Förderprogramm endet Zukunft von über 200 Sprach-Kitas bleibt unsicher
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18. August 2022, 17:56 Uhr
Kindern bei der sprachlichen Entwicklung helfen: Das leistet das Förderprogramm für Sprach-Kitas des Bundes. Ende 2022 läuft es aus, eine Nachfolgeregelung gibt es nicht. Bund und Länder sehen den jeweils anderen in der Verantwortung für eine Fortführung. Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt drängt nun auf eine schnelle Entscheidung.
- Ein bundesweites Förderprogramm für Sprachfachkräfte an Kitas läuft Ende des Jahres aus. In Sachsen-Anhalt wären mehr als 200 Sprach-Kitas davon betroffen.
- Die Landesregierung hat bislang keine Pläne, die Förderung zu übernehmen, zeigt die Antwort des Sozialministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion.
- Die Linke fordert, dass die Regierung handelt. Auch das Bundesfamilienministerium sieht die Länder in der Verantwortung.
Die Ankündigung wurde von erheblichen Protest begleitet: Anfang Juli gab das Bundesfamilienministerium bekannt, dass das bundesweite Förderprogramm für Sprach-Kitas zum Ende des Jahres auslaufen soll. Allein in Sachsen-Anhalt wären davon mehr als 200 Kitas betroffen. An ihnen helfen derzeit zusätzliche pädagogische Fachkräfte Kindern mit Sprachproblemen.
Nun zeigen Bund und Länder auf den jeweils den anderen, wenn es um die Fortführung der Sprachförderung geht. Doch fast vier Monate vor Ende des bisherigen Programms gibt es noch keinen neuen Stand. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Nicole Anger hervor, die MDR SACHSEN-ANHALT vorliegt.
Warum die Sprach-Kitas so wichtig sind, erklären zwei Sprachfachberaterinnen einer Kindertagesstätte in Altenburg im MDR THÜRINGEN JOURNAL:
Noch keine Pläne für Sprachförderung
Zwar setze man sich gemeinsam mit allen anderen Bundesländern "entschieden für eine dauerhafte Fortführung des Bundesprogramms" ein, schreibt das Sozialministerium. Dieser Prozess sei aber noch nicht abgeschlossen. Auch sei denkbar, dass ein von SPD, Grünen und FDP geplantes Qualitätsentwicklungsgesetz die Sprachförderung wieder aufnimmt. Für dieses Gesetz gibt es aber noch gar keinen Entwurf.
Offen bleibt die Frage, ob im Notfall das Land die weitere Förderung übernimmt. Das Sozialministerium antwortet dazu nur knapp: "Die Landesregierung strebt an, die im Rahmen des Bundesprogramms aufgebauten Kompetenzen zu erhalten."
Bis dahin könnten zumindest Kitas, die etwa "durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Ukraine-Krise" besonders betroffen seien, auch eine Förderung gemäß des Landeskinderfördergesetzes betragen.
Linke: Land soll sich darauf einstellen, Förderung zu übernehmen
Nicole Anger drängt dennoch auf schnelle Vorsorge. "Die Landesregierung wartet einmal mehr auf den Bund und unternimmt selbst nichts", sagte Anger MDR SACHSEN-ANHALT. Ein reiner Appell an den Bund reiche nicht aus. Vielmehr sollte das Land sich bereits jetzt darauf einstellen, die Förderung zu übernehmen.
Anger kritisiert die zögerliche Haltung auch vor dem Hintergrund, dass bei Schuleingangsuntersuchungen regelmäßig festgestellt wird, dass etwas weniger als ein Viertel aller untersuchten Kinder Probleme bei der Artikulation haben. "Sprachfachkräfte sind ein Gewinn für die Kitas", schlussfolgert Anger.
Kritik am Ende des Förderprogramms
In der Vergangenheit hatten sich unter anderem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) der Pädagogen-Verband Bildung und Erziehung (VBE) gegen die Entscheidung des Bundes gewandt. Von der AWO Sachsen-Anhalt hieß es, ohne das Programm würden sich "sprachliche Entwicklungs- und damit Bildungschancen vieler Kinder verschlechtern". Die AWO ist neben den Kommunen einer der größten Träger im Land.
Kritik kam auch von der CDU-Landtagsfraktion. Deren sozialpolitischer Sprecher, Tobias Krull, sprach von einem "verheerenden Signal". Die Bundesregierung versuche von ihrer Mitverantwortung für die Kinderförderung abzulenken, so Krull.
Bund: Länder sollen eigene Programme auflegen
Das Bundesfamilienministerium hatte zuvor erklärt, dass das 2016 aufgelegte Förderprogramm als befristetes Modellprojekt ausgelegt gewesen sei. Zuständig für die Kitas seien letztendlich die Länder, sagte eine Ministeriumssprecherin der dpa. Es sei deshalb wichtig, "dass alle Länder die Bedeutung der sprachlichen Bildung in den Kitas erkennen, sie in ihren Landesgesetzen verankern und eigene Landesprogramme auflegen".
Derzeit arbeitet die Landesregierung an einem Haushaltsentwurf für das Jahr 2023. Finanzminister Michael Richter (CDU) hat allerdings bereits angekündigt, dass dessen Gesamtvolumen nicht weiter wachsen solle. Gestiegene Energiepreise belasten zudem die Finanzplanung.
Aktuell sind 226 Kitas in Sachsen-Anhalt eine Sprach-Kita: Sie erhalten eine besondere Förderung. Die meisten davon fanden sich im Harzkreis (33), in Magdeburg und Halle (je 30) und im Salzlandkreis (25). Im Altmarkkreis Salzwedel gibt es seit Jahren hingegen nur eine einzige Sprachkita. In der Regel wird eine halbe Stelle gefördert, in wenigen Ausnahmen zwei halbe beziehungsweise eine ganze Stelle. Insgesamt werden so Fördermittel von 6,4 Millionen Euro eingesetzt.
MDR (Thomas Vorreyer)
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