfahren, dass sich die Hinweise verdichten, dass der Mann psychisch erkrankt sei. Demnach wurden seine Äußerungen in sozialen Medien zuletzt zunehmend wirrer und radikaler.

Ein Auto, mit dem ein Täter in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefahren sein soll, steht mit offenen Türen in der Nähe des Tatorts. 1 min
Ein Auto, mit dem ein Täter in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefahren sein soll, steht mit offenen Türen in der Nähe des Tatorts. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
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In dem Auto, mit dem ein mutmaßlicher Attentäter am Freitag in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefahren ist, haben Ermittler laut Bericht des "SPIEGEL" das Testament des Fahrers gefunden.

MDR SACHSEN-ANHALT Di 24.12.2024 07:00Uhr 00:30 min

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dpa/AFP/MDR(pfh, Katharina Gebauer, Norma Düsekow, Maren Wilczek)

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 23. Dezember 2024 | 18:00 Uhr

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