Eine gelbe Postkarte mit der Aufschrift "Veränderung beginnt mit Schulsozialarbeit - Jetzt Finanzierung sichern!" wird in die Kamera gehalten.
Eine der Postkarten, die am Freitagvormittag in Magdeburg vor dem Landtag an die Abgeordneten übergeben wurden. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Vor dem Landtag Postkarten-Protest: Schulsozialarbeiter bangen um Finanzierung ihrer Arbeit

von Engin Haupt, MDR SACHSEN-ANHALT

24. November 2023, 18:26 Uhr

Die Finanzierung der Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt ist für das kommende Jahr noch nicht gesichert. Die Schulsozialarbeiter im Land bangen um die Fortsetzung ihrer Arbeit. Um darauf noch einmal aufmerksam zu machen, sollten hunderte Postkarten mit Appellen an die Abgeordneten im Landtag übergeben werden. Nur drei Fraktionen nahmen die Postkarten persönlich entgegen.

MDR San Mitarbeiter Engin Haupt
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Am Freitagvormittag haben Schulsozialarbeiter vor dem Landtag in Magdeburg rund 1.400 Postkarten an die Fraktionen übergeben. Es ist ein Appell an die Landespolitik, Schulsozialarbeit weiterhin zu finanzieren. Andernfalls verlieren die Schulsozialarbeiter ihre Stellen. Doch nur von den Grünen, den Linken und der SPD sind Abgeordnete gekommen, um die Prostest-Postkarten entgegenzunehmen.

Schulsozialarbeiter verlieren ihre Stellen

Mit einem Karton voller Postkarten sind Tina Tews und Sebastian Gewandt am Freitagmorgen aus Halle gekommen. Die beiden Schulsozialarbeiter stehen vor dem Landtagsgebäude in Magdeburg. Sie stehen stellvertretend für ihre Kolleginnen und Kollegen im Land. Rund 1.400 unterschriebene Postkarten haben sie dabei. Darauf sind Forderungen und Appelle zu lesen, ganz im Stil der Wahlplakate der Parteien. Es geht um die Finanzierung von Schulsozialarbeit, die einmal mehr ungeklärt ist.

Eine Frau steht neben anderen, spricht und hält einen Stapel Postkarten in den Händen.
Die beiden Schulsozialarbeiter Sebastian Gewandt und Tina Tews sind stellvertretend für ihre Kollegen nach Magdeburg gekommen. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Es zehre an den Nerven, "alle zwei, drei Jahre seine Arbeit erklären zu müssen, immer wieder betteln zu müssen, dass es weitergeht", erzählt Sebastian Gewandt. Die Schulsozialarbeiter in Sachsen-Anhalt hangeln sich von Förderperiode zu Förderperiode. Ihre Arbeit wird derzeit noch zu 60 Prozent aus EU-Geldern und zu 40 Prozent aus Landesmitteln finanziert. Ab dem kommenden Jahr sollen sich Kommunen und Land diese 40 Prozent jedoch hälftig teilen. Nicht machbar, sagen die Kommunen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Schulsozialarbeiter ihre Stellen verlieren werden. Deshalb fordern sie die Landespolitik mit den Postkarten dazu auf, ihre Arbeit weiterhin auskömmlich zu finanzieren.

Postkarten-Protest kurzfristig geplant

Die Postkarten-Aktion ist relativ kurzfristig geplant worden. Sie sollte unbedingt noch vor der Bereinigungssitzung des Finanzausschusses in der kommenden Woche stattfinden. Dann wird der Landeshaushalt für 2024 auf den Weg gebracht – und damit auch beschlossen, wie viel Geld das Land für Schulsozialarbeit hergibt.

Fünf Menschen stehen im Kreis. Sie halten Stapel von Postkarten in den Händen.
Zu fünft warten sie vor dem Landtag auf die Abgeordneten. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Und weil es schnell gehen musste mit der Postkarten-Aktion, sind nur fünf Leute dabei. Tina Tews und Sebastian Gewandt werden von zwei Mitarbeiterinnen aus der Netzwerkstelle für Schulsozialarbeit im Landkreis Börde und von Mirko Günther von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege unterstützt. Sie hatten die Landtagsfraktionen mit Ausnahme der AfD bereits am Montag angeschrieben und darum gebeten, dass Abgeordnete die Postkarten entgegennehmen. Die nicht angeschriebene AfD ist die einzige Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, die Schulsozialarbeit komplett abschaffen möchte.

Im Interview betont Mirko Günther von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege noch einmal die Dringlichkeit für die Schulsozialarbeiter im Land: "Es brennt! Es brennt wirklich!" Und er ergänzt: "Wir gehen in die neue Förderperiode und die Finanzierung steht nicht." Land und Kommunen müssten aufeinander zugehen, um eine Lösung für das Problem zu finden.

Fünf Abgeordnete aus drei Fraktionen

Am Ende kommen fünf Abgeordnete. Aus der Opposition sind es Olaf Meister und Susan Sziborra-Seidlitz von den Grünen sowie Nicole Anger und Wulf Gallert von den Linken. Aus der Koalition kommt einzig der SPD-Abgeordnete Falko Grube. "Es sind natürlich die Politiker, die Schulsozialarbeit ohnehin befürworten", kommentiert Tina Tews.

Es brennt! Es brennt wirklich!

Mirko Günther, Liga der Freien Wohlfahrtpflege

Dass andere Fraktionen aufgrund der Kurzfristigkeit abgesagt hätten, hier aber Abgeordnete aus dem Haus kämen, habe "einen faden Beigeschmack", meint Tews. Ein Beispiel dafür ist Tobias Krull. Der CDU-Abgeordnete läuft während der Übergabe der Postkarten an der Gruppe vorbei ohne sonderlich Kenntnis von ihr zu nehmen.

Koalitionspartner CDU und FDP fehlen

Der SPD-Landtagsabgeordnete Falko Grube spricht mit einer Frau. Er hält einen Stapel roter Postkarten in den Händen.
Falko Grube (SPD) ist der einzige Abgeordnete aus der Koaltion, der Postkarten persönlich entgegennimmt. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Falko Grube (SPD), als einziger Abgeordneter der Regierungskoalition aus CDU, SPD und FDP, nimmt einen Stapel der Postkarten entgegen. Im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT sagt er später: "Es wird, glaube ich, nochmal eine Bestärkung für unsere Position sein, dass wir auch in dieser Koalition weiter dafür kämpfen, dass die Schulsozialarbeit möglichst gestärkt wird." Doch dafür wird seine SPD-Fraktion mindestens die CDU zur Unterstützung brauchen, die an diesem Tag mit keinem ihrer 40 Abgeordneten da ist.

Grüne und Linke fordern eine dauerhafte Finanzierung der Schulsozialarbeit. "Bei uns ist da wenig Überzeugungsarbeit nötig", sagt Olaf Meister (Grüne). Und auch Nicole Anger (Linke) betont: "Wir fordern als Linke, dass das Land ein Landesprogramm auflegt." Doch aus der Opposition können beide nicht darüber bestimmen. Die, die es könnten, sind nicht da. Ihre Postkarten geben Tina Tews und Sebastian Gewandt schließlich an der Pforte im Landtag ab. "Außer Hoffen bleibt da nicht viel", sagt Tina Tews noch, bevor sie sich wieder auf den Weg zurück nach Halle macht.

MDR (Engin Haupt)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 24. November 2023 | 19:00 Uhr

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