Martin Lange vom Umweltbundesamt äußert sich zum Kerosin-Ausstoß der Boeing 747
Nach Einschätzung von Martin Lange vom Umweltbundesamt müssen sich die Anwohnerinnen und Anwohner keine Sorgen wegen des ausgestoßenen Kerosins der Boeing 747 machen. Bildrechte: Exakt/IMAGO / Alexander Ludger/MDR (Collage: Johanna Daher)

Umweltbundesamt Experte: Abgelassenes Kerosin der Boeing ist voraussichtlich ungefährlich

20. Juli 2023, 18:14 Uhr

Das Frachtflugzeug, das am Dienstagabend über dem Norden Sachsen-Anhalt gekreist ist, hat dabei 94 Tonnen Kerosin abgelassen. Das hat die Deutsche Flugsicherung MDR SACHSEN-ANHALT bestätigt. Die Boeing 747 war mehrere Schleifen über Magdeburg, Börde und Altmark geflogen und dann zum Flughafen Leipzig/Halle zurückgekehrt. Jetzt heißt es seitens des Umweltbundesamts, dass das abgegebene Kerosin "unkritisch" für Menschen und die Umwelt sei.

Der von einem Frachtflugzeug über Teilen Sachsen-Anhalts abgelassene Treibstoff hat vermutlich nicht den Boden erreicht. Das hat das Umweltbundesamt (UBA) MDR SACHSEN-ANHALT am Donnerstag mitgeteilt. Martin Lange, Leiter des Fachgebietes Kraftstoffe und Energie im Verkehr, sagte, das Kerosin sei beim Ablassen in feine Tröpfchen zerstäubt und durch die hohe Geschwindigkeit des Flugzeugs weiter verwirbelt worden. Man gehe davon aus, dass durch die hohen sommerlichen Temperaturen und die starke Sonneneinstrahlung ein Großteil des Kerosins bereits nach kurzer Zeit noch in der Luft verdunstet ist. Das Ablassen sei nach dem aktuellen Kenntnisstand für Mensch und Umwelt "unkritisch".

Lange wies in diesem Zusammenhang auf eine umwelttoxikologische Bewertung des Umweltbundesamtes hin. Darin schließt sich das UBA der Empfehlung zahlreicher Wissenschaftler an, die in Deutschland geltende Mindestflughöhe beim Treibstoffschnellablass von bisher rund 1.800 auf rund 3.000 Meter zu erhöhen. Dadurch soll auch bei weniger optimalen Wetterbedingungen (hohe Luftfeuchtigkeit, wenig Sonneneinstrahlung, niedrige Lufttemperaturen) die Konzentration der Kerosinbestandteile reduziert werden, die den Boden erreichen können. Lange zufolge ist diese Empfehlung beim Ablassen über Sachsen-Anhalt aber bereits beachtet worden.

Flugzeug hatte Treibstoff über Sachsen-Anhalt abgelassen

Die Boeing 747, die am Dienstagabend mehrere Schleifen über dem Norden Sachsen-Anhalt geflogen ist, hat dabei tonnenweise Treibstoff abgelassen. Das hat die Deutsche Flugsicherung auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT bestätigt. Einer Liste des Luftfahrt-Bundesamtes zufolge sollen es 94 Tonnen gewesen sein.

Die Boeing 747 der amerikanischen Airline Kalitta Air war am Dienstagabend am Flughafen Leipzig/Halle in Richtung Cincinatti in den USA gestartet. Kurz nach dem Start hatte der Pilot technische Probleme gemeldet und sich zur Rückkehr entschlossen. Zu dem Zeitpunkt war die Maschine aber noch zu schwer für die Landung.

Drei Schleifen über Sachsen-Anhalt

Der Flughafen hatte am Mittwoch noch mitgeteilt, die Maschine sei drei Schleifen geflogen, um Treibstoff zu verbrauchen und somit leichter zu werden. Die Schleifen führten über den Raum Magdeburg, den Landkreis Börde und die Altmark. Dabei wurde unter anderem der Osten der Landeshauptstadt, Schönebeck im Salzlandkreis, Burg im Jerichower Land und Bismark im Landkreis Stendal überflogen.

Grafik einer Karte von Sachsen-Anhalt mit einer eingezeichneten Route
Diese Schleifen flog die Boeing 747. Bildrechte: MDR/Max Schörm/Flightradar24

Der Flugsicherung zufolge hatte die Maschine Probleme mit dem Kabinendruck. Dadurch habe das Flugzeug nicht höher als 3.000 Meter steigen können, als es dann Treibstoff abließ. Bis zu dieser Höhe können Flugzeuge fliegen, ohne dass Besatzungen Probleme mit dem niedrigen Sauerstoff in der Luft bekommen. Normalerweise wird Treibstoff aber in Höhen zwischen 4.000 und 8.000 Metern abgelassen. Die Fluggesellschaft hat sich noch nicht zu dem Vorfall geäußert.

Größte Menge Kerosin seit fünf Jahren

Im Flugverkehr kommt es immer wieder vor, dass in der Luft Kerosin abgelassen wird. Jedes einzelne dieser sogenannten Fuel-Dumpings wird durch das Luftfahrt-Bundesamt dokumentiert. In den vergangenen fünf Jahren wurde über Deutschland allerdings kein anderer Fall dokumentiert, bei dem ähnlich viel Treibstoff wie jetzt über Sachsen-Anhalt abgelassen wurde. Zuletzt waren der Liste zufolge Anfang Juli im westlichen Teil von Baden-Württemberg und dem südlichen Teil von Rheinland-Pfalz jeweils 30 Tonnen abgelassen worden. Grund waren seinerzeit ebenfalls technische Probleme.

Nach Angaben des Luftfahrt-Bundesamtes ist das Ablassen von Treibstoff eine zulässige Notfallmaßnahme, beispielsweise bei einem technischen Defekt oder einem medizinischen Notfall an Bord. Die Tanks würden geleert, um Gewicht zu verlieren und sicher landen zu können. Würde eine Maschine mit ihrem Startgewicht landen, wäre das eine hohe Belastung für Fahrwerk und Flugzeugrumpf und damit ein Sicherheitsrisiko.

Landtag soll Fall besprechen

Unterdessen wird die Aktion auch die Landespolitik in Sachsen-Anhalt beschäftigen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Rüdiger Erben twitterte, es habe nicht zum ersten Mal mit den alten Frachtfliegern der Kalitta Air Probleme über Sachsen-Anhalt gegeben. Er habe bisher nur ausweichende Antworten bekommen. Erben hat nach eigenen Angaben nun eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Ähnliche Anfragen hatte Erben bereits 2019 und 2021 gestellt.

Mehr vom Flughafen Leipzig/Halle

MDR (Max Hensch, Luca Deutschländer, Marcel Knop-Schieback, Christoph Dziedo, Thomas Tasler, Mario Köhne), dpa; zuerst veröffentlicht am 19. Juli 2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Juli 2023 | 06:40 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/62343d82-3a85-4b46-922a-fe60aa6b3e5a was not found on this server.

Mehr aus Landkreis Börde, Harz und Magdeburg

Mehr aus Sachsen-Anhalt

Auf dem Gelände des ehemaligen DDR-Ferienheims "Heckert" in Gernrode sollen Ferienapartments, Sport- und Wellnessanlagen und ein Restaurant entstehen. 5 min
Bildrechte: MDR / Katja Herr
5 min 07.07.2024 | 11:40 Uhr

Wir schauen ins Jahr 1954, zum ersten Luxus-Ferienheim-Neubau des noch jungen DDR-Tourismus. Die Geschichte zum Fritz-Heckert-Heim erzählt MDR-Reporter Carsten Reuß.

MDR SACHSEN-ANHALT So 07.07.2024 11:40Uhr 04:40 min

Audio herunterladen [MP3 | 4,3 MB | 128 kbit/s] Audio herunterladen [MP4 | 8,7 MB | AAC | 256 kbit/s] https://www.mdr.de/mdr-sachsen-anhalt/podcast/geschichten/audio-podcast-geschichten-fritz-heckert-heim100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio