Umweltbundesamt Experte: Abgelassenes Kerosin der Boeing ist voraussichtlich ungefährlich
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20. Juli 2023, 18:14 Uhr
Das Frachtflugzeug, das am Dienstagabend über dem Norden Sachsen-Anhalt gekreist ist, hat dabei 94 Tonnen Kerosin abgelassen. Das hat die Deutsche Flugsicherung MDR SACHSEN-ANHALT bestätigt. Die Boeing 747 war mehrere Schleifen über Magdeburg, Börde und Altmark geflogen und dann zum Flughafen Leipzig/Halle zurückgekehrt. Jetzt heißt es seitens des Umweltbundesamts, dass das abgegebene Kerosin "unkritisch" für Menschen und die Umwelt sei.
- Das über dem Norden Sachsen-Anhalts kreisende Frachtflugzeug hat 94 Tonnen Kerosin abgelassen.
- Die Boeing 747 hatte nach dem Start Probleme mit dem Kabinendruck und war zum Flughafen Leipzig/Halle zurückgekehrt.
- Dass Flugzeuge Treibstoff ablassen, kommt immer wieder vor.
Der von einem Frachtflugzeug über Teilen Sachsen-Anhalts abgelassene Treibstoff hat vermutlich nicht den Boden erreicht. Das hat das Umweltbundesamt (UBA) MDR SACHSEN-ANHALT am Donnerstag mitgeteilt. Martin Lange, Leiter des Fachgebietes Kraftstoffe und Energie im Verkehr, sagte, das Kerosin sei beim Ablassen in feine Tröpfchen zerstäubt und durch die hohe Geschwindigkeit des Flugzeugs weiter verwirbelt worden. Man gehe davon aus, dass durch die hohen sommerlichen Temperaturen und die starke Sonneneinstrahlung ein Großteil des Kerosins bereits nach kurzer Zeit noch in der Luft verdunstet ist. Das Ablassen sei nach dem aktuellen Kenntnisstand für Mensch und Umwelt "unkritisch".
Lange wies in diesem Zusammenhang auf eine umwelttoxikologische Bewertung des Umweltbundesamtes hin. Darin schließt sich das UBA der Empfehlung zahlreicher Wissenschaftler an, die in Deutschland geltende Mindestflughöhe beim Treibstoffschnellablass von bisher rund 1.800 auf rund 3.000 Meter zu erhöhen. Dadurch soll auch bei weniger optimalen Wetterbedingungen (hohe Luftfeuchtigkeit, wenig Sonneneinstrahlung, niedrige Lufttemperaturen) die Konzentration der Kerosinbestandteile reduziert werden, die den Boden erreichen können. Lange zufolge ist diese Empfehlung beim Ablassen über Sachsen-Anhalt aber bereits beachtet worden.
Flugzeug hatte Treibstoff über Sachsen-Anhalt abgelassen
Die Boeing 747, die am Dienstagabend mehrere Schleifen über dem Norden Sachsen-Anhalt geflogen ist, hat dabei tonnenweise Treibstoff abgelassen. Das hat die Deutsche Flugsicherung auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT bestätigt. Einer Liste des Luftfahrt-Bundesamtes zufolge sollen es 94 Tonnen gewesen sein.
Die Boeing 747 der amerikanischen Airline Kalitta Air war am Dienstagabend am Flughafen Leipzig/Halle in Richtung Cincinatti in den USA gestartet. Kurz nach dem Start hatte der Pilot technische Probleme gemeldet und sich zur Rückkehr entschlossen. Zu dem Zeitpunkt war die Maschine aber noch zu schwer für die Landung.
Drei Schleifen über Sachsen-Anhalt
Der Flughafen hatte am Mittwoch noch mitgeteilt, die Maschine sei drei Schleifen geflogen, um Treibstoff zu verbrauchen und somit leichter zu werden. Die Schleifen führten über den Raum Magdeburg, den Landkreis Börde und die Altmark. Dabei wurde unter anderem der Osten der Landeshauptstadt, Schönebeck im Salzlandkreis, Burg im Jerichower Land und Bismark im Landkreis Stendal überflogen.
Der Flugsicherung zufolge hatte die Maschine Probleme mit dem Kabinendruck. Dadurch habe das Flugzeug nicht höher als 3.000 Meter steigen können, als es dann Treibstoff abließ. Bis zu dieser Höhe können Flugzeuge fliegen, ohne dass Besatzungen Probleme mit dem niedrigen Sauerstoff in der Luft bekommen. Normalerweise wird Treibstoff aber in Höhen zwischen 4.000 und 8.000 Metern abgelassen. Die Fluggesellschaft hat sich noch nicht zu dem Vorfall geäußert.
Größte Menge Kerosin seit fünf Jahren
Im Flugverkehr kommt es immer wieder vor, dass in der Luft Kerosin abgelassen wird. Jedes einzelne dieser sogenannten Fuel-Dumpings wird durch das Luftfahrt-Bundesamt dokumentiert. In den vergangenen fünf Jahren wurde über Deutschland allerdings kein anderer Fall dokumentiert, bei dem ähnlich viel Treibstoff wie jetzt über Sachsen-Anhalt abgelassen wurde. Zuletzt waren der Liste zufolge Anfang Juli im westlichen Teil von Baden-Württemberg und dem südlichen Teil von Rheinland-Pfalz jeweils 30 Tonnen abgelassen worden. Grund waren seinerzeit ebenfalls technische Probleme.
Nach Angaben des Luftfahrt-Bundesamtes ist das Ablassen von Treibstoff eine zulässige Notfallmaßnahme, beispielsweise bei einem technischen Defekt oder einem medizinischen Notfall an Bord. Die Tanks würden geleert, um Gewicht zu verlieren und sicher landen zu können. Würde eine Maschine mit ihrem Startgewicht landen, wäre das eine hohe Belastung für Fahrwerk und Flugzeugrumpf und damit ein Sicherheitsrisiko.
Landtag soll Fall besprechen
Unterdessen wird die Aktion auch die Landespolitik in Sachsen-Anhalt beschäftigen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Rüdiger Erben twitterte, es habe nicht zum ersten Mal mit den alten Frachtfliegern der Kalitta Air Probleme über Sachsen-Anhalt gegeben. Er habe bisher nur ausweichende Antworten bekommen. Erben hat nach eigenen Angaben nun eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Ähnliche Anfragen hatte Erben bereits 2019 und 2021 gestellt.
MDR (Max Hensch, Luca Deutschländer, Marcel Knop-Schieback, Christoph Dziedo, Thomas Tasler, Mario Köhne), dpa; zuerst veröffentlicht am 19. Juli 2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Juli 2023 | 06:40 Uhr
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