Teilnehmer der Lichterfahrt unter dem Motto "Ein Funken Hoffnung für Magdeburg" legen Blumen auf dem Domplatz nieder, als kraftvolles Zeichen der Solidarität und Anteilnahme und des Gedenkens für die Opfer des Anschlags vom 20.12.2024. 1 min
Trauer und Bestürzung nach dem Anschlag in Magdeburg – nun soll ein Untersuchungsausschuss im Landtag die Tat und ihre Hintergründe aufarbeiten. Mehr zur aktuellen Sitzung im Audio. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Peter Gercke
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Der Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Magdeburg hat ausgewertet, wie Angehörige, Polizisten und Rettungskräfte nach dem Anschlag in Magdeburg unterstützt worden sind.

MDR SACHSEN-ANHALT Mo 28.04.2025 18:00Uhr 00:29 min

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Politische Aufarbeitung Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Magdeburg wertet Hilfe für Angehörige und Einsatzkräfte aus

28. April 2025, 19:45 Uhr

Im Landtag von Sachsen-Anhalt hat der Untersuchungsausschuss seine Arbeit fortgesetzt: die Aufarbeitung des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Ziel ist, die Ereignisse, Umstände und Hintergründe zu untersuchen – und auch die Schuldfrage. Dafür werden voraussichtlich mehr als 100 Zeugen befragt. Ergebnisse sollen noch vor der nächsten Landtagswahl im Sommer 2026 vorliegen. Am Montag werteten die Mitglieder die Hilfe für Angehörige, Polizisten und Rettungskräfte aus.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg hat sich am Montag mit der Frage befasst, wie Angehörigen von Opfern, Polizisten und Rettungskräften im Anschluss geholfen wurde, mit dem Erlebten umzugehen.

Unterstützung vor Ort und in der Zeit nach dem Anschlag

Wie Vertreter von Hilfsorganisationen berichteten, haben sich etwa 100 Personen vor Ort um die psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) gekümmert. Teilweise seien sogar zu viele PSNV-Kräfte gleichzeitig dort gewesen, hieß es. Die Helfer hätten sich abwechseln können und niemand habe durchhalten müssen.

Die Berichte im Ausschuss zeigten, dass Polizisten, Rettungskräfte und Angehörige auch im Nachgang von Experten betreut worden sind. Ein Polizeipsychologe sagte, der Einsatz sei für viele Beamte sehr belastend gewesen. Einige Betroffene hätten auch Wochen nach dem Anschlag über innere Leere oder hohe Anspannung geklagt. In vielen Fällen hätten Stresssymptome mit der Zeit abgenommen.

Kritik an Informationslage am Abend des Anschlags

Mehrere Abgeordnete hinterfragten im Ausschuss die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei rund um den Anschlag. Polizeivertreter sagten, dass es schwierig gewesen sei, an dem Abend zügig gesicherte Informationen herauszugeben. Informationen über die Plattform "X" und ein eingerichtetes Bürgertelefon erfolgten laut Abgeordneten mit einer Stunde Verzug. Außerdem waren im Internet viele Gerüchte im Umlauf.

Die CDU-Politikerin Kerstin Godenrath sagte, bei der zeitnahen Information über die sozialen Medien bestehe Optimierungsbedarf. Die Kommunikationsstrategien sollten ausgewertet und überprüft werden.

Zeitplan für den Untersuchungsausschuss: 20 Termine bis Jahresende

Der Untersuchungsausschuss ist im Januar eingesetzt worden und tagt seit Mitte Februar regelmäßig. So ging es zuletzt etwa um Berichte von Einsatzkräften und medizinischem Personal und um die Perspektive der Opfer des Anschlags.

Bei seiner zweiten Sitzung Anfang März hatte sich der Ausschuss über Beweisanträge, zu ladende Zeugen und den Zeitplan der Aufarbeitung verständigt. Zuerst würden sich die Mitglieder nun mit dem Tatgeschehen sowie dem Sicherheitskonzept für den Weihnachtsmarkt beschäftigen, sagte die Ausschussvorsitzende Karin Tschernich-Weiske (CDU) nach der nicht-öffentlichen Sitzung. Letzteres sei insbesondere wichtig mit Blick auf den nächsten Weihnachtsmarkt.

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Bis Jahresende sind 20 Sitzungstermine anberaumt, bei denen laut Tschernich-Weiske am Ende 120 bis 150 Zeugen aufgerufen werden könnten – darunter auch Mitarbeiter von Bundes- und Landesbehörden sowie von ausländischen Institutionen. Danach soll ein Abschlussbericht entstehen.

Untersuchungsausschuss besucht Tatort

Bei der dritten Sitzung am 24. März haben die Ausschuss-Mitglieder den Tatort in Magdeburg besucht. Ziel sei, dass alle Ausschussmitglieder die örtlichen Gegebenheiten kennen, hieß es vorab. Zudem sollen die beiden Opferbeauftragten von Bund und Land gehört werden.

Kritik am mehrheitlich beschlossenen Verfahren übte im Nachgang die AfD. "Das Pferd wird von hinten aufgezäumt, wir beginnen mit den Opfern", sagte Matthias Büttner aus Staßfurt MDR SACHSEN-ANHALT. Zwar seien die Opfer auch wichtig, für ihn stünden aber die Dinge im Zentrum, die vor dem Anschlag von Sicherheitsbehörden sowie dem ehemaligen Arbeitgeber des Attentäters, der landeseigenen Salus gGmbH, versäumt worden seien. "Wir haben die Sorge, dass der Abschlussbericht dort nicht umfassend genug ist am Ende."

Kosmehl: "Gesamtgeschehen in Blick nehmen"

"Wir werden zum Täter Taleb A. und seinem Anstellungsverhältnis in der Salus gGmbH kommen, aber wir wollen in einer gewissen Reihenfolge die Themenkomplexe abarbeiten", reagierte Guido Kosmehl (FDP) gegenüber MDR SACHSEN-ANHALT auf die Kritik.

Wichtig sei, das Gesamtgeschehen in den Blick zu nehmen, angefangen mit dem Veranstaltungsort, den Sicherheitskonzepten, dem Tatgeschehen, der Kommunikation "und dann kommen wir zum Täter, zu Behörden und zum Arbeitgeber". Zudem seien die vom Ausschuss beantragten Akten noch nicht vorhanden. Man wolle aber starten, so Kosmehl, und bei den benannten Punkten sei das möglich.

Sebastian Striegel (Grüne) sprach nach der Sitzung am von einem guten, ambitionierten Arbeitsprogramm, das die Grundlage bilde für eine umfassende Aufarbeitung. Eva von Angern (Linke) sagte, man wolle nun zügig, aber auch sorgfältig voran kommen.

Ausschuss soll Hintergründe des Anschlags in Magdeburg aufklären

Der Landtag hatte den parlamentarischen Untersuchungsausschuss in seiner Sitzung am 22. Januar eingesetzt und die 13 Mitglieder benannt. Der Untersuchungsausschuss soll unter anderem die Sicherheits- und Einsatzkonzepte für den Weihnachtsmarkt und deren Umsetzung beleuchten. Außerdem wird es um die Informationslage zum Täter gehen, der 50-Jährige stand vor der Tat bei Ermittlungsverfahren immer wieder in Kontakt mit den Behörden.

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Zum Anschlag von Magdeburg wird es einen Untersuchungsausschuss im Landtag geben. Einordnungen dazu im Video von MDR-Redakteurin Sabine Falk-Bartz Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Der Antrag dafür kam von den Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP. Sowohl Koalition als auch Opposition hatten im Vorfeld Anträge zur Besetzung des Ausschusses eingereicht. Der Untersuchungsausschuss soll laut Antrag das Geschehen, die Umstände und die Hintergründe des Anschlags untersuchen. Zunächst soll laut der Ausschuss-Vorsitzenden Tschernich-Weiske vor allem das Tatgeschehen selbst beleuchtet werden. In der Folge könnte es stärker um bestehende Strukturen und die Frage gehen, wie diese reformiert werden müssen.

Karin Tschernich-Weiske, CDU, Landtag Sachsen-Anhalt
Die Vorsitzende des U-Ausschusses, Karin Tschernich-Weiske (CDU), schließt nicht aus, dass die Aufarbeitung des Anschlags personelle Konsequenzen haben wird. Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Klärung der Schuldfrage

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat das Innenministerium bereits die Unterlagen für das Sicherheitskonzept zur Verfügung gestellt. Zugleich laufe die juristische Aufarbeitung des Falls. Aber auch der Ausschuss soll zur Klärung der Frage beitragen, welche Verantwortung Sicherheitsbehörden und Arbeitgeber des Attentäters tragen.

Die Schuldfrage muss geklärt werden, sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Guido Heuer, vorab. Aus dem Untersuchungsausschuss könnten personelle Konsequenzen folgen. Das schließt auch die Ausschuss-Vorsitzende Tschernich-Weiske nicht aus.

Stichwort: Das ist ein Untersuchungsausschuss

Wenn ein Viertel der Abgeordneten einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragt, muss der Landtag von Sachsen-Anhalt einen solchen bilden. Besonders Oppositionsfraktionen haben damit die Möglichkeit, mögliche Missstände der Landesregierung aufzudecken. In der Wahlperiode 7 von 2016 bis 2021 gab es mit sechs Untersuchungsausschüssen in der Geschichte von Sachsen-Anhalt bislang die meisten – darunter zum Anschlag von Halle. Die Ausschüsse haben den Auftrag, zu einem für die Öffentlichkeit wichtigen Thema aufzuklären. 

Dafür können sie Zeugen und Sachverständige vernehmen und sich Akten vorlegen lassen. Das Ergebnis fasst der Untersuchungsausschuss in einem Bericht für das Landtagsplenum zusammen. Die Abgeordneten in einem Untersuchungsausschuss arbeiten dabei unabhängig von der Landesregierung. Der Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Magdeburg ist der erste in dieser Wahlperiode und der 21. insgesamt in der Geschichte von Sachsen-Anhalt seit 1990. Die Beratungen können sowohl öffentlich als auch nicht-öffentlich stattfinden.

Untersuchungsausschuss zu Magdeburg soll Endbericht bis Anfang 2026 vorlegen

Bis zur Landtagswahl im Sommer 2026 muss der Untersuchungsausschuss die Arbeit abschließen. Die Landtagsfraktionen in Sachsen-Anhalt hatten noch vor Einsatz und Beginn der Arbeit im Ausschuss ein zügiges Tempo bei der politischen Aufklärung des Anschlags in Magdeburg gefordert. Im Frühjahr 2026 solle der parlamentarische Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht vorlegen, hieß es von den Fraktionschefs. Damit solle verhindert werden, dass das Thema im Landtagswahlkampf zu viel Raum einnimmt. "Alles andere würde tatsächlich nur zu einem Missbrauch im Rahmen des Wahlkampfes führen", sagte von Angern. 

CDU-Fraktionschef Heuer sagte, es werde kein Ausschuss sein, der nur einmal im Monat tage. Das Interesse sei, dass der Ausschuss zügig zum Arbeiten komme und nicht als politisches Instrument ausgenutzt werden könne, betonte die Fraktionschefin der mitregierenden Partei SPD, Katja Pähle.

Blick auf den Eingang zum Magdeburger Weihnachtsmarkt wo Betroffene und Trauernde Menschen am 06.01.2025 Blumen,Kerzen und Teddys niederlegen.
Die Landtagsfraktionen fordern Tempo bei der Aufarbeitung des Anschlags. Bildrechte: picture alliance / CHROMORANGE | Axel Kammerer

Regierungserklärung zum Anschlag

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte Ende Januar im Landtag eine Regierungserklärung zum Anschlag abgegeben, über die anschließend diskutiert wurde. Er erklärte, dass alle Tatumstände konsequent aufgeklärt werden und Betroffene gezielt unterstützt werden müssen. Die Landesregierung fühle sich den Opfern gegenüber verpflichtet, ähnliche Taten in Zukunft zu verhindern.

Mehrere Hinweise zum Täter bei Bundesländern und Bundesbehörden

Bereits Mitte Januar war bekannt geworden, dass sich Deutschlands Sicherheitsbehörden mit dem späteren Attentäter von Magdeburg etliche Male auseinandergesetzt hatten. Ein Bericht des Bundesinnenministeriums listet auf 16 Seiten insgesamt 110 Vorfälle auf. Demnach waren Stellen in sechs Bundesländern mit dem Täter beschäftigt, hinzu kämen etliche Bundesbehörden. Hinweise auf mögliche Straftaten habe es unter anderem auch aus Großbritannien gegeben. Bei dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt waren sechs Menschen getötet und knapp 300 verletzt worden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (M) spricht mit Rettungs- und Einsatzkräften bei einer Gedenkfeier für die Opfer des Weihnachtsmarktanschlags in Magdeburg.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Mitte) sprach bei einer Gedenkfeier für die Opfer des Weihnachtsmarktanschlags in Magdeburg mit Rettungs- und Einsatzkräften. Bildrechte: picture alliance/dpa/AFP POOL | Jens Schlueter

Generalbundesanwalt ermittelt nicht zum Anschlag

Generalbundesanwalt Jens Rommel sieht nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt keinen Grund für eigene Ermittlungen. Rommel sagte dem SWR, es fehle ein Staatsschutzhintergrund. Es sei kein Angriff auf den Gesamtstaat. Der Täter habe zwar viele staatlichen Stellen bedroht, diese Drohungen jedoch nie umgesetzt. Zudem habe er mit ganz vielen anderen Stellen und Personen im Clinch gelegen.

Rommel erklärte, bei den Anschlägen in Solingen und Mannheim habe man die Täter klar einer terroristischen Organisation zuordnen können. Das sei in Magdeburg nicht der Fall. Rommel sagte, die Tat dürfte eher den Charakter einer "Amokfahrt aus persönlicher Frustration" haben als den Charakter einer terroristischen Tat gegen die Bundesrepublik oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

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dpa, MDR (Christoph Dziedo, Susanne Ahrens, Lars Frohmüller, Maren Wilczek, Engin Haupt, Manuel Mohr, Daniel Salpius) | Zuerst veröffentlicht am 21. Januar 2025

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 28. April 2025 | 18:00 Uhr

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