Archäologie Taufbecken der Ottonen in Quedlinburger Stiftskirche entdeckt

12. März 2024, 16:01 Uhr

In der Stiftskirche Quedlinburg haben Archäologen den Standort eines Taufbeckens des Ottonen-Herrschergeschlechtes aus dem 10. Jahrhundert entdeckt. Die Forscher sprechen von einer Sensation. Es sei der älteste Nachweis eines Taufbeckens mit vier Bögen nördlich der Alpen. Der Fund sei etwa 50 Zentimeter tief und zwei Meter breit. Dort seien möglicherweise mehrere Mitglieder des Geschlechts der Ottonen getauft worden – etwa Mathilde, die Tochter von Kaiser Otto dem Großen und Kaiserin Adelheid.

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  • In der Krypta der Stiftskirche Quedlinburg haben Archäologen die Reste eines mittelalterlichen Taufbeckens entdeckt, das sie dem Herrschergeschlecht der Ottonen zuordnen.
  • Seit Jahrzehnten wurde vermutet, dass sich dort unter dem Boden Geheimnisse verbergen, doch erst jetzt konnten sie mit moderner Technik gelüftet werden.
  • Ein weiterer entdeckter Schacht soll noch untersucht werden, anschließend wird alles wieder zugeschüttet.

Eigentlich wollte man nur neue Kabel verlegen. Doch unter den Bodenplatten der romanischen Krypta in der Stiftskirche St. Servatius schlummerte, darüber sind sich die Archäologen einig, eine Sensation. Hier fand man die Einfassung eines vierpassförmigen Taufbeckens aus dem 10. Jahrhundert.

"Es ist das älteste Taufbecken in so einer hochrangigen Art, das wir überhaupt nördlich der Alpen kennen", ordnet Landesarchäologe Harald Meller den Fund ein. "Und es ist natürlich ein zentraler Machtort der Ottonen."

Die Herrschaft der Ottonen reichte über ganz Europa

Seit 939 war Quedlinburg, neben Memleben, Helfta und Magdeburg, königliche Pfalz, und später hochadeliges Damenstift. Die dem Geschlecht der sächsischen Liudolfinger entstammenden Ottonen regierten von hier aus über mehrere Generationen hinweg weite Teile Mittel- und Südeuropas – Heinrich als König des Ostfrankenreiches, dessen Sohn, Otto der Große, sowie Otto II. als Kaiser das sogenannte Heilige Römische Reich. Das Taufbecken markiert praktisch den sakralen Ausgangspunkt dieser Herrschaft.

Der ehemalige Standort eines Taufbeckens 4 min
Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Bein
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In Quedlinburg haben Archäologen Reste eines Taufbeckens des mittelalterlichen Herrschergeschlechts der Ottonen entdeckt. Die Forscher sprechen von einer Sensation. Eva Gaeding berichtet.

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"Also da wird nicht jeder getauft, sondern die Crème de la Crème der Ottonen", erläutert Projektleiter Donat Wehner. "Das heißt, wir können mit einem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad davon ausgehen, dass hier die Prinzessin Mathilde, aber auch die Prinzessin Adelheid, beides Äbtissinnen hier, in diesem Taufbecken getauft worden sind."

Als "Ort der Frauenpower" bezeichnet Wehner deshalb auch die Kirche. Die Prinzessinnen empfingen hier das wichtigste Sakrament in ihrem Leben. Waren die männlichen Regenten gerade auf Reisen, so lenkten die Äbtissinnen die Geschicke der Stadt.

Schichten der Vergangenheit in der Krypta

Achtungsgebietend, in ihren kostbaren Gewändern, blicken sie uns noch immer von ihren romanischen Grabplatten aus an. Sie liegen unweit des Fundortes in der Krypta begraben. Auch Heinrich I. soll hier seine letzte Ruhestätte gefunden haben. Dass der Boden noch weitere Geheimnisse birgt, war seit Längerem bekannt, erzählt Donat Wehner und nennt den Architekten und Denkmalpfleger Hermann Wäscher, der in den 30er- und 40er-Jahren Grabungen durchführte.

"Er hat aber nur kurz unter die heutigen Fußplatten gucken können und dann, auch aufgrund der fehlenden Technik, nicht ganz die richtigen Schlüsse ziehen können."

Von der Stiftskirche zur NS-Kultstätte

Später okkupierten die Nazis den Ort. Sie wollten aus der Kirche eine germanische Kultstätte machen. "Heinrich Himmler hat sich ja als Reinkarnation von Heinrich dem Ersten gesehen, und man war hier auf der Suche nach dessen Grab. Also das ist ein sehr dunkles Kapitel hier", so Wehner.

Mit den heutigen Untersuchungsmethoden können die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nun eine genaue Datierung des Taufbeckens und seiner Umgebung vornehmen. Wenige Schritte weiter harrt zum Beispiel ein kreisförmiger Schacht im Sandstein seiner genaueren Untersuchung.

Schacht in Quedlinburger Stiftskirche
Die Archäologen haben in der Stiftskirche einen weiteren Schacht entdeckt, der noch untersucht werden soll. Bildrechte: MDR/Eva Gaeding

Der Fund verschwindet bald wieder im Untergrund

Im Anschluss wird dann alles wieder zugeschüttet. Ist das nicht schade? "Das ist für den Befund am besten", beschwichtigt der Archäologe Holger Rode, der die Ausgrabungen geleitet hat. "Im Laufe der Zeit ginge das alles kaputt. Und da ist wirklich das Bewahren in der Erde das Beste."

Getauft wurde übrigens, das war vor über 1.000 Jahren üblich, nur einmal im Jahr in der Zeit um Ostern. Man könnte die bevorstehenden Feiertage also ganz gut für einen Ausflug in den Harz nutzen, um im weihevollen Halbdunkel der Krypta jener kleinen, ottonischen Prinzessinnen zu gedenken, die hier in den kalten Vorfrühlingstagen unfreiwillig baden gingen.

Weitere Informationen:

Stiftskirche St. Servatii
Schlossberg 1g
Quedlinburg

Öffnungszeiten:
Dienstag–Sonntag und an Feiertagen 10:00–18:00 Uhr
Montags geschlossen
letzter Einlass eine Stunde vor Schließung

Quelle: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, dpa, redaktionelle Bearbeitung: hki

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 12. März 2024 | 07:30 Uhr

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