Netz-Reaktionen Pflichtversicherung gegen Hochwasser? Was Menschen aus Sachsen-Anhalt darüber denken
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05. Februar 2024, 10:49 Uhr
Eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden ist seit Jahren im Gespräch. Nach dem jüngsten Hochwasser wird die Diskussion darüber auch in Sachsen-Anhalt wieder aktuell. So reagieren die Nutzerinnen und Nutzer von MDR SACHSEN-ANHALT auf die Idee.
- Viele Nutzerinnen und Nutzer sehen die Bebauung in Flussnähe kritisch. Einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden lehnen sie ab.
- Die Idee einer Pflichtversicherung erhält allerdings auch Zuspruch.
- Einige Nutzerinnen und Nutzer erklären, warum sie froh über ihre alten Versicherungen aus DDR-Zeiten sind.
Das jüngste Hochwasser wirkt auch in Sachsen-Anhalt noch nach. Denn erst, nachdem die Wassermassen verschwunden sind, werden die Schäden sichtbar. Und oft steht für Betroffene die Frage im Raum: Wer zahlt im Schadensfall?
Sachsen-Anhalts Umweltminister Armin Willingmann (SPD) wirbt seit Jahren für die Einführung einer solidarischen Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. Denn: Noch immer ist nur die Hälfte der Haushalte gegen Schäden durch Starkregen und Hochwasser versichert.
"Ich bedauere es sehr, dass der Bundesjustizminister hier aufgrund juristischer Bedenken auf Zeit spielt. Obwohl sich auch die Ministerpräsidentenkonferenz vor mehr als einem Jahr für die Einführung einer Versicherungspflicht ausgesprochen hat, liegt noch immer kein Vorschlag der Bundesregierung auf dem Tisch", so Willingmann. "Wir müssen hier vorankommen, denn hundertprozentigen Hochwasserschutz wird es auch künftig nicht geben."
Unmut gegenüber Versicherern
Wie stehen die Nutzerinnen und Nutzer von MDR SACHSEN-ANHALT zu einer möglichen Pflichtversicherung gegen Elementarschäden? Auf diese Frage haben MDR SACHSEN-ANHALT im sozialen Netzwerk Facebook mehr als 150 Antworten erreicht.
Einige Nutzende drückten ihren Unmut gegenüber Versicherungsunternehmen aus: "Anstatt darüber zu diskutieren, sollten Versicherungen endlich vom hohen Ross runter und den Eigentümern zu einhundert Prozent unterstützen", schreibt etwa Nutzer Volkmar Gräfe. "Genau diese können nix für die Bürokratie und Politik. Die ganze Versicherungspolitik muss auf den Prüfstand und zwar vorrangig für die Geschädigten, ohne Wenn und Aber."
Und Sandra Ulrich schreibt: "Versicherung für alle verpflichtend, ja. Aber gleichzeitig einen verpflichtenden Passus zur Zahlung der Beschädigung durch die Versicherung. Anders könnten sich Versicherungen um eine Zahlung drücken."
Kritik am Bau von Eigenheimen in Risikogebieten
Wie eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden konkret aussehen sollte, ist bislang offen. Klar ist jedoch: Durch eine solche Versicherung könnten sich auch Hauseigentümer in Risikogebieten beispielsweise gegen Hochwasser versichern, die aktuell aufgrund der vergleichsweise hohen Gefahr keine Versicherung erhalten würden. Allerdings müssten auch Eigentümer, die nicht in Risikogebieten wohnen, dann zahlen.
Sandra Ulrich schrieb dazu auf Facebook allerdings: "Ich bin der Meinung, dass man dort erst gar nicht bauen sollte." Alle Häuser, die bereits länger in solchen Gebieten stehen würden, seien okay, aber: "Warum muss man 100 Meter von einem Deich noch bauen?"
Wie wäre es denn, Baugenehmigungen in Überflutungsgebieten zu verweigern? Aber hier regieren die Dollar-Zeichen, nicht nur bei den Bauträgern.
Eine Meinung, die viel Zuspruch findet. "Wenn ich nicht im Hochwassergebiet wohne, brauche ich auch keine Versicherung dafür", schreibt Dieter Kripp. Und auch Nutzer Frank Schuster-Meier sieht in der Pflichtversicherung keinen Sinn, denn: "Ich werde nie in die Gefahr eines Hochwassers kommen. Andere bauen in Flussnähe und ich soll deren Risiko tragen?"
Kerstin Werlitz schlägt sogar vor: "Wie wäre es denn, Baugenehmigungen in Überflutungsgebieten zu verweigern? Aber hier regieren die Dollar-Zeichen, nicht nur bei den Bauträgern."
"Die Grundidee ist gut!" – aber ...
Zahlreiche Nutzende berichten, keine Versicherung in Hochwassergebieten mehr zu erhalten. So schreibt Britta Aust zum Beispiel: "Wir bekommen keine mehr, wurden nach dem Hochwasser aus der Versicherung geschmissen."
Und Tina Kirchhoff erklärt: "Uns hat unsere Versicherung nach dem Hochwasser 2003 diesen Schutz gestrichen, und dabei hatten wir nicht mal einen Schaden. Flächendeckend galt das für alle. So viel zum Thema Pflicht, wenn dann auch von beiden Seiten."
Das Prinzip der Pflichtversicherung würde solch eine beidseitige Pflicht beinhalten. Heißt: Hausbesitzer müssten sich gegen Elementarschäden versichern lassen, Versicherungen dann aber auch zahlen.
Nicht nur bei Hochwasser-Risiko sinnvoll
In Deutschland sind nur rund 46 Prozent aller Privathäuser gegen Schäden durch Naturgefahren wie Hochwasser oder Überschwemmung versichert. In der öffentlichen Wahrnehmung wird die Versicherung gegen Elementarschäden oft mit einer Versicherung gegen Hochwasser gleichgesetzt.
Aber: Mit Elementarschäden sind Schäden gemeint, die durch das Wirken der Natur hervorgerufen werden. Darunter fallen Schäden durch Hagel, Sturm (ab Windstärke 8), Überschwemmung, Erdbeben, Erdsenkung, Schneedruck oder Vulkanausbrüche. Eine solche Versicherung kann also auch für Menschen, die nicht im Hochwassergebiet wohnen, sinnvoll sein.
Der Anreiz, sich auf den Staat zu verlassen, sollte wegfallen.
Sophie August gibt zu bedenken: "Die Grundidee ist gut! Aber wenn alle, auch in Hochrisikogebieten, Pflichtversicherungen nehmen müssen, Versicherer diese ohne Ausnahmen anbieten müssen, gibt es eine Pleitewelle. Privatpersonen und auch Geschäftsleute werden die erhobenen, erforderlichen sehr hohen Versicherungsbeiträge nicht zahlen können!"
Marek Przybylski schreibt dazu: "Am besten alle, ob Besitzer oder Mieter, als Pflichtversicherung, dann ist der Beitrag gering."
Vorschlag: Fondsystem statt Pflichtversicherung
Auch Jens Diedrich ist allerdings kritisch, was eine Pflichtversicherung angeht. "Jeder darf sich selbst versichern", schreibt er. "Wer es nicht macht, soll aber im Schadensfall nicht mit Steuergeld entschädigt werden! Das gilt für Privatleute wie für Unternehmen."
Generell findet die Idee einer Pflichtversicherung aber auch Zuspruch. "Der Anreiz, sich auf den Staat zu verlassen, sollte wegfallen", schreibt Matthieu Stange. "Denn eine Elementarversicherung hat auch eine Lenkungswirkung, dass in gefährdeten Gebieten nicht mehr gebaut wird."
Thomas Lorenz stimmt einer Pflichtversicherung grundsätzlich zu, schreibt aber auch: "Versicherungen müssen bezahlbar sein. Von daher würde ich eher ein Fondsystem ins Leben rufen, was eben aus Versicherungsbeiträgen und Steuergeldern gespeist wird, woraus aber im Fall des Falles ein Großteil der Schäden beglichen werden können."
Froh über Versicherung aus DDR-Zeiten
Mehrere Nutzerinnen und Nutzer berichten von Versicherungen aus DDR-Zeiten, die bezahlbar seien und auch Elementarschäden abdecken würden. So schreibt Evelin Pruegel beispielsweise: "Nach der Wende hat mein Versicherungsmensch gesagt: 'Behalte deine Versicherung!' Zu DDR-Zeiten war das mit versichert. Schon zweimal in Anspruch genommen."
Und auch Petra Nehrkorn schreibt: "Habe ich noch von DDR-Zeiten, bin abgesichert bei Hochwasser und Sturm. Aber wurde jetzt alles teurer."
MDR (Daniel George)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 04. Februar 2024 | 19:00 Uhr
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