Menschen sitzen in einem Raum, im Hintergrund steht jemand an einem Pult und hält einen Vortrag
Der Verfassungsschutz hat in Blankenburg eine Veranstaltung zu rechtsextremen Gruppierungen angeboten. Bildrechte: MDR/Michel Holzberger

Völkische Siedler im Harz Verfassungsschutz klärt über rechtsextremistischen Verein auf

08. November 2023, 14:30 Uhr

Am Sonntag wird in Wienrode im Harz ein neuer Ortschaftsrat gewählt. Dafür haben sich auch zwei Mitglieder des Vereins "Weda Elysia" aufstellen lassen, den der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat. Der Verein fühlt sich nach eigenen Angaben falsch verstanden. Man wolle sich nur im Dorf einbringen, so der Vorsitzende.

Wenige Tage vor der Wahl des Ortschaftsrates von Wienrode im Harz hat der Verfassungsschutz am Dienstagabend die Einwohner über eine als rechtsextremistisch eingestufte Gruppierung informiert. Bei der Wahl am kommenden Sonntag wollen zwei Mitglieder des Vereins "Weda Elysia" antreten. Laut Verfassungsschutz verbreitet der Verein antisemitische Inhalte, Straftaten lägen aktuell aber nicht vor.

Der Verein, der der völkischen Siedlungsbewegung zuzurechnen sei, habe 15 Mitglieder und wolle Rückzugsräume schaffen. Deswegen seien inzwischen 20 Grundstücke in Wienrode übernommen worden, darunter ein Café. Mit Aktivitäten vor Ort versuche der Verein, den Menschen die eigene Ideologie nahezubringen.

Einwohner von Wienrode teilten MDR SACHSEN-ANHALT am Rande der Infoveranstaltung in Blankenburg mit, in der Vergangenheit seien Volkstänze aufgeführt und Rituale vollzogen worden. Das sehe schön aus, werde aber für rechtsextremistische Zwecke missbraucht. Einige Anwohner gaben an, sie seien für ein buntes Wienrode und hätten Sorge um die Demokratie und Angst vor einer "rechten Ausbreitung".

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"Weda Elysia": Wollen uns nur ins Dorf einbringen

Der Vorsitzende des Vereins, Maik Meinhard Schulz, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man fühle sich falsch verstanden. "Wir wollen von Herzen einen Familienlandsitz aufbauen und das natürlich auch mit anderen teilen, aber wir zwingen das keinem auf. Wir möchten auch nicht politisch aktiv sein, aber wir möchten uns in das Dorf einbringen und deshalb haben sich auch zwei Mitglieder aus unserem Verein als Kandidaten aufgestellt." Schulz bestätigte, dass eine Kandidatin seine Frau sei.

Der Bürgermeister von Blankenburg, Heiko Breithaupt (CDU), sagte MDR SACHSEN-ANHALT, er hoffe, dass nach der Veranstaltung mit Blick auf die Wahl ausreichend aufgeklärt worden ist. "Ich glaube, dass diejenigen, die hier sein konnten, das im Nachhinein vielleicht ein Stück weit als Befreiung empfunden haben, das aus dem Bericht heraus öffentlich und klar zitiert wurde, was der Verfassungsschutz als eklatant in den Vereinsaktivitäten ansieht, um auch offener selber damit umzugehen, im eigenen Ort und sich nicht zurückzuziehen hinter die eigenen vier Wände. Ich wünsche mir einfach, dass dieses offene Demokratieverständnis jetzt auch nach dieser Veranstaltung zutage tritt." Die Ortschaftsratswahl in Wienrode werde auf jeden Fall stattfinden. Drei Positionen im Ortschaftsrat müssten nachbesetzt werden.

Stichwort: "Weda Elysia" "Weda Elysia" präsentiert sich als traditionsbewusst und naturnah. Dabei beruft sich der Verein auf die sogenannten Anastasia-Bücher, eine Art Fantasy-Romanreihe des russischen Autoren Wladimir Megre. Seine Werke sind Mischungen aus Esoterik, Naturromantik und Aussteigertum. Die Hauptfigur Anastasia, eine mystische Frau mit offenbar übersinnlichen Fähigkeiten, ruft die Leser auf, sich auf dem Land anzusiedeln, um im Einklang mit der Natur zu leben. "Weda Elysia" wirbt außerdem für sogenannte "Sippen-Landsitze".
Hinter der Anastasia-Buchreihe stehe eine gefährliche ideologische Mischung, analysiert der Rechtsextremismus-Forscher Matthias Quent: "Die Anastasia-Mythologie basiert auf einer antisemitischen, einer rassistischen und antimodernen Weltanschauung. Und da haben wir schon drei ganz zentrale Elemente des Faschismus wiedergefunden." Beispielsweise finden sich in den Büchern antisemitische Verschwörungsmythen über vermeintlich gierige Juden, die "Schuld auf sich geladen" hätten.

Verfassungsschutz: "Weda Elysia" gesichert rechtsextremistisch

Im Juni veröffentlichte die Landesregierung in einer Pressemitteilung zum Verfassungsschutzbericht 2022, dass "Weda Elysia" vom Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet wird. Gründe seien antisemitische Inhalte in der Anastasia-Buchreihe.

Es werde unter anderem behauptet, dass Juden die Presse verschiedener Länder unter ihre Kontrolle gebracht hätten und das Fernsehen von Grund auf jüdisch sei, so Verfassungsschutzchef Jochen Hollmann. Ferner sei der Geldfluss in der Welt zum größten Teil von Juden kontrolliert. Juden würden in den Büchern als Draht- und Strippenzieher dargestellt, die unter dieser Maßgabe Wirtschaftskrisen, Revolutionen oder Kriege anzetteln, um hieraus Vorteile zu ziehen.

Laut Jahresbericht 2022 des Verfassungsschutzes Sachsen-Anhalt sind einige Akteure von "Weda Elysia" mit einer anderen Gruppierung vernetzt: Der sogenannten "Artgemeinschaft" – eine völkische und rassistische Gruppierung, die als "wichtige Schnittstelle der deutschen Neonaziszene" fungiere. Diese rechtsextreme Organisation wurde erst Ende September durch das Bundesinnenministerium verboten.

MDR (Michel Holzberger, Marvin Karlies, Annekathrin Queck)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. November 2023 | 15:15 Uhr

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